Wirtschaft

Schweinepest an der EU-Grenze Tierseuche alarmiert den Bauernverband

Die Sau ahnt nichts von der Gefahr: Am Leben der deutschen Schweinepopulation hängen wirtschaftliche Existenzen.

Die Sau ahnt nichts von der Gefahr: Am Leben der deutschen Schweinepopulation hängen wirtschaftliche Existenzen.

(Foto: dpa)

Noch ist die Schweinepest weit weg. Erste Fälle in Litauen sorgen unter Experten für Unruhe. Landwirte nehmen die Krankheit sehr ernst. Bräche sie in Deutschland aus, müssten tausende Tiere getötet werden. Der Fleischmarkt reagiert.

Frei wie die Tiere im Wald: Über Wildschweine und den Exporthandel könnte die Schweinepest in die EU eindringen.

Frei wie die Tiere im Wald: Über Wildschweine und den Exporthandel könnte die Schweinepest in die EU eindringen.

(Foto: dpa)

Der Deutsche Bauernverband hat die Schweinezüchter und Mastbetriebe dazu aufgerufen, ihre Höfe vor der für Sauen, Eber und Ferkel tödlichen Afrikanischen Schweinepest zu schützen. Lebensgefahr für Menschen besteht nicht. Allerdings fürchtet der Verband enorme wirtschaftliche Schäden, sollte die Tierseuche außer Kontrolle geraten.

"Massiv verstärkte Vorbeugungsmaßnahmen sind das Gebot der Stunde, mögliche Übertragungswege müssen unterbunden werden", sagte der Generalsekretär des Bauernverbands, Bernhard Krüsken. Seinen Angaben zufolge sollten Bauern nur unbedingt notwendige Besucher wie Tierärzte in die Ställe vorlassen. Auch bei Fahrten zwischen den Betrieben sollten sich die Schweinehalter auf das Nötigste beschränken.

"Verheerende Folgen"

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) hat nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tiergesundheit vor wenigen Tagen erstmals die EU erreicht. In zwei Regionen Litauens wurde die gefährliche Tierseuche festgestellt, die neben Hausschweinen auch Wildschweine befällt. Für Menschen und andere Haus- und Wildtiere sei die ASP dagegen ungefährlich, betont das Institut.

"Der Erreger der Afrikanischen Schweinepest (ASP) ist ein großes, komplexes DNA-Virus", schreiben die Forscher in einer eigens eingerichteten "Faktensammlung". Der Name der Tierseuche leitet sich demnach von der Weltregion ab, in der ASP zum ersten Mal beobachtet werden konnte. In den 1960er Jahren sei dem Virus der Sprung nach Europa gelungen, heißt es. Einzelne Ausbrüche gab es auf der Iberischen Halbinsel, in den Niederlanden, Frankreich, Malta und Belgien.

Über den Kaukasus nach Europa

"Vermutlich im Jahre 2007 wurde ASPV aus Afrika nach Georgien eingeschleppt und hat sich seither über mehrere Trans-Kaukasische Länder nach Russland ausgebreitet", erläutert das Institut. In Russland seien seither "kontinuierlich Ausbrüche in Haus- und Wildschweinbeständen zu beobachten, die eine "klare Ausbreitungstendenz besitzen". Jüngste Ausbrüche betrafen demnach die Oblaste Twer, Smolensk und Woronesch.

Empfehlungen für Tierhalter, Jäger und Tierärzte

"Beim Auftreten akuter Symptome, die nicht klar einer anderen Erkrankung zugeordnet werden können, und insbesondere auf Antibiotikagabe nicht ansprechen, sollten geeignete Proben zur Abklärung einer möglichen Schweinepestinfektion an die zuständigen Untersuchungseinrichtungen der Länder weitergeleitet werden", heißt es beim Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit.

Die Afrikanische Schweinepest nennen die Experten kurz ASP. "Angesichts des aktuellen ASP-Seuchenverlaufes an den EU-Grenzen ist insbesondere die Jägerschaft aufgefordert, ein vermehrtes Auftreten von Fallwild (Schwarzwild) der zuständigen Behörde zu melden bzw. entsprechende Proben (v. a. Schweiß, Lymphknoten, Milz, Lunge) amtlich abklären zu lassen."

(Quelle: Friedrich-Loeffler-Institut)

In Deutschland ist ASP bislang nicht aufgetreten. Wirtschaftlich wären die Folgen nicht nur für die betroffenen Betriebe, sondern für alle Schweinehalter verheerend, warnte Bauernverbandssprecher Krüsken. Handelspartner nähmen auch einzelne Fälle zum Anlass, kein Fleisch mehr aus den betroffenen Ländern zu kaufen. Für die Branche hat das schmerzhafte Folgen.

Ein Beispiel dafür liefern die pauschal eingesetzten Beschränkungen aus Moskau. Die EU-Kommission forderte Russland vor dem Wochenende dazu auf, das unter Hinweis auf die Seuche verhängte Importverbot für Schweinefleisch aus der EU wieder aufzuheben. Brüssel hält diese Maßnahme offenbar für übertrieben.

Seuchenherde in Weißrussland

Vorläufig eher indirekte Auswirkungen auf deutsche Landwirte sieht Experte Matthias Quaing von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN). "Eine direkte Gefahr für unsere schweinehaltenden Betriebe gibt es konkret noch nicht", sagte Quaing. In einer Stellungnahme taucht an prominenter Stelle die Frage auf, ob Russland die Seuche nicht vielleicht nur "als Vorwand für Handelsbeschränkungen" zur Förderung der eigenen Agrarindustrie nutzt.

"Aus Sicht der ISN dürfte ursächlich für den Importstopp der zuletzt gefallene russische Schweinepreis sein", teilte die Interessengemeinschaft der Schweinehalter mit. "Die seuchenhygienische Unbedenklichkeit der gesamteuropäischen Schweinefleischprodukte wird durch zwei übergelaufene weißrussische Wildschweine nicht ernsthaft in Frage gestellt werden können."

Kein Impfstoff gegen die Pest

Deutsche Bauern dürften die Auswirkungen der Schweinepest zunächst allenfalls am sinkenden Export zum Beispiel nach Russland spüren, heißt es beim ISN. Etwa ein Viertel der Schweinefleischexporte aus der EU gehen nach Russland - das sind im Jahr 750.000 Tonnen Fleisch. Allerdings gebe es kaum deutsche Betriebe, die eine Lizenz zum Handel mit Russland haben.

Andere Länder wie Polen oder Dänemark seien von einem Handelsstopp sehr viel stärker betroffen, vermutet Experte Quaing. Die Betriebe dort könnten nun versuchen, ihre Produktion in Deutschland auf den Markt zu werfen.

Bei einem Ausbruch der Seuche innerhalb der EU-Grenzen wären die Folgen verheerend, betont allerdings auch Quaing. "Jeder Landwirt weiß: Wenn die Krankheit ausbricht, hilft nichts Anderes, als dass der ganze Viehbestand getötet wird", betonte der ISN-Experte.

Notfalls muss gekeult werden

"Da es keinen Impfstoff für die Afrikanische Schweinepest gibt, ist die Situation besonders schwierig und Vorbeugung so wichtig", erklärte Bauernverbandssprecher Krüsken. Die Wissenschaftler vom Friedrich-Loeffler-Institut bestätigen den Verdacht, dass der aktuelle Ausbruch der Schweinepest seinen Ursprung in Weißrussland hat.

Bereits im Juni 2013 hätten die Behörden dort in der Grenzregion zu Polen erste Fälle gemeldet. Ende Januar sei der Schweinepest-Erreger erstmals in Litauen in zwei Regionen an der Grenze zu Weißrussland aufgetreten. "Eine Einschleppung in weitere Länder der Europäischen Union kann nicht ausgeschlossen werden", warnen die Wissenschaftler.

Als mögliche Infektionsquelle nennt das Loeffler-Institut neben kontaminierten Transportfahrzeugen, die aus betroffenen Regionen zurückkehren, oder einer Übertragung durch Lederzecken insbesonders das Verfüttern von Speiseabfällen. Das allerdings ist innerhalb der EU ohnehin seit längerem verboten. Auslöser der Pest ist demnach ein Virus, der sich vor allem durch den Verzehr von Produkten aus nicht durchgegarten Produkten wie etwa Schinken, Salami und ähnlichen Nahrungsmitteln aus dem Fleisch infizierter Schweine verbreiten kann.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen