Wirtschaft

Angst vor der Klippe Was macht der Goldpreis?

Goldpreis klettert.

Goldpreis klettert.

(Foto: picture alliance / dpa)

"In den kommenden sechs Monaten wird der Goldpreis sicher mit der Marke von 1900 oder 1950 Dollar flirten", sagt ein Vermögensverwalter. Der Hauptgrund dafür liegt Börsianern zufolge in den USA und deren Schuldenproblematik. Diese wirke sich auch auf die Inflation aus.

Gold, Feinunze
Gold, Feinunze 4.038,26

Vermeintlich sichere Anlagen wie Gold stehen bei einigen Anlegern hoch im Kurs. Vor allem die Sorge vor einer anziehenden Inflation in den USA dürfte nach Einschätzung von Experten den Preis für das Edelmetall auf neue Rekordhochs klettern lassen. Denn die US-Notenbank könnte schon bald gezwungen sein, die Notenpresse noch schneller rotieren zu lassen, um ein Abgleiten der US-Wirtschaft in die Rezession zu verhindern, warnt etwa Pau Morilla-Giner, der die Investitionen des 3,2 Mrd. Dollar schweren Vermögensverwalters London & Capital verantwortet.

Das Wachstum der weltgrößten Volkswirtschaft hängt maßgeblich von dem Willen der US-Politiker zum Schuldenabbau ab. Bis Januar muss sich der US-Kongress auf Maßnahmen zum Abbau der Verschuldung einigen, sonst greifen automatische pauschale Ausgabenkürzungen und der Ablauf von Steuervergünstigungen im Volumen von 600 Mrd. Dollar. Dies würde die US-Wirtschaft über die sogenannte Haushaltsklippe ("fiscal cliff") stürzen. Experten bezweifeln allerdings, dass die Parlamentarier rechtzeitig eine Lösung finden.

"In den kommenden sechs Monaten wird der Goldpreis sicher mit der Marke von 1900 oder 1950 Dollar flirten", fügt Morilla-Giner hinzu. Aktuell kostet eine Feinunze (31,1 Gramm) des Edelmetalls 1775 Dollar. Das bisherige Rekordhoch vom September 2011 liegt bei 1920,30 Dollar. London & Capital hat Morilla-Giner zufolge aktuell 400 Mio. Dollar in Rohstoffe investiert. Davon entfalle 55 Prozent auf Edelmetalle.

Die "Klippe"

Der Internationale Währungsfonds (IWF) weist bei seinen Prognosen für das Weltwirtschaftswachstum explizit auf die Risiken des "Fiscal Cliff" hin. "Die jüngsten, teilweise erfreulichen US-Konjunkturdaten sowie die Stabilisierung des dortigen Immobilienmarkts dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass das 'dicke Ende' jenseits des Atlantiks noch droht", warnen die Experten der National-Bank in einem Kommentar. "Nach der Wahl am 6. November bleibt nicht mehr viel Zeit, um eine ausgewogene Lösung für den Wegfall zahlreicher Steuererleichterungen und temporärer Abgabenerleichterungen sowie Ausgabenkürzungen zu finden."

Am Wahltag entscheiden die US-Bürger nicht nur darüber, ob Präsident Barack Obama oder sein republikanischer Herausforderer Mitt Romney in den kommenden vier Jahren im Weißen Haus residiert. Darüber hinaus stehen alle Sitze im Repräsentantenhaus sowie ein Drittel der Mandate im Senat zur Wahl.

Volkswirt Alec Phillips von Goldman Sachs äußert ebenfalls Zweifel an einer schnellen Einigung. "Der Hauptgrund unserer Skepsis bezüglich eines 'großen Kompromisses noch vor dem Jahresende ist, dass die komplexen Probleme der Finanzierung des Gesundheitssystems und anderer Pflichtausgaben nicht in wenigen Wochen gelöst werden können. Gleiches gilt für eine umfassende Steuer-Reform."

Sollte der US-Kongress im Dezember 2012 nicht zu einer Einigung kommen, gebe es eine zweite Chance nach Konstituierung des neuen Parlaments Anfang Januar, fügt Phillips hinzu. Kommen die Abgeordneten auch dann nicht zu einer Lösung, würden die automatisch einsetzenden pauschale Ausgabenkürzungen das US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) um zwei Prozentpunkte drücken. Aktienmarkt-Expertin Joanna Shatney vom Vermögensverwalter Schroders hält sogar eine Belastung von bis zu fünf Prozentpunkten für möglich. Zum Vergleich: Im zweiten Quartal 2012 wuchs das US-BIP gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 1,3 Prozent.

Fed am Zug

Im Kampf gegen die US-Schuldenkrise und die schwächelnde Konjunktur hat die Fed den Leitzins auf faktisch Null gesenkt und die Geldpolitik drei weitere Male zusätzlich gelockert. Im Notenbankjargon heißt Letzteres "Quantitative Easing" (QE). Im Rahmen des sogenannten QE3 will die Fed so lange Immobilienpapiere im Volumen von monatlich bis zu 40 Mrd. Dollar aufkaufen, bis sich der US-Arbeitsmarkt deutlich erholt hat. Zentralbanken anderer Staaten wollen mit ähnlichen Mitteln ihrer jeweiligen heimischen Wirtschaft unter die Arme greifen.

Die ersten beiden QE-Runden der Fed 2008 und 2010 hatten den Preis des Edelmetalls bereits in die Höhe getrieben - nicht aber die Inflation. Kurz vor Ausbruch der Finanzkrise im Sommer 2007 kostete Gold noch weniger als 700 Dollar je Feinunze.

Vom gestiegenen Anlegerinteresse profitierten auch die börsennotierten Goldfonds (ETFs). Ihre Edelmetall-Bestände haben sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdreifacht. Anfang Oktober markierten sie mit 74,761 Millionen Feinunzen ein Rekordhoch.

Quelle: ntv.de, Hakan Ersen, rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen