Debatte um Pierer-Zahlungen Siemens-Eigner stimmen zu
26.01.2010, 20:30 UhrDas Aktionärstreffen des Münchener Elektro-Konzerns Siemens neigt sich ihrem Ende zu: Die versammelten Anteilseigner diskutieren über den Abschluss des Schmiergeld-Skandals, die Höhe der Manager-Gehälter und den Verkauf der Hörgeräte-Sparte. Siemens-Chef Löscher spricht vom Stellenabbau. Am Abend stehen die Abstimmungsergebnisse schließlich fest.

Hält Einschnitte für unumgänglich: Siemens-Chef Peter Löscher auf der Hauptversammlung in München.
(Foto: REUTERS)
Bei dem Aktionärstreffen des Münchener Dax-Konzerns Siemens haben die Aktionäre die Vergleiche mit der früheren Siemens-Führung absegnet und auch über ein neues Vergütungssystem für die Top-Manager abgestimmt. Im Rahmen der Hauptversammlung forderten Aktionärsvertreter weitere Anpassungen des Vergütungsmodells. Es entspreche nicht allen gesetzlichen Anforderungen, sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. So sei die Haltefrist für Aktienvergütungen zu kurz.
Zudem sei das Salär von Konzernchef Peter Löscher im Vergleich zu seinen Vorstandskollegen und auch zu Wettbewerbern sehr hoch. Die Kritik machte sich auch am Abstimmungsergebnis zum Vergütungsmodell bemerkbar: Die Anleger billigten die Managerbezüge zwar, doch erhielt der Vorschlag der Verwaltung lediglich eine Zustimmung von 89,65 Prozent.
Klar fiel die Zustimmung für die Einigungen im Schadenersatz-Streit mit der früheren Konzernspitze um Heinrich von Pierer aus. Die Vergleiche mit den Ex-Managern und mit Versicherern wurden mit jeweils um die 99 Prozent gebilligt. Nach langem Ringen hatten sich Pierer und acht weitere ehemalige Manager zur Zahlung von insgesamt 19,5 Mio. Euro bereiterklärt. Siemens kann damit die Aufarbeitung des milliardenschweren Korruptionsskandals weitgehend abschließen. Dabei sollen 1,3 Mrd. Euro an Schmiergeld zur Erlangung von Auslandsaufträgen eingesetzt worden sein.
Siemens schreibt Kündigungen
Nach deutlichen Bremsspuren durch die Wirtschaftskrise im ersten Geschäftsquartal bereitet Siemens seine Beschäftigten auf einen weiteren Stellenabbau vor. Zwar startete das Unternehmen mit einem Gewinnsprung ins neue Geschäftsjahr, rutschte aber bei Auftragseingang und Umsatz kräftig ab. "Die Krise ist längst noch nicht überwunden", mahnte Konzernchef Peter Löscher. Wo immer es möglich sei, wolle man Nachfrage-Täler zwar mit Kurzarbeit abfedern. In Geschäften, in denen sich Märkte und Wettbewerb aber dauerhaft änderten, seien "Anpassungsmaßnahmen unumgänglich", sagte Löscher.
Im ersten Quartal 2009/10 (30. September) gaben die Umsätze des Konzerns im Jahresvergleich um 12 Prozent auf knapp 17,4 Mrd. Euro nach. Der Auftragseingang schrumpfte um 15 Prozent auf knapp 19 Mrd. Euro. Unter dem Strich kletterte der Gewinn dagegen vor allem dank der Kostensenkungen in Vertrieb und Verwaltung um fast ein Viertel auf gut 1,5 Mrd. Euro.
An diesem Donnerstag (28. Januar) will die Unternehmensleitung die Betriebsräte im Wirtschaftsausschuss über geplante Einschnitte informieren. "Es sind punktuelle Maßnahmen, und es sind geschäftsspezifische Maßnahmen, die wir hier im Blick haben", sagte Löscher, ohne die Zahl der betroffenen Mitarbeiter oder sonstige Details zu nennen. Unter Arbeitnehmern wird vor allem in dem durch die Krise in Mitleidenschaft gezogenen Industriegeschäft mit Stellenstreichungen gerechnet.
Löscher deutet freundlichen Ausblick an
Bei strukturellen Veränderungen der Geschäfte gehe es aber beileibe nicht immer um einen Stellenabbau, sagte Löscher. Nach einem Bericht des "Handelsblatts" schloss das Unternehmen betriebsbedingte Kündigungen zwar nicht aus. "Wir sind davon aber meilenweit entfernt", sagte Siemens-Personalvorstand Siegfried Russwurm der Zeitung. Ein unternehmens- oder sektorweites Stellenabbau-Programm werde es nicht geben.
Die einzelnen Geschäftsfelder schnitten im ersten Quartal unterschiedlich ab. Im Industrie-Sektor litten vor allem das Geschäft mit Großanlagen für die Industrie und die Antriebstechnologie unter der Nachfrageschwäche. Aber auch der Energiesektor musste mit einem Minus beim Auftragseingang um 19 Prozent und einem zehnprozentigen Umsatzrückgang kräftig Federn lassen. Deutlich besser schlug sich der Sektor Medizintechnik: Hier lag der Bestelleingang lediglich um ein Prozent unter dem Vorjahresniveau, die Erlöse gaben um vier Prozent nach.
Den Ausblick für das laufende Geschäftsjahr bekräftigte Löscher. Von dem für das Gesamtjahr angepeilten operativen Ergebnis von 6,0 bis 6,5 Mrd. Euro hat Siemens allerdings im ersten Quartal bereits fast 2,3 Mrd. Euro eingefahren und damit mehr als ein Drittel. Vor diesem Hintergrund deutete Löscher eine mögliche Anhebung der Prognose an. Das Ergebnisziel werde nach dem ersten Halbjahr auf den Prüfstand gestellt. "Mit einem guten ersten Quartal ist die Erreichung der Prognose einfacher geworden", sagte Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser.
Über die Zukunft des Hörgeräte-Geschäfts hat das Unternehmen nach eigenen Angaben noch keine Entscheidung getroffen. "Die Hörgeräte-Sparte ist ein hochprofitables Geschäft", sagte Finanzchef Kaeser. Siemens werde eingehende Angebote prüfen. "Es wäre aber vorschnell, davon zu sprechen, dass wir uns von der Sparte trennen wollen." Über einen möglichen Verkauf der Sparte wird bereits seit Monaten spekuliert.
Quelle: ntv.de, dpa