Wirtschaft

Blockade in der Euro-Familie Slowaken schalten auf stur

Den milliardenschweren Rettungsschirm zur Stabilisierung taumelnder Euro-Länder hatten die Finanzminister im Mai in aller Eile auf die Beine gestellt. Doch nicht alle Euro-Mitglieder sind mit dem Plan einverstanden. Ein kleines Land leistet Widerstand - und bringt damit nicht nur den Zeitplan gründlich durcheinander.

Wir müssen reden: EZB-Chef Jean-Claude Trichet, Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker und Währungskommissar Olli Rehn (v.l.n.r.) vor Beginn der Brüsseler Gespräche.

Wir müssen reden: EZB-Chef Jean-Claude Trichet, Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker und Währungskommissar Olli Rehn (v.l.n.r.) vor Beginn der Brüsseler Gespräche.

(Foto: AP)

Die Euro-Finanzminister haben die neue Regierung der Slowakei eindringlich zur Zustimmung zum Rahmenvertrag für den Euro-Schutzschirm gegen Schuldenkrisen gedrängt. "Wir haben alle die Slowakei aufgefordert, schnell zu unterschreiben", sagte der Vorsitzende der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, nach dem Treffen der Finanzminister der Euro-Staaten in Brüssel. Erst mit der Unterschrift der Slowakei könne die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF), wie das Programm der Euro-Länder von Kreditgarantien über 440 Mrd. Euro heißt, an den Start gehen.

Laut Juncker hat sich Euro-Mitglied Slowakei auch bisher nicht an dem Not-Paket für Griechenland beteiligt. Der neue slowakische Finanzminister Ivan Miklos wollte beim Treffen der Eurogruppe die Details des Anfang Mai beschlossenen Krisenmechanismus neu aufrollen. "Ich bin nicht hier, um zu unterzeichnen, sondern um zu diskutieren und zu verhandeln", sagte Miklos.

Doch sein Amtskollege aus Deutschland, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, erklärte, es gebe keinen Verhandlungsspielraum. Er appellierte an das Euro-Land, seine Blockade aufzugeben. "Die Solidarität innerhalb der Euro-Zone ist eine Solidarität aller für alle, und deswegen sollte sich niemand ausschließen." Juncker will am Mittwoch auf die slowakische Ministerpräsidentin Iveta Radicova einwirken.

"Die Solidarität innerhalb der Euro-Zone ist eine Solidarität aller für alle": ermahnte Schäuble die Regierungschefin der Slowakei Iveta Radicova.

"Die Solidarität innerhalb der Euro-Zone ist eine Solidarität aller für alle": ermahnte Schäuble die Regierungschefin der Slowakei Iveta Radicova.

(Foto: REUTERS)

"13 Staaten sind bereits Anteilseigner", bilanzierte Juncker in seiner Funktion als Vorsitzender der Euro-Finanzchefs. Demnach haben auch die Parlamente von Italien und Belgien bisher noch kein grünes Licht für den Rettungsschirm gegeben. Allerdings hatten belgische und italienische Regierungsvertreter zuvor bereits Zustimmung signalisiert. Der Mechanismus werde bald einsatzfähig sein, erklärte Juncker.

An Wahlversprechen gebunden

Die Slowakei ist das einzige Euro-Land, dessen Regierung den Rahmenvertrag zur Errichtung der Zweckgesellschaft EFSF noch nicht unterschrieben hat. Die neu gewählte Mitte-Rechts-Koalition zögert, die von der sozialdemokratischen Vorgängerregierung eingegangene Verpflichtung zur Teilnahme am Euro-Schutzschirm einzulösen. Dieser musste eingerichtet werden, weil die Schuldenkrise Griechenlands auf Spanien und Portugal überzugreifen und den gesamten Euro-Anleihemarkt zu lähmen drohte.

Zentraler Baustein des europäischen Rettungsschirms ist die neue Finanzgesellschaft EFSF, die im Namen aller Euro-Länder Geld leihen und an finanzschwache Länder weitergeben kann. Die Länder treten als Garanten für das zu leihende Milliarden auf. Der Schutzschirm sei in Kürze arbeitsfähig, kündigte EFSF-Chef Klaus Regling an. Die in Luxemburg ansässige Zweckgesellschaft EFSF soll mit einem Dutzend Mitarbeiter auskommen. Bei der Verwaltung hilft die Europäische Investitionsbank, im Krisenfall würde die deutsche Finanzagentur Kredite für Euro-Länder am Markt aufnehmen.

Regling sagte, die EFSF könne nicht ohne konkrete Hilfsanfrage ein geringes Volumen am Kapitalmarkt aufnehmen, nur um eine Bewertung der Ratingagenturen zu bekommen. Dies sei aus politischen Gründen nicht erwünscht, da nur Geld aufgenommen werden solle, das auch gebraucht wird. Vor einigen Wochen waren vor allem in Deutschland Spekulationen aufgekommen, Spanien stehe kurz davor, Milliardenkredite abzurufen. Doch dies hatte sich bisher nicht bewahrheitet.

Wackliges Signal der Stärke

Zu den 440 Mrd. Euro des Schutzschirms für strauchelnde Euro-Staaten kommen im Ernstfall noch rund 60 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt und etwa 250 Mrd. Euro aus den Töpfen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Das damit insgesamt 750 Mrd. Euro schwere Paket unter Beteiligung des IWF war im Mai beschlossen worden, um Ländern notfalls schnell unter die Arme greifen zu können.

Neben rein praktischen Erwägungen zur Sofortsicherung der Liquidität betroffener Staaten stand bei der Entwicklung des Rettungsschirms vor allem das angestrebte Signal der Geschlossenheit und Stärke im Vordergrund. Angesichts hochnervöser Finanzmärkte zielte die Maßnahme darauf ab, an den Märkten Vertrauen in die Finanzkraft der Euro-Zone und die Solidarität der Mitgliedsländer zu schaffen. Mit dem Zögern der slowakischen Regierung steht zumindest diese Wirkung in Frage.

Große Ministerrunde am Dienstag

Unabhängig vom Streit um den Schutzschirm bereiten sich die EU-Finanzminister auf die Veröffentlichung von s am 23. Juli vor. Das Thema sollte erst am Dienstag im Kreis der Ressortchefs aller 27 EU-Länder diskutiert werden. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, die sogenannten Stresstests hätten "eine ganz große Bedeutung, um das Vertrauen in die europäische Wirtschaft widerherzustellen".

Der europäische Bankensektor sei insgesamt krisenfest. Es gehe nun darum zu sehen, ob es Schwachstellen gebe - im Klartext heißt dies, ob einzelne Kreditinstitute rekapitalisiert werden müssen, um widerstandsfähiger zu werden. Die EU-Kommission sei bereits, mögliche staatliche Beihilfen schnell zu billigen. Mehrere Minister machten deutlich, dass Banken notfalls zuerst auf nationaler Ebene geholfen werden soll. Rehn sagte, für Spanien reiche der nationale Notfallfonds aus. Spanien gibt bei den Bankentests als mögliches Problemland.

Um die Solidität der europäischen Branche zu demonstrieren, werden 91 Geldhäuser auf ihre Widerstandsfähigkeit in Krisenlagen getestet, darunter 14 aus Deutschland.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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