Sexy Hüft- und Knie-Implantate? Smith & Nephew-Aktie sorgt für Fantasie
12.06.2014, 19:45 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Seit Tagen beschäftigt ein hierzulande relativ unbekanntes Medizintechnik-Unternehmen die Börsen. Auch bei n-tv.de gehört Smith & Nephew zu den meistgeklickten Aktien. Was ist da los?
Ein Jahreshoch von 1136 britischen Pfund, alleine mehr als 15 Prozent Plus in einem Monat: Das britische Medizintechnik-Unternehmen Smith & Nephew, gelistet im FTSE100-Index und an der Wall Street, gebärdet sich derzeit wie ein Startup-Unternehmen. Dabei stellt das 1856 gegründete Unternehmen alles andere als hippe Produkte her: S&N produzieren Hüft- und Knie-Implantate und andere orthopädische Schrauben und Platten und sind im Bereich medizinische Wundversorgung unterwegs.
Doch seit Tagen wird Smith & Nephew auf dem Londoner Parkett hin- und hergereicht wie ein Casino-Jeton. Selbst wem nicht klar ist, was los ist, will irgendwie dabei sein. Auslöser für den Höhenflug war ein Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg, wonach der im S&P500 gelistete Branchenkollege Medtronic an einer Übernahme von S&N interessiert ist. Auch wenn nach Einschätzung der Analysten der Deutschen Bank nicht viel an dem Gerücht dran ist, und die beteiligten Unternehmen einen Kommentar ablehnten, ließen die Spekulationen die Aktie kräftig ansteigen.
Hüftsteifes Oligopol
S&N gelten schon lange als mögliches Übernahmeziel. US-Rivale Stryker hat bereits vor einiger Zeit zugegeben, ebenfalls ein Auge auf die Briten geworfen zu haben. Die Kartellbehörden dürften nicht allzu glücklich darüber sein, besonders angesichts der angestrebten Firmenehe zwischen den Branchenkollegen Zimmer Holdings und Biomet. Denn im Markt für Hüft- und Knie-Implantate kämen Zimmer und Biomet auf geschätzte 35 bis 40 Prozent. Kann Stryker Smith & Nephew tatsächlich für sich gewinnen, würde das daraus entstehende Unternehmen ebenfalls auf 35 Prozent kommen. Zusammen mit Johnson & Johnson, die etwa ein Fünftel des Marktes beherrschen, gäbe es praktisch nur noch drei Anbieter.
Käme jedoch Medtronic zum Zuge, hätte das für das Unternehmen aus Minnesota den Charme, das es auf der anderen Seite des großen Teichs niedrigere Steuern zu zahlen hätte, meinen Branchenbeobachter und verweisen auf die kürzlich abgesagte Balz zwischen Pfizer und Astra Zeneca, wo die Steuerersparnis auch Thema war.
Wie attraktiv ist die Braut?
Bei solchen Aussichten scheint eine Übernahme von S&N nur noch eine Frage der Zeit zu sein – das zumindest suggeriert der steigende Aktienkurs. Seitdem ein neues 52-Wochen-Hoch erreicht wurde, werden Anleger und Analysten jedoch nervös. Ist diese Kursbewertung nicht ein bisschen zu optimistisch? Die Aktie könne jederzeit um zehn Prozent fallen, fürchtet ein Londoner Börsenhändler. Auf der anderen Seite könne bei S&N der Astra-Zeneca-Effekt eintreten, meinen andere. Hier gab es seit den ersten Übernahmegerüchten ein Kursplus von 20 Prozent.
Ähnlich unentschlossen die Analystenstimmen: Von sieben zuletzt veröffentlichten Ratings rieten zwei zu "Hold", zwei stuften die Aktie als "Neutral" ein, zwei Investmenthäuser rieten zum "Kauf" und ein Analyst gar zu "Overweight". Eine Verkaufsempfehlung war nicht darunter. Damit ist S&N ein klassisches Beispiel für eine Aktie, von der sich die Anleger nicht trennen können, obwohl sie möglicherweise etwas überbewertet ist. Denn vielleicht passiert ja gleich etwas.
Quelle: ntv.de