"Gerechtigkeit in der Krise" Spanien erhebt "Reichensteuer"
15.09.2011, 16:31 Uhr
Wirtschaftsministerin Salgado stellte die nicht bei allen beliebte Maßnahme vor.
(Foto: dpa)
Die spanische Regierung will zur Bekämpfung des Haushaltsdefizits die vor drei Jahren ausgesetzte Reichensteuer vorübergehend wieder einführen. Die Maßnahme soll mehr als eine Milliarde Euro jährlich in die Staatskassen spülen. Die Opposition ist strikt dagegen.
Die sozialistische Regierung Spaniens wird die vor drei Jahren abgeschaffte "Reichensteuer" vorübergehend wieder einführen. Wirtschaftsministerin Elena Salgado kündigte an, die Steuer werde auf Vermögen von mehr als 700.000 Euro erhoben. Betroffen seien etwa 160.000 Menschen in Spanien.
Die "Reichensteuer" werde nur für die Jahre 2011 und 2012 gelten, wie Salgado erläuterte. Der spanische Staat erhofft sich damit zusätzliche Einnahmen von bis zu 1,08 Mrd. Euro im Jahr.
Opposition gegen "Millionärssteuer"
Die konservative Volkspartei (PP) von Oppositionsführer Mariano Rajoy ist gegen die Wiedereinführung der "Millionärssteuer". Mehrere Regionen, in denen die PP regiert, haben bereits signalisiert, dass sie die Steuer nicht erheben würden. Der PP wird in allen jüngsten Umfragen einen klaren Sieg bei den für den 20. November angesetzten vorgezogenen Parlamentswahlen vorausgesagt.
Die PP begründet ihre Ablehnung damit, dass die "Reichensteuer" eine Doppelbelastung sei. Für die Regierung von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero handelt es sich hingegen um eine Gerechtigkeit in Zeiten wirtschaftlicher Krise.
Die Wiedereinführung der "Reichensteuer" war ursprünglich von dem Ex-Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba, dem sozialistischen Spitzenkandidaten bei den November-Wahlen, vorgeschlagen worden. Rubalcaba will die zusätzlichen Steuereinnahmen für Maßnahmen zur Bekämpfung der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Spanien (46 Prozent) anwenden.
Die von den Sozialisten gestellte Regierung hatte die Reichensteuer 2008 kurz nach der von ihnen gewonnenen Parlamentswahl ausgesetzt. Sie war kritisiert worden, weil auch Teile der Mittelschichten zur Steuer veranlagt wurden. Als Reaktion auf diese Kritik hieß es nun, die Steuer würde künftig "nur auf große Vermögen erhoben, wo ein Großteil der Einnahmen konzentriert" sei.
Spanien hat zugesichert, sein jährliches Haushaltsdefizit von 9,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im vergangenen Jahr auf 6,0 Prozent im laufenden Jahr sowie auf 4,0 Prozent 2012 und 3,0 Prozent des BIP im Jahr 2013 zu senken. Angesichts des verlangsamten Wirtschaftswachstums und einer Arbeitslosenrate von mehr als 20 Prozent bestehen allerdings Zweifel, ob dieses Ziel erreicht werden kann.
Das spanische Parlament hatte am 8. September als zweites Land nach Deutschland endgültig beschlossen, eine Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern. Seit zwei Jahren fährt Madrid außerdem einen strikten Sparkurs. Dazu gehören die Streichung von Sozialhilfeprogrammen und die Kürzung von Gehältern im öffentlichen Dienst.
Frisches Geld vom Kapitalmarkt
Am Donnerstag hat sich das hoch verschuldete Land am Kapitalmarkt erfolgreich mit frischem Geld eingedeckt. Die Anleihe-Auktionen im Volumen von 3,95 Mrd. Euro stießen bei den Investoren auf das erhofft große Interesse, da Spanien mit einer Nachfrage von höchstens vier Mrd. Euro gerechnet hatte. Zugleich blieben die Zinskosten im Rahmen: Selbst bei den bis 2020 laufenden Anleihen mit einem Kupon von vier Prozent lag die Rendite nur knapp über fünf Prozent. Für bis 2019 laufende Schuldtitel wurden im Durchschnitt 4,96 Prozent fällig.
Experten sehen zudem die gelungenen Auktionen Spaniens als Zeichen, dass sich das Land in der Staatsschuldenkrise weiter von seinem Leidensgenossen Italien absetzen kann: "Die Märkte sind bei den politischen Reformen in Spanien optimistischer. Sie setzen eher darauf, dass die Verpflichtung zur Umsetzung der Reformen auch eingehalten wird", sagt Analyst Alessandro Giansanti von der ING-Bank.
Quelle: ntv.de, sla/AFP/rts