Ringen um Hilfe für Milchbauern Streit um Milchquote ist vom Tisch
14.09.2009, 09:49 Uhr
"Das bringt nichts": Staatssekretär Gert Lindemann.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Am Rande eines Treffens der europäischen Agrarminister sagte Staatssekretär Gert Lindemann im schwedischen Växjö, es zeichne sich auf EU-Ebene weiterhin keine Mehrheit für eine Aussetzung der beschlossenen Quotenerhöhung kommendes Jahr ab. "Das bringt nichts, mit dem Kopf immer wieder gegen die Wand zu laufen, wenn man sich schon eine blutige Nase geholt hat", sagte Lindemann. Gleichzeitig machte er klar, dass eine Gruppe von Mitgliedstaaten um Deutschland und Frankreich an ihren Forderungen etwa nach mehr Intervention festhält.
Schrittweise Erhöhung bis 2015
Die Quote begrenzt die erlaubte Menge für die Milchproduktion. Mit dem Instrument versucht die EU seit 1984, durch die Steuerung des Angebots die Preise stabil zu halten. Die Quote wird derzeit schrittweise erhöht und läuft 2015 aus. Wegen der niedrigen Milchrohpreise hatte Agrarministerin Ilse Aigner zuletzt vor gut einer Woche gefordert, die Quote nächstes Jahr nicht zu erhöhen. Damit war sie aber bei EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel und einer Mehrheit der EU-Staaten auf taube Ohren gestoßen.
Derzeit liegt der Milchrohpreis bei etwa 20 Cent je Liter, die langfristige Tendenz zeigt jedoch nach oben. Die Mehrheit der EU-Staaten will die Produktion nicht drosseln, um die wachsende Nachfrage in Schwellenländern befriedigen zu können.
Die Agrarminister tagen noch bis diesen Dienstag in Växjö. Auf dem informellen Treffen werden keine Beschlüsse gefasst. Der amtierende EU-Ratsvorsitzende und schwedische Agrarminister Eskil Erlandsson erklärte, er habe von EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel die feste Zusage erhalten, sie werde im Oktober einen Bericht über die Milchpreis-Entwicklung auf den Weltmärkten vorlegen. "Die Lage im Milchsektor ist problematisch und im Wesentlichen gleich in der gesamten EU."
Strafzahlung auf Betriebsebene?
Fischer Boel hat Beihilfen für die Verfütterung "Geldverschwendung" genannt und einen höheren Interventionspreis abgelehnt. Wegen der Krise fließen in der EU Exporterstattungen und Gelder für Interventionskäufe in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro. In Växjö zeigte Fischer Boel sich versöhnlich, wies aber auch darauf hin, dass die Milchbauern seit 2003 Kompensation in Höhe von EU-weit 5 Milliarden Euro im Jahr bekommen für vermutete Preisanstiege, die erst jetzt eingetreten sind.
Nach ihrer Vorstellung könnte eine Strafzahlung auf Betriebsebene bei Überschreitung der Quote helfen. Dabei würde der Betrieb in einen Fonds zahlen, aus dem beispielsweise Milchbauern, die ihren Betrieb aufgeben, unterstützt werden könnten. Sie werde dafür bis Donnerstag einen Vorschlag vorlegen, sagte Fischer Boel.
Der EU-Kommission zufolge bleibt die Milchproduktion 2008/09 um 4 bis 5 Prozent unter der Quote. Ähnlich lautet die Prognose für 2009/2010, weswegen ein Einfrieren der Obergrenze keine Folgen für die Preise gehabt hätte. Außerdem sei seit 1984 die Zahl der Milchviehhalter von 1,3 Millionen auf 300 000 gesunken - trotz Quote.
Experten weisen darauf hin, dass langfristig mit einer global steigenden Nachfrage zu rechnen ist. Länder wie Neuseeland mit starken bäuerlichen Genossenschaften seien dafür besser aufgestellt. Speziell die deutschen Milchbauern haben mit höheren Kosten sowie einer starken Marktmacht der Handelsriesen wie Aldi zu kämpfen.
Quelle: ntv.de, dpa