Wirtschaft

Was passiert mit den Defizitsündern? Streit um neue EU-Strafen

EU-Währungskommissar Rehn stößt mit seinem Vorstoß, Schuldensünder ohne lange Debatten zu bestrafen, auf Widerstand - vor allem aus Frankreich und dem Süden des Kontinents. Bundesfinanzminister Schäuble unterstützt Rehn dagegen. Der CDU-Politiker will eine Änderung des EU-Vertrags, um diesem "mehr Biss" zu geben.

Wolfgang Schäuble und Olli Rehn sind sich einig.

Wolfgang Schäuble und Olli Rehn sind sich einig.

(Foto: REUTERS)

Der Streit um einen strengeren Euro-Stabilitätspakt wird schärfer. Mehrere Mitgliedstaaten, vor allem aus dem Süden Europas, wehren sich gegen harte Strafen bei Schuldensünden. Nach Diplomatenangaben gibt es beim Treffen der Finanzminister in Brüssel Einwände unter anderem aus Italien, Frankreich oder Spanien gegen ein System, das auf automatischen Sanktionen beruht.

Die französische Wirtschafts- und Finanzministerin Christine Lagarde sagte: "Eine Macht, die nur bei den Experten liegt, Nein!" Die Rechte der Mitgliedstaaten bei der Haushaltsaufsicht dürften nicht ausgehebelt werden. "Das Schicksal eines Landes darf nicht nur in der Hand von Fachleuten liegen."

EU-Währungskommissar Olli Rehn warb erneut für seinen Vorstoß, Schuldensünder ohne lange Debatten zu bestrafen. Es sieht sich dabei von Deutschland unterstützt. "Sanktionen müssen quasi-automatisch sein", sagte der Finne. "Sie müssen früh genug im Verfahren ausgelöst werden, um vorbeugend zu sein." Er fügte hinzu: "Das ist sehr wichtig, um Haushaltsdisziplin und nachhaltiges Wachstum in der EU abzusichern."

Im Kern fordert Rehn, dass sich die Mitgliedstaaten - anders als derzeit - nur schwer gegen Strafen Brüssels wehren können. Er will am Mittwoch Gesetzesvorschläge machen, um den Euro-Stabilitätspakt zu verschärfen.

Schäuble an der Seite Rehns

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schrieb an seine europäischen Amtskollegen, er stehe hinter dem Reformkurs der Kommission. Rehn will dem Vernehmen nach schon bei der Eröffnung eines Defizitverfahrens eine Sicherheitsleistung von 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung vom Sünderstaat einfordern. Im Pakt stehen Strafen am Ende einer Prozedur; in der Praxis wurden sie bisher nie verhängt.

Schäuble pochte in dem Schreiben erneut auf eine Änderung des EU-Vertrags, um dem Pakt "mehr Biss" zu geben. Dabei geht es unter anderem darum, Stimmrechte von hartnäckigen Defizitsündern des Eurogebiets im Ministerrat vorläufig auszusetzen. Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, sagte im Europaparlament, die Notenbank würde eine Stimmaussetzung unterstützen.

Die EU-Staaten waren im Frühjahr unter dem Eindruck des griechischen Schuldendebakels und der Eurokrise übereingekommen, den Euro-Stabilitätspakt "anzuspitzen". Laut Rehn dreht sich die erste Reformrunde um Korrekturen, die ohne Änderung der EU-Verträge möglich sind. Seine Vorschläge müssen noch von den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament gebilligt werden.

Quelle: ntv.de, dpa

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