Von der Schiene aufs Rollfeld Mehdorn rettet BER ab Montag
08.03.2013, 13:40 Uhr
"Stress muss nicht schlecht sein, solange er nicht negativ ist", sagt Hartmut Mehdorn.
(Foto: picture alliance / dpa)
"Hervorragende Managementfähigkeiten, ein Höchstmaß an wirtschaftlicher und technischer Kompetenz" - so lobt Verkehrsminister Ramsauer den neuen Geschäftsführer des Berliner Großflughafens. Sein Name: Hartmut Mehdorn. Er soll den Pannen-Flughafen BER möglichst schnell wieder auf Kurs bringen.
Der frühere Bahn-Chef Hartmut Mehdorn führt ab kommender Woche die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB). Das kündigte Aufsichtsratschef Matthias Platzeck an. Mehdorn sei für drei Jahre verpflichtet worden. Der 70-Jährige folgt auf Rainer Schwarz, der im Januar wegen des Debakels um mehrere geplatzte Eröffnungstermine am neuen Hauptstadtflughafen entlassen worden war. Ande rs als Schwarz wird Mehdorn Vorsitzender der Geschäftsführung und nicht nur ihr Sprecher. Mehdorn trägt damit die Gesamtverantwortung.
Verkehrsminister Peter Ramsauer sagte, Mehdorn besitze "hervorragende Managementfähigkeiten sowie ein Höchstmaß an wirtschaftlicher und technischer Kompetenz". "Jetzt muss es darum gehen, dass Hartmut Mehdorn und Horst Amann gemeinsam mit Hochdruck die gewaltigen Probleme auf der Baustelle lösen." Sie müssten weiteren finanziellen Schaden vom Unternehmen abwenden und die Mitarbeiter der Flughafengesellschaft neu motivieren. Berlin und Brandenburg halten je 37 Prozent an dem Flughafenbetreiber, der Bund 26 Prozent.
"Ich bin sicher, Hartmut Mehdorn folgt auch ein Stück weit einer patriotischen Berufung, eine solche Herausforderung von nationaler Tragweite anzupacken und den BER zum Erfolg zu führen", sagte Ramsauer.
Die Berufung Mehdorns zum obersten Krisenmanager im derzeit größten Infrastrukturprojekt der Hauptstadtregion rief allerdings nicht nur wohlwollende Reaktionen hervor. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast bezeichnete die Entscheidung für Mehdorn als Fehler. "So setzt sich die Flughafengesellschaft endgültig dem Gespött aus", sagte Künast.
Bei n-tv ergänzte sie: "Erfahrung reicht nicht, sondern die Frage ist ja auch: Welche Erfahrungen haben die Projekte oder hat das Land mit ihm gemacht? Da stelle ich mal fest: Bei Air Berlin musste er mehr oder weniger gehen; bei der Deutschen Bahn musste er gehen, weil er eine umfangreiche Bespitzelungskampagne gegen die Mitarbeiter der Deutschen Bahn zu verantworten hatte." Außerdem habe er die Bahn ausgepresst, um sie börsenfähig zu machen. Sie "sehe die spezifischen Kompetenzen von Herrn Mehdorn nicht", so Künast bei n-tv weiter.
Raus aus Air-Berlin-Verwaltungsrat
Mehdorn war erst im Januar als Vorstandschef von Air Berlin abgetreten und zieht sich nun vollständig dort - also auch aus dem Verwaltungsrat - zurück. "Ich werde mein Mandat bei der Air Berlin niederlegen, damit es da keinen Konflikt gibt", kündigte Mehdorn an. Air Berlin ist der wichtigste Kunde des unfertigen Großstadtflughafens und hat wegen der verzögerten Eröffnung auf Schadenersatz geklagt.
Mehdorn selbst verfügt über eine jahrzehntelange Erfahrung als Spitzenmanager von Großkonzernen. Mehdorn gehörte unter anderem dem Vorstand der EADS-Vorläufergesellschaft Dasa an, führte die Heidelberger Druckmaschinen AG, stand an der Spitze der Deutschen Bahn und zuletzt der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft Air Berlin. Er gilt als tatkräftig, durchsetzungsstark und verfügt aus seiner Zeit bei der Bahn auch über langjährige Erfahrungen in der Führung eines Staatsunternehmens.
Vorschlag kam von Platzeck
Aus dem Kreis der Anteilseigner hieß es ergänzend, der Vorschlag für Mehdorn sei vom brandenburgischen Ministerpräsidenten Platzeck gekommen. Der Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft kenne Mehdorn schon länger und setze großes Vertrauen in ihn. Zuletzt war Platzeck mit dem Vorhaben gescheitert, den früheren Frankfurter Flughafenchef Wilhelm Bender als Chefberater für den Flughafen zu engagieren. Dieser verzichtete auf den Job, nachdem eine Debatte über seine Bezahlung und ein Streit zwischen den Hauptanteilseignern Berlin und Brandenburg wegen des Nachtflugverbots ausgebrochen war. Mehdorn bekommt der "Bild"-Zeitung zufolge ein Jahresgehalt von mehr als einer halben Million Euro.
Der neue Hauptstadtflughafen, dessen Kosten sich inzwischen auf mindestens 4,3 Mrd. Euro belaufen, sollte eigentlich längst in Betrieb sein. Wegen immer neuer Bau- und Planungsmängel musste die Inbetriebnahme mehrmals verschoben werden. Derzeit gibt es keinen neuen Termin für die Eröffnung.
Bei der Aufsichtsratssitzung der Flughafengesellschaft am Freitag soll ein Überblick über das Ausmaß der Mängel und Probleme auf der Baustelle diskutiert und über Investitionen in den Berliner Flughafen Tegel entschieden werden, der erst einmal weiter betrieben werden muss.
Quelle: ntv.de, bad/dpa/rts