Ex-Yahoo-Chef Scott Thompson gibt seinen Posten möglicherweise nicht nur wegen eines frisierten Lebenslaufs auf. Wie nun bekannt wird, erhält Thompson nur wenige Tage vor dem Rücktritt eine Krebsdiagnose.

Der am Wochenende zurückgetretene Yahoo-Vorstandsvorsitzende Scott Thompson ist offenbar an Schilddrüsenkrebs erkrankt. Wie aus zuverlässiger Quelle verlautete, habe der 54-Jährige den Yahoo-Aufsichtsrat und zahlreiche Kollegen über seinen Gesundheitszustand eingeweiht, als in der vergangenen Woche immer mehr Zweifel an der offiziellen Version seines Lebenslaufs laut wurden.

Nach Angaben des Informanten hat die Krebsdiagnose Thompsons Rücktrittsentscheidung zumindest teilweise beeinflusst. Der umstrittene Yahoo-Chef habe erst vor wenigen Tagen von seiner Erkrankung erfahren. Zur selben Zeit untersuchte der Aufsichtsrat, warum Thompson in seiner Kurzbiografie angegeben hatte, einen Bachelor-Abschluss in "Rechnungsprüfung und Computerwissenschaften" zu besitzen, obwohl er keinen Abschluss in Computerwissenschaften hat. Ein US-Hedgefonds war auf die Ungereimtheit aufmerksam geworden und hatte die Sache angeprangert.

Schwarzer Peter geht um

Thompson hatte zunächst beteuert, er habe nichts von dem fehlerhaften Lebenslauf gewusst, der sowohl auf der Yahoo-Webseite erschienen als auch an die Marktaufsicht gegangen war. Später hatte er behauptet, ein Personaldienstleister, der ihm vor Jahren eine Stelle vermittelt hatte, habe den Fehler in den Lebenslauf eingebaut. Der Personalvermittler wies den Vorwurf am Freitag zurück. Er könne dem Aufsichtsrat entsprechende Beweise vorlegen.

Am Samstag war nach Auskunft gut informierter Kreise ein Führungswechsel beschlossen und für Thompson eine Abfindung vereinbart worden. Zum Nachfolger war kurzfristig der hochrangige Yahoo-Manager Ross Levinsohn ernannt worden.

Thompson habe seine Krebsdiagnose nicht öffentlich machen wollen, weil es für ihn eine Privatangelegenheit gewesen sei, erzählt ein Kollege. Ihm erzählte Thompson, dass er nun mit einer Krebsbehandlung anfangen werde. Am Freitag habe er dann mehreren anderen Kollegen mitgeteilt, dass er zurücktreten werde, heißt es aus seinem Umfeld.