Wirtschaft

Mehr Druck auf Schuldensünder Trichet fordert Zentralisierung

Die europäische Schuldenkrise treibt Jean-Claude Trichet um. Der EZB-Präsident will, dass den Sündern teilweise die Souveränität entzogen wird. Der Franzose, der in Aachen den Karlspreis erhält, spricht sich für ein europäisches Finanzministerium aus. Trichet nannte seine Idee eine "Langfristperspektive".

Jean-Claude Trichet nutzt die Preisverleihung zu grundlegenden Anmerkungen.

Jean-Claude Trichet nutzt die Preisverleihung zu grundlegenden Anmerkungen.

(Foto: dpa)

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB),  Jean-Claude Trichet, will die Spielregeln für die Euro-Länder fundamental ändern und die Währungsunion so vor neuen Schuldenkrisen bewahren. Er regte dazu die Gründung eines europäischen Finanzministeriums an. In Schwierigkeiten geratenen Ländern will der Franzose einen Teil ihrer Souveränität entziehen und auf europäische Institutionen übertragen - etwa Haushaltsentscheidungen.

"Wäre es zu kühn, sich eine Union vorzustellen, die nicht nur einen gemeinsamen Markt, eine gemeinsame Währung und eine gemeinsame Zentralbank hat, sondern auch ein gemeinsames Finanzministerium?", sagte Trichet, wo er wegen seiner Verdienste um die europäische Einigung den Karlspreis erhielt.

Ein solches Ministerium solle nicht unbedingt große Budgets verwalten. Stattdessen solle es sich um die Themen Haushaltspolitik und Wettbewerbsfähigkeit ebenso kümmern wie um den Finanzsektor sowie die EU in den internationalen Institutionen vertreten. Trichet nannte seine Idee eine "Langfristperspektive".

"Direkte Einflussnahme"

Mittelfristig schlägt schwebt ihm ein Zwei-Stufen-Plan für Euro-Länder vor, die von einer Staatspleite bedroht sind. "In der ersten Stufe kann im Rahmen eines Anpassungsprogramms finanzielle Unterstützung geleistet werden", sagte der EZB-Chef. Den Ländern solle die Möglichkeit gegeben werden, selbst Korrekturen vorzunehmen, um wieder Stabilität herzustellen. Das liege im Interesse der gesamten Währungsunion, da so ein Übergreifen von Krisen verhindert werde.

Laut Trichet muss die Umsetzung von den anderen Ländern konsequent überwacht werden. Sollten die Maßnahmen erfolglos bleiben, müsse dem Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs in Zusammenarbeit mit EU-Kommission und EZB eine "direkte Einflussnahme" auf die Geschicke des Landes ermöglicht werden.

Entscheidungen auf europäischer Ebene

"Im derzeitigen System trifft das betroffene Land sämtliche Entscheidungen - auch dann, wenn es die Empfehlungen nicht umsetzt und sein Handeln anderen Ländern schadet", sagte Trichet, dessen achtjährige Amtszeit im Herbst endet. In einem neuen System wäre es in manchen Fällen sogar zwingend, dass europäische Institutionen "Entscheidungen treffen, die auf die betroffene Volkswirtschaft durchgreifen".

Die Währungsunion kämpft seit mehr als einem Jahr mit einer schweren Schuldenkrise. Mit Griechenland, Irland und Portugal mussten bereits drei Länder Hilfen von EU und Internationalem Währungsfonds in Anspruch nehmen, um einer Staatspleite zu entgehen. "Um unsolide Wirtschaftspolitik zu vermeiden, hat die Stärkung der Regeln höchste Priorität", sagte Trichet.

Quelle: ntv.de, wne/rts

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