Wirtschaft

Rücktrittsforderung Trichet mit dem Rücken zur Wand

EZB-Chef Trichet gerät zunehmend unter Druck. Die Kröte, dass die Zentralbank von ihrem Weg, die Geldwertstabilität zu bewachen, abweicht, ist schwer zu schlucken. Kritiker befürchten, dass der Euro an Wert verlieren wird. Aus der FDP werden Rücktrittsforderungen laut.

Der Weg nach vorn könnte für Trichet der Weg nach draußen werden.

Der Weg nach vorn könnte für Trichet der Weg nach draußen werden.

(Foto: REUTERS)

Der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler hat wegen des umstrittenen Kaufs von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) den sofortigen Rücktritt von EZB-Chef Jean-Claude Trichet gefordert. Bundesbankchef Axel Weber müsse jetzt das Amt von Trichet übernehmen und nicht erst 2011, sagte der FDP-Obmann im Finanzausschuss des Bundestages dem "Handelsblatt". Die EZB sei in der größten Vertrauenskrise ihrer Geschichte. Dafür trage Trichet die Verantwortung. "Der Ankauf von Schrottpapieren ist das Fallbeil für den Euro", sagte Schäffler weiter. Diese Entwicklung müsse gestoppt werden.

Wegen der drohenden Ausweitung der Schuldenkrise in Griechenland auf andere Euro-Länder kauft die EZB erstmals seit ihrer Gründung Staatsanleihen, um massiven Spekulationen gegen die Gemeinschaftswährung vorzubeugen. Kritiker werfen den Zentralbankern in diesem Zusammenhang vor, sich damit dem Druck der Politik gebeugt und ihre Unabhängigkeit verloren zu haben. Sie befürchten als Konsequenz des Schuldenankaufs eine Entwertung des Euro.

Weber auf Konfrontationskurs

Bundesbankchef Weber wird bereits seit längerem als Nachfolger von Trichet gehandelt. Die Amtszeit des Franzosen endet offiziell im Oktober 2011. Laut "Handelsblatt" soll die Bundesregierung in den Verhandlungen um das milliardenschwere Rettungspaket zur Stützung des Euro im Gegenzug für ihre Zustimmung den Chefposten für Weber gefordert haben. Berlin dementiert das jedoch. Weber gilt als Kritiker des Schuldenaufkaufprogramms. Mehrfach wies er bereits darauf hin, dass das Bond-Ankaufprogramm aus seiner Sicht "erhebliche stabilitätspolitische Risiken" birgt.

Für Trichet soll bereits Bundesbankchef Weber in die Spur gegangen sein.

Für Trichet soll bereits Bundesbankchef Weber in die Spur gegangen sein.

(Foto: REUTERS)

Zuletzt äußerte er sich auf einer Tagung in Rio de Janeiro, wo er den Regierungen aufforderte, Geld- und Haushaltspolitik strikt voneinander zutrennen. Es gebe derzeit keine Alternative zur "raschen und glaubwürdigen" Haushaltskonsolidierung. Es sei zudem wichtig, schon zu Beginn des Prozesses kräftig zu sparen. "Das Vertrauen in die Solidität der Haushalte ist eine Hauptvoraussetzung für die Stabilität der Märkte und die Verankerung von moderaten Inflationserwartungen", fügte Weber hinzu. Neben Weber gilt auch der italienische Zentralbank-Gouverneur Mario Draghi als möglicher Nachfolger für Trichet.

"Jeder Euro wird wieder abgeschöpft"

Trichet weist die Kritik an dem EZB-Beschluss Schuldenländern mit dem Kauf von Staatsanleihen unter die Arme zu greifen, weiterhin strikt zurück. Zuletzt verglich er die Dringlichkeit der Situation, in der die EZB handelt, mit den Zeiten nach den Weltkriegen. Auch den Vorwürfen, dass die EZB zunehmend die Kontrolle über die Geldpolitik verliere, weist Trichet dabei weit von sich. Die Zentralbank werde jeden Euro, den sie dadurch zusätzlich in das Geldsystem einschleuse, wieder abschöpfen, wird er nicht müde zu betonen. "Diejenigen, die glauben - oder schlimmer noch: suggerieren -, dass wir Inflation künftig tolerieren werden, unterliegen einem schwerwiegenden Irrtum", unterstrich der Franzose. Inflation treffe die Schwächsten und sei destruktiv für die Demokratie.

Sorgen um die Geldwertstabilität hatten vergangene Woche den Goldpreis auf einen Höchstpreis von 1230 US-Dollar je Feinunze getrieben. Der Euro war wegen der Schuldenkrise unter 1,24 US-Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit 18 Monaten gefallen. Einer Allensbach-Umfrage zufolge wünscht sich mittlerweile fast jeder zweite Bundesbürger die D-Mark zurück.

Trichet sagte, er verstehe die Angst der Deutschen vor Inflation wie auch die Sorge über ihren Haushalt und Beiträge an Europa. Fakt sei aber, dass die Geldentwertung noch nie so gering gewesen sei wie in den vergangenen elfeinhalb Jahren. Der Euro werde seiner Funktion als Wertaufbewahrungsmittel gerecht. Die EZB werde an ihrem Kurs der Preisstabilität nichts ändern. Merkel sagte der "Süddeutschen Zeitung", die EZB stehe "glaubwürdig für den Erhalt einen stabilen Währung".

"Keine Lösung auf Dauer"

Unterstützung bekam Trichet ausgerechnet von der Politik. Auch nach Ansicht des deutschen EU-Kommissars Günther Oettinger (CDU) ist der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB keine Dauerlösung. Die Geldpolitik der EZB sei zwar in diesen Tagen notwendig, müsse aber mittelfristig auch wieder zurückgeführt werden können, sagte er dem "Tagesspiegel". Die Dimension des am vergangenen Wochenende beschlossenen Euro-Rettungspaketes nannte Oettinger "notwendig und alternativlos". Am Montag – eine Woche nach dem beispiellosen Hilfspaket für den Euro – wollen die Finanzminister des Eurogebiets erneut über die finanzielle lage in Europa beraten. Im Mittelpunkt des Treffens in Brüssel werden der Abbau der gewaltigen Schuldenberge sowie die haushaltslage in kriselnden Mitgliedsländern wie Griechenland, Spanien und Portugal stehen.

Quelle: ntv.de, ddi/AFP/rts

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