Tokio und Seoul winken ab USA fürchten um Öl-Nachschub
07.03.2011, 07:40 Uhr
Deutschland im Jahr 1973: Wegen der Ölkrise wurde am 2.12.1973 zum zweiten Mal ein sonntägliches Fahrverbot verhängt (Archivbild).
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen in Libyen lösen unter den großen Ölverbrauchern in Asien deutlich geringere Sorgen aus als in den USA: Weder Japan noch Südkorea sehen sich veranlasst, angesichts drohender Engpässe ihre strategischen Ölreserven anzutasten. Washington dagegen wird offenbar immer nervöser.

Streng bewachte Tanks: Ein Teil der strategischen Ölreserven der US-Regierung lagert in Bryan Mound im Bundesstaat Texas.
(Foto: REUTERS)
Japan und Südkorea haben US-Vorschläge zurückgewiesen, wegen der Libyen-Krise ihre Ölreserven anzuzapfen. "Wir machen uns wegen des Nachschubs überhaupt keine Sorgen", erklärte ein Sprecher des japanischen Handelsministeriums, das für die Vorräte zuständig ist. Auch ein Vertreter des staatlichen Ölkonzerns Korea National Oil Corp (KNOC) erklärte, Südkorea habe keine Pläne, auf seine Reserven zurückzugreifen. Die beiden asiatischen Länder gehören zu den fünf größten Öl-Importeuren der Welt.
Die US-Regierung erwägt dagegen angesichts stetig steigender Ölpreise als Folge der Krise in Libyen ihre strategischen Ölreserven anzuzapfen. "Das ist bislang nur in sehr seltenen Fällen passiert", sagte der neue Stabschef im Weißen Haus, Bill Daley, dem US-Fernsehsender NBC. "Wir schauen uns unsere Optionen an, und die Reserven sind eine, die wir in Erwägung ziehen." Vor solch einem Schritt müssten allerdings eine ganze Reihe von Faktoren überdacht und einbezogen werden.
Konjunkturdämpfer an der Tankstelle
Die Benzinpreise in den USA sind nach Angaben des US-Autoclubs AAA binnen eines Monats um mehr als 12 Prozent gestiegen. Spritpreise sind ein empfindliches politisches Thema in den USA. Am Sonntag kostete die Gallone (3,8 Liter) unverbleites Benzin im Landesschnitt 3,50 Dollar (2,52 Euro). Der bisher höchste Durchschnittspreis wurde den AAA-Angaben zufolge im Sommer 2008 mit 4,11 Dollar pro Gallone bleifreies Benzin registriert.
Die Ölpreise hatten vor dem Wochenende nach einem Rücksetzer ihren Höhenflug wieder aufgenommen. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am späten Nachmittag 115,91 US-Dollar, etwa 1 Prozent mehr als am Vortag. Die strategischen US-Ölreserven betragen nach Medienberichten fast 730 Mio. Barrel. Die USA verbrauchen pro Tag knapp 19 Mio. Barrel Öl - so viel wie kein anderes Land der Erde.
Strategische Rohöl-Reserve
Die Vorräte waren Anfang der 70er Jahre als Reaktion auf den Ölschock durch das Embargo arabischer Staaten angelegt worden. Ziel war es, Wirtschaft und Verbraucher in den Industriestaaten 90 Tage lang auch ohne Nachschub versorgen zu können.
Zuletzt wurden die Reserven 2008 nach dem Zerstörungszug der Hurrikane "Gustav" und "Ike" im Süden der USA angezapft. Auch nach der Invasion Kuwaits im Januar 1991 ging die Regierung die Reserven an, um die Märkte zu beruhigen. Im Fall eines Versorgungsengpasses kann der US-Präsident die Reserven anzapfen lassen, ohne eine Genehmigung des Kongresses einholen zu müssen.
Quelle: ntv.de, rts