Wirtschaft

"Besonders haftempfindlich" Markus Frick muss ins Gefängnis

Vom Bäckermeister zum selbst ernannten Börsenexperten: Im Herzen der Finanzmetropole Frankfurt am Main fällt im Frick-Prozess um manipulierte Aktienkurse ein Urteil. Der einstige Börsenguru muss Ausweis und Reisepass abgeben.

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Eine harte Strafe: Markus Frick sitzt bereits seit über einem Jahr in Untersuchungshaft.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Landgericht Frankfurt hat den früheren TV-Börsenxperten Markus Frick wegen vorsätzlicher Marktmanipulation zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Frick im Jahr 2012 mit Hilfe von Empfehlungen die Kurse von drei zuvor kaum bekannten Nischentiteln gezielt in die Höhe getrieben und dafür erhebliche Geldsummen von Hintermännern angenommen hat. Diesen Umstand hatte er den rund 3000 Abonnenten seines Börsenbriefs verschwiegen und sich nach Ansicht des Gerichts so der verbotenen Markmanipulation schuldig gemacht. Nach dem Willen der Anklage sollte er dafür mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten büßen. Das Gericht ging damit in seinem Urteil über das geforderte Strafmaß hinaus.

Frick konnte das Gericht dennoch zunächst auf freiem Fuß verlassen. Nach fast 14 Monaten Untersuchungshaft wurde der Haftbefehl gegen ihn ausgesetzt. Eine Fluchtgefahr, mit der die U-Haft begründet worden war, besteht nach Ansicht des Gerichts nicht. Ganz frei ist Frick trotzdem nicht: Der Verurteilte muss Pass und Personalausweis abgeben und sich künftig einmal in der Woche bei der Polizei an seinem Wohnsitz melden, verfügte das Gericht. Die Zeit in der Untersuchungshaft wird angerechnet. Seine Reststrafe muss Frick erst antreten, wenn das Urteil rechtskräftig ist. Man prüfe, ob man Rechtsmittel einlegen wolle, sagte Fricks Anwalt Daniel Krause. Wenn Frick keine Berufung einlegt, wird das Urteil rechtskräftig.

Neben dem aktuellen Urteil droht Frick weiterer Ärger: In Anbetracht des Frankfurter Urteils könnte das Landgericht Berlin die Bewährung auf die ebenfalls wegen Marktmanipulation ergangene Haftstrafe aus dem Jahr 2011 widerrufen. Rechtsexperten zufolge gilt das sogar als wahrscheinlich, weil Frick innerhalb der auf drei Jahre festgesetzten Bewährungsfrist erneut eine gleichgelagerte Straftat begangen hat. Er müsste dann auch diese auf 21 Monate Haft lautende Strafe absitzen. Die Berliner Justiz will sich damit aber nach Angaben eines Sprechers erst befassen, wenn das Frankfurter Urteil rechtskräftig vorliegt.

"Einsicht und Reue"

Mit dem nun verkündeten Urteil endet für Markus Frick ein Prozess, der ihn unter Umständen auch bis zu zehn Jahre hinter Gitter hätte bringen können. Der einschlägig Vorbestrafte musste sich seit vergangenem Oktober vor dem Landgericht nicht nur wegen der Manipulation von Aktienkursen verantworten. Zeitweise stand auch der Vorwurf des bandenmäßigen Betrugs im Raum.

Das Landgericht Frankfurt rechnete Frick sein umfassendes Geständnis an, das "von Einsicht und Reue" geprägt gewesen sei. Als Vater zweier kleiner Kinder habe sich Frick zudem als "besonders haftempfindlich" gezeigt, sagte der Vorsitzende Richter Klaus Wiens. Der weitergehende Betrugsvorwurf wurde während des Verfahrens fallengelassen, weil er laut Gericht mit zumutbarem Aufwand und aus rechtlichen Gründen nicht zu beweisen gewesen wäre.

Den zentralen Tatvorwurf der Kursmanipulation hatte Frick bereits im Prozessverlauf in einer schriftlich vorbereiteten Erklärung eingeräumt. Gegen die Zahlung einer Millionensumme empfahl der gelernte Bäcker und zeitweilige Selfmade-Millionär demnach mit Hilfe des eigens gegründeten Börsenbriefs "Deutscher Aktiendienst" drei an sich wenig aussichtsreiche Aktien, ohne seine Leser über die Verstrickung in die eigenen, höchst lukrativen Interessen aufzuklären.

Neue Anhaltspunkte

"Der Tatbestand der Marktmanipulation ist allein dadurch erfüllt, dass bei der Bewerbung der Aktien nicht erklärt wurde, dass sie gegen ein Entgelt beworben wurden", hatte Staatsanwalt Philipp Zmyj-Köbel im Prozessverlauf festgestellt. Ein Verstoß gegen das Wertpapierhandelsgesetz werde zugestanden, hatten daraufhin Fricks Anwälte im Schlussplädoyer der Verteidigung erklärt. Der Angeklagte zeigte sich reuig. Frick sprach wörtlich von einem "schweren Fehler".

Nach seinen teils enthusiastischen Empfehlungen konnten Fricks Hintermänner den absehbaren Kurssprung der künstlich hochgejubelten Aktien ausnutzen, um ihre eigenen Anteile gewinnbringend zu verkaufen. Abgeschlossen ist die juristische Aufarbeitung offenbar noch lange nicht.

Die Frankfurter Staatsanwälte haben aus dem Verfahren neue Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen auch gegen die mutmaßlichen Hintermänner Fricks erhalten. Ein namentlich bekannter Auftraggeber gilt vor Gericht nur als Mittelsmann. Mit Frick wurde ein Mittäter zu 18 Monaten Haft verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurden.

Aktienwerbung gegen Bargeld

Für die öffentlichkeitswirksame Empfehlung von Anteilsscheinen des französischen Shopping-Portals Letsbuyit, der britischen Social-Gaming-Schmiede Venatus Interactive sowie Autev, einer Technologiefirma aus Brandenburg, erhielt Frick eigenen Angaben zufolge 1,9 Millionen Euro in bar.

Mit dem Strafmaß von zwei Jahren und sieben Monaten kommt Frick trotz allem vergleichsweise glimpflich davon. Auf Kursmanipulation stehen bis zu fünf Jahre Haft. Allerdings saß der mittlerweile 41-jährige Frick auch bereits seit seiner Festnahme am 4. Januar 2013 in Untersuchungshaft. Von der Anklage fallen gelassen wurde hingegen der Vorwurf des bandenmäßigen Betrugs, der Frick eine Höchststrafe von bis zu zehn Jahren hätte einbringen können.

Ein Lehrstück über Gier und Unvernunft

Für den Prozess hatte die Staatsanwaltschaft in 90 ausgewählten Musterfällen einen unmittelbaren Betrugsschaden von 625.000 Euro errechnet. Zur Höhe des Gesamtschadens äußerten sich die Vertreter der Anklage nicht. In dem fraglichen Zeitraum sind die drei zur Debatte stehenden Aktien Letsbuyit, Venatus Interactive und Autev Berichten zufolge in einem Volumen von rund 21 Millionen Euro gehandelt worden.

Beobachter gehen daher davon aus, dass Anlegern im Zusammenhang mit den Frick-Manipulationen ein Schaden in zweistelliger Millionenhöhe entstanden sein könnte. In Zivilprozessen hätten Fricks Anwälte bisher Ansprüche von Anlegern erfolgreich abwehren können, berichtete das "Handelsblatt". Dabei soll es bereits zu zahlreichen Vergleichen gekommen sein.

Warnschuss ignoriert

Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Frick vor allem durch die Fernsehsendung "Make Money - Die Markus Frick Show" auf N24 bekannt. Zuvor hatte er bereits mit Vortragsreihen und Buchtiteln wie "Ich mach Sie reich!" von sich Reden gemacht. Markantes Merkmal seiner Empfehlungen war dabei stets der schnelle, scheinbar mühelose Gewinn.

Er selbst präsentierte sich dabei als bestes Beispiel: Schon mit 14 Jahren will er seine erste Aktie gekauft haben. Das ganz große Geld kam dann allerdings eher über seine Auftritte als Börsenmagier herein. Kritikern zufolge waren sie schon früh als marktschreierische Werbeveranstaltungen zu erkennen.

Bereits 2011 war er vom Landgericht Berlin zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden. Im Jahr darauf gab er dann im "Deutschen Aktiendienst" seine zweifelhaften Empfehlungen ab.

Im Aufstieg und Fall von Markus Frick sehen seriöse Börsianer ein Lehrstück für Gier und Unvernunft auf beiden Seiten. Die Schuld für das Debakel liegt demnach bei Herausgebern fragwürdiger Anlegerempfehlungen ebenso wie bei allzu leichtgläubigen Anlegern, die sich auf "exotische Kursraketen", schnelle Renditeversprechen und vermeintlich "todsichere Aktientipps" einlassen, ohne die Angaben näher zu hinterfragen oder wenigstens eine zweite Meinung dazu einzuholen.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa

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