Unerwartet schwache Mai-Daten Verliert Deutschland Schwung?
07.07.2014, 08:43 Uhr
Alles nur "brückentagseffekte"? Rauch und Wasserdampf steigen vom RWE-Braunkohlekraftwerk Niederaussem bei Bergheim in die Höhe.
(Foto: dpa)
Wie geht es der deutschen Wirtschaft wirklich? Im Mai treten die Produktionsplaner offenbar kräftig auf die Bremse. In der Industrie, in der Baubranche und bei den Erzeugerpreisen gehen die Kennziffern unerwartet stark zurück.
Die deutschen Unternehmen haben ihre Produktion im Mai überraschend gedrosselt - und das gleich so stark wie seit zwei Jahren nicht mehr. Industrie, Baubranche und Energie-Erzeuger senkten ihren Ausstoß insgesamt um 1,8 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte.
Der Rückgang erwischt Konjunkturexperten auf dem falschen Fuß: Im Vorfeld befragte Ökonomen hatten bestenfalls mit einer Stagnation gerechnet, nach einem Minus von 0,3 Prozent im April. "Die Rückgänge sind zum erheblichen Teil auf Brückentagseffekte zurückzuführen, da der 1. Mai auf einen Donnerstag fiel", erklärte das Ministerium.
Analysten sehen mehr als nur saisonale Kalendereffekte: "Das ist überraschend schwach", fasste der Ökonom der Berenberg Bank, Christian Schulz, seine Eindrücke zusammen. Zwar hätten bereits Konjunkturbarometer wie der Ifo-Index und der Einkaufsmagerindex auf eine Abschwächung im zweiten Quartal hingedeutet. "Aber der Rückgang der Produktion in den vergangenen Monaten ist doch wesentlich stärker als gedacht." Insgesamt bleibt jedoch auch Schulz optimistisch. Die Wirkung von Feiertagen dürfte in den kommenden Monaten korrigiert werden. "Es deutet alles auf ein kräftiges Wachstum der deutschen Wirtschaft hin."
Skeptischer äußerte sich Andreas Scheuerle. "So ganz allmählich entwickelt sich das zweite Quartal zu einer Riesenenttäuschung", erklärte der Dekabank-Ökonom. "Der Mai brachte bislang erneut schwache Einzelhandelsumsätze, sinkende Auftragseingänge und nun auch einen merklichen Einbruch der Produktion."
Knapp fünf Prozent Minus am Bau
Auch wenn "Einiges davon" auf fehlende Arbeitstage im Zusammenhang mit den erwähnten Brückentagen zurückgehe und nachgeholt werden wird, betonte Scheuerle jedoch, dass "diese Impulse" im zweiten Quartal "fehlen". "Die grundsätzlich gute Verfassung der deutschen Konjunktur steht aber unverändert nicht infrage. Schon das kommende dritte Quartal dürfte wieder stark ausfallen."
Im Mai waren auch die Industrieaufträge mit 1,7 Prozent überraschend deutlich gesunken. Dazu könnten "auch geopolitische Ursachen beigetragen haben", betonte das Ministerium - offensichtlich mit Blick auf die Krise und Konflikte in der Ukraine und im Irak. "Die Stimmungsindikatoren und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen insgesamt sprechen jedoch dafür, dass sich der Aufschwung im Produzierenden Gewerbe nach einem schwächeren zweiten Quartal im weiteren Jahresverlauf fortsetzen wird."
Die Industrie senkte ihre Produktion im Mai um 1,6 Prozent. Dabei meldeten die Hersteller von Vorleistungsgütern wie Chemikalien ein Minus von 3,0 Prozent, während die Konsumgüterbranche 3,5 Prozent weniger herstellte.
Die Produzenten von Investitionsgütern wie Maschinen und Anlagen meldeten dagegen ein leichtes Wachstum von 0,3 Prozent. Die Bauproduktion schrumpfte um 4,9 Prozent. Die Energieversorger fuhren ihre Erzeugung um 1,0 Prozent hoch.
Quelle: ntv.de, mmo/rts