Lange Schatten aus Europa WM berührt Rand nur am Rand
11.06.2010, 06:00 UhrDie Fußball-WM in Südafrika beschert dem Schwellenland an den Devisenmärkten ungewohnt viel Aufmerksamkeit. Analysten sehen die Perspektiven der Landeswährung allerdings mit Sorge. Über Umwege macht die Schuldenkrise dem Rand schwer zu schaffen.

Europas Spuren, allgegenwärtig: Die Scheine mit dem Elefanten stellt die "Suid-Afrikaanse Reserwebank" aus.
Die Chancen auf ein Zusammentreffen der südafrikanischen Fußballmannschaft mit den Teams aus Griechenland oder Portugal sind bei der am Freitag beginnenden Weltmeisterschaft eher gering. Doch könnte ein solches Spiel neben den sportlichen Aspekten einen besonderen Reiz entfalten. Denn es sind die Haushaltsprobleme der beiden hoch verschuldeten südeuropäischen Staaten, die bei Anlegern indirekt auch den Südafrikanischen Rand in Misskredit gebracht haben. Analysten sehen die wichtigste Währung Afrikas wegen der wachsenden Risikoscheu der Investoren in der Defensive. "Eine nachlassende Risikoneigung an den Finanzmärkten wird den Südafrikanischen Rand belasten", prognostiziert Helaba-Analyst Christian Apelt.
Der Rand gilt am Devisenmarkt als eine etablierte Währung aus den Schwellenländern und dient deshalb als Anlage bei so genannten hochriskanten Carrytrades. Dabei leihen sich Investoren in Ländern mit niedrigen Leitzinsen wie Japan oder den USA Geld und legen es in Hochzinswährungen wie dem Rand an. Der Leitzins in Südafrika liegt aktuell bei 6,5 Prozent, die Inflationsrate bei rund fünf Prozent. "Der wichtigste Einflussfaktor für den Rand-Kurs ist die Risikoneigung an den Finanzmärkten", erläutert Devisenanalyst Lutz Karpowitz von der Commerzbank. "Weil Carrytrades für die Währung eine wichtige Rolle spielen, reagiert sie häufig auf Änderungen der Risikoneigung, ohne dass es Nachrichten aus Südafrika selbst gibt."
Genau dies ist zuletzt geschehen, als die europäische Schuldenkrise Investoren in aller Welt tief verunsicherte. Gefragt waren als sicher geltende Währungen wie Dollar, Yen und Schweizer Franken, während Positionen in Hochzinswährungen aufgelöst wurden. In den vergangenen Monaten wurden für den Dollar zeitweise knapp acht Rand gezahlt. Seitdem geht der Wert der südafrikanischen Währung zurück: Am Donnerstag lag der Dollar bei 7,69 Rand. Offenbar war das Misstrauen der Investoren gegenüber dem Euro aber noch größer, denn der Rand wertete zuletzt gegenüber der Gemeinschaftswährung auf: Vor einem halben Jahr lag der Euro noch bei knapp elf Rand. Zuletzt kostete ein Euro 9,33 Rand.

Beruhigungsmittel für die Hosentasche: Krügerrand-Münzen sind etwas handlicher als die 100-Gramm-Barren im Hintergrund.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
"Der Rand hat sich zuletzt schon recht ordentlich entwickelt, es ist aber fraglich ob sich dies so fortsetzt. Wir raten, die Bestände zu halten", lautet die Einschätzung von DZ-Bank-Analyst Alexander Weiß. Die südafrikanische Währung erfreue sich hierzulande auch bei Privatanlegern einer gewissen Beliebtheit, wozu auch die Bekanntheit der Goldmünze Krügerrand beitrage.
Neben der Risikoeinschätzung von Investoren bestimmt auch die Entwicklung an den Rohstoffmärkten den Rand-Kurs. Zwar ist Südafrika in der Goldförderung nicht mehr so dominierend wie einst. Doch dem Helaba-Experten Apelt zufolge machen die Ausfuhren von Industrie- und Edelmetallen rund 40 Prozent der südafrikanischen Exporte aus. Deshalb gilt der Rand - wie etwa auch der Australische Dollar - als so genannte Rohstoffwährung, deren Kurs mit anziehenden Preisen für Gold oder Kupfer steigt. Fallen jedoch die Rohstoffpreise, sinken die Exporteinnahmen und der Rand kommt unter Druck. Apelt zufolge ist der Rand daher "recht risikoreich", ermögliche phasenweise aber hohe Erträge.
Unter den Augen der Welt
Die erste Fußball-WM auf afrikanischem Boden wird Einschätzung der Experten den Rand-Kurs kaum beeinflussen. "Die kurzfristigen Ausgabeneffekte etwa für neue Stadien und den Ausbau der Infrastruktur dürften bereits in den Kursen berücksichtigt sein", sagt Weiß. Der WM-Effekt könnte Experten zufolge sogar negativ ausfallen. Der Grund ist das gesteigerte Medieninteresse, so dass Meldungen zur hohen Kriminalität oder großen Armut verstärkt wahrgenommen würden und damit Unsicherheit schürten.
"Wir sind für die Zukunft wegen der Probleme des Landes zurückhaltend", sagt Weiß. "Wenn es nicht zu wesentlichen Fortschritten im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit sowie der wachsenden Verarmung und Benachteiligung kommt, kann dies zu politischen Risiken führen." Apelt weist auf Engpässe in der Stromversorgung hin. Für Skepsis unter Investoren sorgt nach Ansicht von Karpowitz auch, dass nach dem Amtsantritt von Notenbank-Chefin Gill Marcus Ende 2009 ein Fragezeichen hinter der Unabhängigkeit der Zentralbank steht.
Die Südafrikaner werden jedoch in den nächsten Wochen nur Gedanken für das Thema Fußball haben. Im ersten Spiel am Freitag geht es gegen Mexiko, dessen Wirtschaft zuletzt keine negativen Schlagzeilen produziert hat.
Quelle: ntv.de, Stefan Schaaf, rts