Planung für Zeit nach der Krise Warnung vor zu frühem Ausstieg
04.09.2009, 11:50 Uhr
Dominique Strauss-Kahn fordert eine internationale Koordination.
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Der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, hat vor einem zu schnellen Ausstieg aus den Konjunkturprogrammen von Regierungen und Notenbanken gewarnt. Es sei zwar die Verpflichtung der Politiker, bereits jetzt Exit-Strategien zu entwickeln, sagte der Franzose auf einer Bundesbank-Veranstaltung in Berlin. "Angesichts der hohen und dauerhaften Kosten der Arbeitslosigkeit sollten die Verantwortlichen auf Nummer sicher gehen und nicht die Erholung gefährden." Dabei forderte er eine internationale Koordination.
Die Weltwirtschaft erhole sich derzeit von der schwersten Rezession seit Jahrzehnten, sagte Strauss-Kahn weiter. Die Erholung dürfte aber vergleichsweise träge ausfallen. "Es gibt Risiken, dass sie ins Stocken gerät - obwohl glücklicherweise diese Risiken zu schwinden scheinen." Allerdings dürfte die Arbeitslosigkeit im kommenden Jahr weiter steigen, und es bestehe die Gefahr, dass auch bei einer Erholung keine Stellen geschaffen würden.
Strauss-Kahn mahnte weitere Anstrengungen zur Sanierung des Finanzsektors an. So kämen auf die Banken weitere Belastungen zu, wenn die Insolvenzen ansteigen. Die Entwicklungen am Markt für Gewerbeimmobilien seien ein besonderer Grund zur Sorge. Die Reformen kämen nicht schnell genug voran, um die Probleme zu lösen, die im Zuge der Krise entstanden seien.
"Gewaltige Unsicherheiten"

Axel Weber verlangt eine Reform der Finanzarchitektur.
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Nach Ansicht von Bundesbankchef Axel Weber ist die Weltwirtschaft trotz der konjunkturellen Erholung noch lange nicht über den Berg. "Die globale Rezession läuft aus, doch es bleiben gewaltige Unsicherheiten", warnte Weber. Die Krise sei nicht vorbei.
Mit Blick auf den in diesem Monat anstehenden G20-Gipfel forderte Weber, den "derzeitigen politischen Schwung" für eine Reform der Finanzarchitektur zu nutzen. Das System müsse weniger anfällig für "spekulative Übertreibungen" werden, sagte Weber. Im Kreis der 20 großen Industrie- und Schwellenländer (G20) will die EU darauf dringen, dass die bisherigen Beschlüsse zur Reform der Finanzmärkte vollständig umgesetzt werden. Dabei geht es vor allem um das Ziel, Finanzprodukte und -akteure stärker zu regulieren. Zudem will die EU die Debatte über die Ausstattung der Banken mit Eigenkapital vorantreiben.
Klare Ausstiegsstrategie der EZB
Unterdessen dürfte die Rückführung der geldpolitischen Maßnahmen zur Stützung der Finanzmärkte durch die Europäische Zentralbank (EZB) nach Worten ihres Präsidenten Jean-Claude Trichet problemlos vonstattengehen. "Die unkonventionellen Maßnahmen der EZB wurden mit einer Ausstiegs-Strategie im Hinterkopf angelegt", sagte Trichet in Frankfurt. So würden einige Maßnahmen ohnehin mit der Zeit auslaufen. Bei anderen geldpolitischen Operationen sei das Volumen und deren Ausgestaltung sorgfältig gewählt worden, so dass ein "sanfter" Ausstieg möglich sei.

Jean-Claude Trichet hat die Gewährung der Preisstabilität im Blick.
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Trichet unterstrich, dass der Begriff "Ausstiegsstrategie" lediglich auf die Liquiditätspolitik der EZB bezogen sei, nicht aber auf die Zinspolitik der Notenbank. Zudem bekräftigte der EZB- Präsident, es sei verfrüht, die Finanzkrise als beendet anzusehen. Entsprechend sei es nicht an der Zeit, die umfangreiche Versorgung der Geschäftsbanken mit Zentralbankgeld zu beenden. Dennoch betonte Trichet, die EZB verfüge über eine klare Ausstiegsstrategie. "Wir sind bereit, aktiv zu werden, sobald die Zeit reif ist." Die unkonventionellen Maßnahmen würden zurückgeführt, wenn sich die Gesamtsituation normalisiert habe.
Trichet unterstrich zudem, dass das primäre Ziel der EZB nach wie vor die Gewährleistung von Preisstabilität sei. Würden unkonventionelle Maßnahmen eine Bedrohung dieses Ziels darstellen, würden sie umgehend beendet. Auf der anderen Seite könnten aber Maßnahmen, die keine Bedrohung für die Preisstabilität darstellten, beibehalten werden, solange die Spannungen an den Finanzmärkten anhielten.
Quelle: ntv.de, wne/rts