Wirtschaft

"Faktoren der Unsicherheit" Warum es für deutsche Firmen in China immer schwieriger wird

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Das Umfeld für deutsche Firmen in China wird rauer. Die Bundesregierung will Deutschland unabhängiger machen, der Handelskonflikt gewinnt an Schärfe. Was sich für deutsche Unternehmen geändert hat, erklärt Sabine Stricker-Kellerer. Die Rechtsanwältin berät mit ihrer Kanzlei SSK Asia seit vielen Jahren europäische Firmen, die in China Geschäfte machen.

ntv.de: Die Bedingungen in China haben sich vor allem in den vergangenen zehn Jahren dramatisch verändert. Was müssen deutsche Unternehmen, die in China tätig sind, heutzutage anders machen?

Vor zehn Jahren konnten sie linear denken. Da hatten wir viele Jahre des linearen Wachstums. Man konnte auch in der Entwicklung der eigenen Geschäftsaktivitäten linear weiterdenken. Doch in den letzten zehn Jahren hat die Entwicklung eine Kurve genommen, sie verläuft nicht mehr gradlinig. Die Unternehmen haben mit viel mehr Unwägbarkeiten zu kämpfen, auch durch die Politik der Kommunistischen Partei. Auch geopolitische Faktoren beeinflussen nun das Tagesgeschäft. Außerdem sind die chinesischen Wettbewerber sehr viel stärker geworden, sie machen mehr Druck. All das sind Faktoren der Unsicherheit. Hinzu kommt: Können Sie Daten mit den Standorten außerhalb Chinas frei austauschen oder stoßen sie damit an die Grenzen der nationalen Sicherheit und unterliegen damit Restriktionen? Unternehmen müssen sehr viel mehr Zeit aufwenden, überhaupt ihr Umfeld neu zu definieren, in dem sie sich geschäftlich bewegen.

Wie attraktiv ist dieser Markt dann noch für deutsche Unternehmen?

Der Markt ist immer noch sehr attraktiv. Es gibt kein zweites China. Aber auch in der Volksrepublik wachsen die Bäume nicht in den Himmel, auch ihre Wirtschaft wächst nicht mehr rapide. Die Unternehmen sind noch gerne hier und sie verdienen hier noch gutes Geld. Aber sie müssen einfach ein Stück weiterdenken und überlegen, in welche Risiken, in welche Gefahren sie sich begeben.

Die Bundesregierung setzt auf so genanntes De-Risking. Es geht darum, sich unabhängiger von China zu machen. Was halten Sie von dieser Strategie?

Die Strategie ist zukunftsweisend. Wir reden ja nicht von Entkoppelung, sondern von einer Risikoreduzierung. Jedes Unternehmen muss seine Risiken immer wieder in den Strategiesitzungen oder in der Risikoanalyse neu bewerten. Und das ist bei den China-Projekten in den Vordergrund getreten, weil es eben andere Risiken sind als nur die marktwirtschaftlichen, nur die betriebswirtschaftlichen oder volkswirtschaftlichen. Es kommen parteipolitische und geopolitische Risiken hinzu.

Wie gehen die deutschen Unternehmen damit um?

Die deutsche China-Strategie gibt es seit einem Jahr, und auch vorher wurde schon über De-Risking gesprochen. Die Unternehmen durchforsten ihr Portfolio in aller Ruhe und schauen: Wo gibt es zu viel Exposure, zu viel Hinwendung zum chinesischen Markt? Wo haben wir hier investiert - in Bereichen, die nicht zukunftsträchtig sind? Gibt es andere Bereiche, die sich anbieten? Wie stark sind wir technologisch abhängig oder wie weit sind unsere chinesischen Tochterunternehmen unabhängig genug, um einen Sturm zu überstehen?

Wie wird sich das weiterentwickeln? Die Spannungen zwischen dem Westen und China nehmen ja zu.

Es wird immer schwieriger. Vor zehn, zwanzig Jahren haben Unternehmen politische und geopolitische Risiken nicht so sehr berücksichtigen müssen. Das wird bestimmt nicht leichter. Wir hoffen, dass etwas von der Globalisierung übrig bleibt. Doch vielleicht gibt es in Zukunft eher eine Regionalisierung.

Mit Sabine Stricker-Kellerer sprach Clara Pfeffer

Quelle: ntv.de

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