Wirtschaft

Deutschland drohen Rückfälle Weber wittert Schwäche

Die deutsche Wirtschaft bleibt nach Einschätzung der Deutschen Bundesbank auf Erholungskurs. Die Experten des Hauses verfolgen die Erholung allerdings mit skeptischen Blicken. Nicht unerhebliche Anzeichen deuten darauf hin, dass nach dem harten Konjunktureinbruch noch längst nicht alle Probleme gelöst sind.

"Deutlich abgeschwächter Dynamik": Bundesbank-Chef Axel Weber (Archivbild).

"Deutlich abgeschwächter Dynamik": Bundesbank-Chef Axel Weber (Archivbild).

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die Dynamik der deutschen Wirtschaft hat sich nach Einschätzung der Deutschen Bundesbank "deutlich" abgeschwächt. Steigende Exporte hätten die Konjunktur zwar auch im vierten Quartal gestützt, heißt es im aktuellen Monatsbericht. Der private Konsum sei jedoch erneut kräftig gesunken. "Darauf deuten jedenfalls die stark rückläufigen Kraftfahrzeugzulassungen und die eher schwachen Einzelhandelsumsätze hin."

Der Erholungsprozess scheine im Kern intakt zu sein, berichtete die Notenbank in ihrem am Montag veröffentlichten Monatsbericht. Dies beruhe auf steigenden Exporterwartungen sowie zunehmenden Bestellungen in Teilen der Industrie, die nicht direkt mit der Automobilfertigung zusammenhängen. Allerdings gingen derzeit von der Binnenkonjunktur eher dämpfende Einflüsse aus. 2009 war die Wirtschaftsleistung in Deutschland nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes um 5,0 Prozent eingebrochen.

Die Auslandsnachfrage habe auf die exportabhängige deutsche Industrie zuletzt stützend gewirkt, hieß es in dem Monatsbericht. Hingegen dürften die Ausgaben der privaten Haushalte zum Jahresende trotz des noch weitgehend intakten Konsumklimas erneut deutlich zurückgegangen sein.

Die Kälte nach den Strohfeuern

Auch von Unternehmen seien keine entscheidenden Impulse gekommen: "Die nicht weiter gestiegenen Aufträge, die gesunkenen Einfuhren sowie die unterbrochene Aufhellung der mittelfristigen Geschäftserwartungen lassen vermuten, dass die durch das Auslaufen der staatlichen Umweltprämie bedingten Nachfrageverluste für die Industrie in näherer Zukunft nicht vollständig ausgeglichen werden."

Nach dem Ende der Abwrackprämie seien die Autoverkäufe merklich zurückgegangen. Diesen Nachfrageverlust werde die Industrie auch in näherer Zukunft nicht ausgleichen können. Nach ersten Schätzungen des Statistischen Bundesamtes hat das Bruttoinlandsprodukt von Oktober bis Dezember stagniert. Im dritten Quartal hatte es noch ein Wachstum von 0,7 Prozent gegeben. Für den Jahresbeginn droht Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle zufolge ebenfalls Stagnation.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) macht für den schleppenden Jahresauftakt den harten Winter verantwortlich, der die Arbeiten auf vielen Baustellen zum Erliegen gebracht hat.

Zahl der Firmenpleiten überrascht

Entgegen der offiziellen Statistik dürfte die Zahl der deutschen Firmenpleiten im Krisenjahr 2008 laut Bundesbank weiter gesunken sein. Die Experten der Bundesbank gehen in ihrem Monatsbericht davon aus, dass die Unternehmen die Krise im Jahr der Lehman-Pleite nicht so stark zu spüren bekamen wie zunächst befürchtet.

So habe die reale Bruttowertschöpfung - also der Gesamtwert der Produktion abzüglich der Vorleistungen - im Gleichschritt mit dem Bruttoinlandsprodukt um 1,25 Prozent zugelegt. Vorleistungen sind die während der Fertigung verbrauchten und verarbeiteten Waren und Dienstleistungen. Die Bundesbank schließt aus den positiven Daten, dass die Zahl der Pleiten 2008 noch nicht gestiegen ist.

"Vor diesem Hintergrund dürfte die Zahl der Unternehmensinsolvenzen, die erfahrungsgemäß erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung auf den Konjunkturzyklus reagieren, 2008 nochmals deutlich zurückgegangen sein", erklärten die Bundesbanker. Dieser Befund spiegele sich in der amtlichen Statistik, die einen Anstieg der Firmenpleiten um 0,5 Prozent ausweist, jedoch wegen "Erfassungsproblemen" nicht wider.

Die Bundesbank verweist dabei auf einen statistischen Verzerrungseffekt, da Nordrhein-Westfalen die Insolvenzfälle des Jahres 2007 erst Anfang 2008 nachgemeldet hatte. "Ohne Nordrhein-Westfalen gerechnet, ergibt sich für 2008 ein Rückgang um 4,5 Prozent", heißt es im Monatsbericht.

Die Krise verschlingt die Gewinne

Insgesamt hat der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise in den Bilanzen der deutschen Unternehmen 2008 nach Berechnungen der Bundesbank noch keine tiefen Löcher gerissen. "Alles in allem hat sich die im Herbst 2008 zuspitzende Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahresabschlüssen des Jahres 2008 noch nicht sehr stark niedergeschlagen", teilte die Bundesbank mit. Sie stützt sich bei ihren Berechnungen auf die Jahresabschlüsse von 24.000 Unternehmen aus dem Produzierenden Gewerbe, Handel, Verkehr und unternehmensnahen Dienstleistungen.

Die Firmen konnten demnach in dem Krisenjahr ihr Eigenkapital sogar um sieben Prozent steigern. Wegen anziehender Rohstoffkosten und Abschreibungen auf Wertpapiere im Zuge der Krise sanken die Gewinne der Unternehmen allerdings erstmals seit 2003: "Das für die erfassten Sektoren ausgewiesene Jahresergebnis vor Gewinnsteuern ging um 6,5 Prozent zurück, nachdem es im Zeitraum 2004 bis 2007 um nicht weniger als 75,5 Prozent zugenommen hatte", schrieben die Bundesbanker in ihrem Monatsbericht.

Das dicke Ende kommt noch

Obwohl die Unternehmen das Krisenjahr 2008 besser als erwartet bewältigt haben, sieht die Bundesbank keinen Grund zur Entwarnung: "In den Gewinn und Verlustrechnungen sowie in den Bilanzen für das Geschäftsjahr 2009 werden die schwere Rezession in Deutschland und in den wichtigen Exportnationen sowie die Turbulenzen an den Finanzmärkten mit Sicherheit tiefere Spuren hinterlassen als im Berichtsjahr."

Angesichts des "beachtlichen Ertragsniveaus" und des gestärkten finanziellen Polsters dürften die meisten Firmen die Krise jedoch besser durchstehen als in der Schwächephase zu Beginn des vorigen Jahrzehnts.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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