Operation Irland Wie dicke kommt es?
21.11.2010, 13:49 UhrÜber Irlands Finanzen sollte sich demnächst der Nebel lichten. Bis es so weit ist, darf weiter über mögliche Größen eines Rettungsschirms spekuliert werden. Das Kabinett in Dublin berät derweil über einen Sparplan, um das Rekorddefizit zu bekämpfen. Die internationalen Hilfen werden sich hieran orientieren. Gewissheit gibt es dann Anfang der Woche.
Das irische Kabinett kommt heute zu einer Sondersitzung zusammen, um abschließend über ein Vier-Jahres-Sparpaket zu beraten, wie ein Sprecher von Premierminister Brian Cowen mitteilte. Die Details des Vierjahresplanes, der nach früheren Angaben von Finanzminister Brian Lenihan Einsparungen von mindestens 15 Mrd. Euro bei den öffentlichen Ausgaben beinhaltet, soll nach den Worten von Agrarminister Brendan Smith, "Anfang kommender Woche" vorgestellt werden.
Der Plan soll aufzeigen, wie das Rekord-Staatsdefizit von derzeit 32 Prozent bis 2014 auf die in der Eurozone erlaubten drei Prozent gedrückt werden soll. Erst danach wird erwartet, dass Details über das Hilfspaket bekanntwerden, welches Experten von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) gegenwärtig mit irischer Regierung und irischer Notenbank verhandeln. Die Gespräche laufen noch.
Schelte von der EZB: EU hat geschlafen

Lorenzo Bini Smaghi legt den Finger in die Wunde. Hat Europa die Warnsignale nicht erkannt?
(Foto: REUTERS)
Das Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank, Lorenzo Bini Smaghi, warf unterdessen in einem Interview mit der "Welt am Sonntag" den Euro-Ländern vor, den Iren nicht genug auf die Finger geschaut zu haben. Die Probleme hätten sich bereits im Sommer angedeutet. Die Iren hätten die Herausgabe wichtiger Zahlen verzögert, ohne dass die EU-Partner dies moniert hätten, beklagte Bini Smaghi, ohne Einzelheiten zu nennen.
Der irische Zentralbankchef hatte am Donnerstag eingeräumt, es gehe um einen Kredit von "mehreren zehn Mrd. Euro". Lenihan hatte am Freitag erstmals zugegeben, dass das marode irische Bankensystem Geld von außen braucht. Zuvor hatte Dublin stets den Standpunkt vertreten, Irland könne seine Probleme alleine lösen. Irland hat zur Rettung seines überdimensionierten Bankensystems bereits 35 Mrd. Euro ausgegeben, mindestens 15 weitere sind notwendig.
"Großer" oder "kleiner" Regenschirm?
Nach Informationen des Magazins "Spiegel" werden derzeit Hilfsmaßnahmen in einer Größenordnung von 100 Mrd. Euro für Irland vorbereitet. Andere Medien berichten von einem Volumen von bis zu 120 Mrd. Euro. Die Mittel sollen im Wesentlichen aus dem europäischen Rettungsschirm kommen. Laut "Spiegel" wird neben einer großen Lösung auch über eine kleinere Variante im Umfang von 45 bis 50 Mrd. Euro diskutiert - dann würde der Rettungsschirm nur über die taumelnden irischen Banken gespannt, wie die Iren selbst das für richtig halten.
Angriff auf irische Niedrigsteuer
Die Regierung um Ministerpräsident Brian Cowen fürchtet bei einer groß angelegten Rettung eine Einmischung anderer Länder vor allem in ihre Steuerpolitik. Viele Länder sehen die niedrige Körperschaftssteuer in Irland, mit der das Land Investoren aus aller Welt anlockt, als Wettbewerbsverzerrung in der Eurozone an. Die Finanzminister der 16 Euro-Länder drängten Irland zur Annahme der Hilfe, um die Märkte zu beruhigen und die "Ansteckungsgefahr" für andere Euro-Länder wie Portugal und Spanien zu mindern.
Bini Smaghi warnte in der "Welt am Sonntag" davor, dass eine Rettung Irlands immer teurer werden würde, je länger sie heraus gezögert würde: "Dieses Risiko wächst in der Tat mit der Zeit, das haben wir schon bei Griechenland gesehen", sagte er. Außerdem stiegen die Ansteckungsgefahren innerhalb der Eurozone: "Wenn die Finanzmärkte sehen, dass sich Europa schwertut, einen Problemfall schnell zu lösen, könnten sie sich das nächste Opfer aussuchen."
Bestätigung für Großbritannien
Der Außenminister des nicht zur Euro-Zone gehörenden Großbritannien, William Hague sicherte Irland abermals Hilfe zu. Er stellte bei der Gelegenheit aber die Gemeinschaftswährung insgesamt infrage. Es sei "nicht möglich vorherzusagen, ob die Währung kollabiert", sagte Hague. "Niemand hat über die Jahre mehr auf die Probleme hingewiesen als ich, die es mit sich bringt, wenn man eine Währung hat, in der wir die Wechselkurse und Zinssätze von Ländern mit völlig unterschiedlichen Volkswirtschaften zusammensperren."
Quelle: ntv.de, dpa/DJ