Microsoft lenkt ein Windows ohne IE
12.06.2009, 14:55 UhrIn Europa wird das kommende Betriebssystem Windows 7 ohne den Internet Explorer ausgeliefert. Im Streit mit den EU-Wettbewerbshütern hat der Software-Gigant Microsoft damit eingelenkt. Bei der Europäischen Union bleibt man dennoch skeptisch.
Im Streit um seinen Internet Explorer hat der Softwareriese Microsoft eine abrupte Kehrtwende vollzogen und will die neueste Version seines Betriebssystems Windows in Europa nun ohne den Browser verkaufen. Der seit Jahren mit der EU-Kommission im Konflikt liegende US-Konzern präsentierte seinen Strategiewechsel kurz vor einer Entscheidung der Brüsseler Wettbewerbshüter. Dem weltgrößten Computerkonzern wird vorgeworfen, mit der bisher üblichen Integration des Explorers in Windows seine Marktmacht zu missbrauchen. Die EU-Kommission hatte Microsoft aber nahegelegt, mehrere der für das Surfen im Internet benötigten Browser zur Auswahl zu stellen. Europas Kartellwächter reagierten nun eisig auf Microsofts neue Pläne.
Der Internet Explorer werde in Europa sowohl PC-Herstellern als auch Nutzern separat angeboten, anstatt den Browser in "Windows 7" zu integrieren, hieß es auf der Microsoft-Webseite. Hintergrund dafür sei das anhängige Verfahren. Bisher hatte Microsoft argumentiert, der Browser sei ein wesentlicher Bestandteil von Windows und dürfe nicht herausgelöst werden. "Windows 7" soll noch in diesem Jahr in die Läden kommen.

Im Oktober soll die neuste Windows-Version auf den Markt kommen.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Zur neuen Strategie des Softwaregiganten äußerte sich die EU-Kommission nun kritisch: "Microsoft hat sich offenbar entschieden, die Endverbraucher mit einer Windows-Version ganz ohne Web-Browser zu beliefern", hieß es in einer Stellungnahme der Kommission. Anstatt mehr Auswahl zur Verfügung zu stellen, habe sich der Konzern anscheinend für weniger entschieden. Allerdings hielt die Kommission positive Effekte bei den Computerherstellern für möglich: Diese könnten nach dem Vorschlag von Microsoft offenbar zwischen dem Explorer und anderen Browsern für die Installierung auswählen, hieß es.
Konkurrenzprodukte mitliefern
Dennoch könnten die Wettbewerbshüter Microsoft immer noch zur eigentlich angestrebten Integration mehrerer Browser zwingen - eine Maßnahme, die Microsoft unbedingt verhindern will. Beschwerden von Rivalen wie Mozilla, Opera und Google hatten die EU-Prüfung in Gang gesetzt. Die Kommission will jetzt EU-Kreisen zufolge überprüfen, zu welchen Bedingungen Windows verkauft wird. Wenn die Kunden dadurch weiterhin keine Wahl hätten, wäre demnach eine Strafe wegen des Missbrauchs einer dominanten Marktstellung noch immer möglich.
Von der jüngsten Ankündigung Microsofts zeigte sich Konkurrent Opera enttäuscht. Das Vorhaben reiche nicht aus, um den Wettbewerb wiederherzustellen, erklärte der norwegische Konzern am Freitag. Opera hält einen Anteil von vier Prozent bei der weltweiten Browser-Nutzung, die Microsoft mit dem Explorer zu rund 60 Prozent kontrolliert. Auf Platz zwei folgt dem Marktforscher StatCounter zufolge Firefox von Mozilla, über den 30 Prozent des Web-Verkehrs laufen. Google und Apple liegen mit ihren Browsern Chrome und Safari noch hinter Opera.
Microsoft streitet sich seit Jahren mit Wettbewerbshütern über die Anwendungen, die in das fast allgegenwärtige Windows integriert werden dürfen. Das Betriebssystem läuft auf 90 Prozent aller PCs weltweit. In den vergangenen fünf Jahren hat die EU-Kommission Strafen in Höhe von mehr als zwei Milliarden Dollar gegen Microsoft wegen eines ähnlichen Streits über den Windows Media Player verhängt, mit dem Filme und Musik abgespielt werden.
Quelle: ntv.de, rts