RTL Group diskutiert Medienregulierung "Wir sind an einem Scheideweg"
20.09.2012, 17:01 Uhr
130 Vertreter aus unterschiedlichen Bereichen nahmen an der Veranstaltung "360° Expert Meeting on Convergent Regulation" teil.
Wie kann ein zukunftssicheres regulatorisches Rahmenwerk den fairen Wettbewerb zwischen allen Mediendiensten in der digitalen Welt absichern? Dieser Frage stellten sich vergangene Woche rund 130 Gäste auf einem hochrangig besetzten Expertentreffen zum Thema „Konvergente Regulierung“ in Brüssel, das von der RTL Group, dem Institut für europäisches Medienrecht EMR und der Staatskanzlei Bayern organisiert wurde.
Medienkonvergenz ist durch das Internet als immer wichtigerer Vertriebskanal audiovisueller Inhalte längst Realität. Wurden Print, TV und Radio in der analogen Welt noch getrennt voneinander konsumiert, sind sie im digitalen Zeitalter von ein und derselben Quelle zu beziehen. Dr. Detlef Eckert, Director Media and Data im Generaldirektorat "Connect" bei der Europäischen Kommission, sieht demnach auch massive Veränderungen durch Apple, Google, Facebook & Co auf den Fernsehmarkt zukommen. "Bewegtbildinhalte kommen zunehmend direkt über das Internet auf den Fernsehbildschirm, und das hat natürlich enorme Effekte – denn damit erhält der gesamte Internetbereich Zugang zum Fernseher. Was dies für unser bisheriges Regulierungsgefüge bedeutet ist eine der Fragen, die wir sowohl national als auch auf europäischer Ebene angehen müssen."
"Der Wettbewerb dreht sich schon längst nicht mehr um die Frage, ob das Fernsehen oder das Internet als künftiges Leitmedium anzusehen sind. Man wetteifert um die Gunst des Verbrauchers mit Geräten, die Telekommunikation, Rundfunk und Internet optimal verbinden. Automatisch überlagern sich damit Themengebiete, die man politisch bislang getrennt voneinander betrachtet hat." erläuterte Petra Kammerevert (SPD), Mitglied des Europäischen Parlaments, die zunehmende Komplexität dieser Materie.
Auf vier Podiumsdiskussionen widmeten sich die Experten den Schlüsselthemen, die von Gesetzgeber und Marktteilnehmern angegangen werden müssen, um einen zukunftsfähigen regulatorischen Rahmen zu schaffen, der den Anforderungen und Erwartungen einer konvergenten Welt standhält. Hierzu zählten unter anderem der Zugang zu Infrastrukturen und die wachsende Bedeutung von EPGs und Portalen auf Startbildschirmen internetfähiger Fernsehgeräte, da diese zunehmend über den Zugang zu und die Verfügbarkeit von bestimmten Medien entscheiden. Gleichzeitig kamen die Expertenrunden zu dem Schluss, dass Regulierung nicht nur die Beschränkung bestimmter Medien bedeuten kann, sondern auch ein politisches Klima schaffen muss, in dem Medienmärkte regulativ unterstützt werden. Es herrschte Einstimmigkeit über alle Podien hinweg, dass die Politik in dieser Hinsicht handeln müsse.
Fairer Interessenausgleich
"Die konvergente Mediennutzung führt in vielen Bereichen zu regulatorischen Herausforderungen.", so Prof. Dr. Wolfgang Schulz, Direktor des Hans-Bredow-Instituts in Hamburg. "Wir müssen hinterfragen, ob wir eigentlich faire Wettbewerbsbedingungen zwischen dem Bereich des Fernsehens, der traditionell stark reguliert wird, und den neuen Akteuren überwiegend aus dem Internet, bei denen eine solche Regulierung bislang nicht stattfindet, haben. Hier gilt es intensiv zu betrachten, inwieweit dies gerechtfertigt ist, also ob Anpassungen erforderlich sind oder ob unser heutiges System vielleicht doch auch für das digitale Zeitalter haltbar ist."
Für Rundfunkunternehmen bedeuten diese Herausforderungen die Notwendigkeit einer Grundsatzentscheidung zur künftigen Ausgestaltung von Medienregulierung: "Wir sind an einem Scheideweg, an dem wir einfach nicht mehr vermeiden können, eine deutliche und nachvollziehbare Entscheidung zu treffen. Sind aufgrund der Konvergenz mittlerweile alle Mediengattungen vergleichbar? Dann müssen diese auch unter vergleichbaren Rahmenbedingungen agieren können. Oder gibt es noch Sonderformen von Medien, denen eine besondere Aufgabe in einer digitalen demokratischen Informationsgesellschaft zukommen? In diesem Fall müssen deren Rechte und Pflichten auf allen relevanten Feldern sinnvoll ausgeglichen werden", beschrieb Anke Schäferkordt, Co-CEO der RTL Group, die Schlüsselfrage des Expertentreffens.
Auch dem in der Öffentlichkeit jüngst besonders kontrovers diskutierten Thema Urheberrecht war eine Diskussionsrunde gewidmet. Im Kern stand dabei die Frage, wie ein fairer Interessenausgleich zwischen Urhebern, Verwertern und Nutzern geschaffen werden kann. "Neue Akteure, die in der Wertschöpfungskette hinzugekommen sind, müssen mit einbezogen werden.", forderte Petra Kammerevert. "Angemessene Vergütung der Schöpfer kreativer Inhalte ohne den Zugang zu Informationen zu beschränken - das ist der Konflikt, der ausgeglichen werden muss."
Quelle: ntv.de, RTL Group