Wirtschaft

CDS-Markt zu Griechenland "Wir sind nicht schuld"

Angeblich massive Spekulationen gegen Griechenland rücken den Markt für Kreditausfallversicherungen (CDS) in den Fokus. Die üblichen Verdächtigen sitzen auf der Anklagebank: Investmentbanken und Hedge-Fonds. Die Branche sieht sich zu unrecht bezichtigt.

Treiben Spekulanten Griechenland mit komplexen Finanzinstrumenten in denn Ruin?

Treiben Spekulanten Griechenland mit komplexen Finanzinstrumenten in denn Ruin?

(Foto: AP)

Die falschen Verdächtigen sieht Jochen Felsenheimer von Assenagon Asset Management S.A. im Zusammenhang mit der Verschuldungskrise in Griechenland bezichtigt. "Hier werden die Wirkmechanismen verwechselt", sagt der Kreditanalyst. Von "spekulativen Attacken" auf das Land über den Markt für "Credit Default Swaps" (CDS) könne nicht die Rede sein. Vielmehr sei es gerade das immense Volumen griechischer Staatsanleihen, das ihre Besitzer, darunter viele deutsche Landesbanken, zur Absicherung in den CDS-Markt zwinge.

Zudem seien diese Produkte allein durch ihre Konstruktion eine Nullsummen-Rechnung, bei dem eine Seite verliert, was die andere gewinnt. Das Netto-Risiko der ausstehenden Kredite werde durch sie nicht erhöht. Auch sei ihr aktuelles Volumen viel zu gering, um den griechischen Bond-Markt zu beeinflussen. Nicht einmal 10,0 Prozent aller Griechen-Bonds seien derzeit durch CDS abgesichert.

Eine Absage erteilt Felsenheimer damit den lauter werdenden Stimmen, der CDS-Markt heize die Krise um Griechenland an. Der Vorwurf lautet hier, "Spekulanten" trieben die Renditeaufschläge für Griechenland über den CDS-Markt in extreme Höhen und erschwerten so die Refinanzierungen. Einige Ökonomen sähen hier sogar spekulative Attacken auf die Zahlungsunfähigkeit des EU-Mitgliedes. Was früher über Wechselkurse stattgefunden habe, wie die Attacke von George Soros gegen das britische Pfund, werde nun in einer Währungsunion über den CDS-Markt umgesetzt, so die beliebten Vorwürfe.

Einer wettet drauf, einer hält dagegen

"Das ist so nicht ganz richtig", sagt Felsenheimer. Eine "spekulative Attacke" über Wechselkurse könne nur dann als solche gewertet werden, wenn Spekulanten Inlandswährung verkaufen und dagegen die Zentralbank durch den Abbau von Währungsreserven zum Ankauf derselben gezwungen werde.

Ganz anders arbeite hingegen der CDS-Markt: Hier positionieren sich zwei unabhängige Marktteilnehmer durch einen Swap-Kontrakt gegenüber der erwarteten Spread-Bewegung. Insgesamt sei dies ein reines Nullsummenspiel - was der eine Kontrahent gewinnt, verliert der andere. Jedem Akteur, der auf eine Ausweitung der Risikoaufschläge (CDS-Spreads) und damit gegebenenfalls einen Ausfall Griechenlands wette, stehe damit ein anderer Akteur gegenüber, der auf eine Spread-Einengung und damit gegen einen Zahlungsausfall setzt.

Das immense Volumen im Umlauf befindlicher griechischer Anleihen zwinge einige Anleihebesitzer allein aus Gründen des Risikomanagements, sich gegen deren Ausfall abzusichern. "Also ist Hedging und weniger Spekulation die Motivation zum Kauf von Griechenland-Versicherung im Kreditderivatemarkt", sagt Felsenheimer. Der Verdacht, es könnten spekulative Attacken über den CDS-Markt durchgeführt werden, komme eher daher, dass der Markt in solchen Situationen vorlaufend sei. Schließlich sei der CDS-Markt liquider als die zugrundeliegenden Kassa-Anleihen.

Zudem machten schon rein wirtschaftlich die Vorwürfe keinen Sinn, Hedgefonds setzten gezielt auf einen Kreditausfall Griechenlands. Sollte Griechenland zum Beispiel die Kuponzahlung auf bestehende Anleihen für zwei Jahre aussetzen, könnten Bond-Halter dies durchaus akzeptieren, weil die Anleihe an sich erhalten bleiben würde. Verbunden mit einem glaubhaften Restrukturierungsprogramm im Lande dürften sie die Anleihen weiter im Bestand halten.

"Failure-to-Pay"

Am CDS-Markt würde dies dagegen ein "Default"-Ereignis auslösen. Wegen "Failure-to-Pay" für den Zinskupon würden die Kreditversicherungen damit zur Auszahlung fällig werden. Ob damit jedoch ein großes Geschäft zu machen wäre, zweifelt Felsenheimer an: "Dann gibt es zuerst eine Auktion und die Verwertungsquote wird festgestellt". Sollten die Griechen-Bonds dann zum Beispiel von 100 Prozent auf 99 Prozent  zurückfallen, würde der Versicherungskäufer, also der CDS-Halter, eine "Versicherungszahlung" von 100 Prozent Nominalwert minus 99 Prozent Verwertungswert erhalten - also nur 1,0 Prozent des Nominalwertes der Anleihe. Für diesen Minimalgewinn aber monatelang eine Versicherungsprämie zu zahlen, lohne sich nicht, so der Analyst.

Ähnliches habe sich bereits in den USA beim Scheitern der US-Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac gezeigt. Beide Recovery Rates lagen dank des Einstiegs des Staates weit über 90 Prozent. "Der Kauf von Protection brachte nichts", so Felsenheimer. Wirtschaftlich sei damit der rein spekulative Kauf von CDS sinnlos, wenn man nicht auch die abzusichernden Anleihen im Portfolio halte.

Quelle: ntv.de, DJ

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