US-Kreditwürdigkeit herabgestuft Obama verteidigt Schuldenabkommen
07.08.2011, 07:11 Uhr
Obama ruft zu mehr Einigkeit auf.
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Nach dem Verlust der Top-Note "AAA" durch die Ratingagentur Standard & Poor's reagiert nun US-Präsident Obama. Er nennt das Schuldenabkkommen einen "wichtigen Schritt in die richtige Richtung" und ruft zu mehr Einigkeit auf. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Tom Mayer, rechnet mit weiteren Kurseinbrüchen an den Börsen.
Nach der verteidigt Präsident Barack Obama seine Finanzpolitik. Das jüngste Schuldenabkommen sei ein "wichtiger Schritt in die richtige Richtung" gewesen, teilte das Weiße Haus mit. Zugleich räumte Obama aber ein, das wochenlange politische Gerangel habe "zu lange gedauert und hat zeitweise zu viel Uneinigkeit gestiftet". Obama rief zu mehr Einigkeit in der Sparpolitik auf, hieß es. Es war die erste Stellungnahme der Regierung nach der Herabstufung der US-Bonität. Allerdings wurde diese nicht ausdrücklich genannt.
Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hatte erstmals in der Geschichte den USA die Bestnote "AAA" entzogen und die Bonität auf "AA+" abgestuft. Die Agentur begründete dies ausdrücklich mit dem jüngsten Schuldenabkommen. Die angepeilten Einsparungen reichten zur Finanzkonsolidierung nicht aus. Allerdings halten die beiden anderen großen US-Ratingagenturen Moody's und Fitch an der Bestnote fest.
Zugleich kritisierte S&P, der langfristige Ausblick sei negativ. Sollten die USA ihre Schulden nicht in den Griff bekommen, "könnten wir das langfristige Rating innerhalb der nächsten zwei Jahre auf "AA" herabstufen".
Finanzexperten besorgt
Der Schritte löst schwere Sorge aus, dass der Schritt der ohnehin flauen US-Konjunktur weiter schaden könnte. Mit Spannung wird erwartet, wie die Finanzmärkte am Montag reagieren.
Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Tom Mayer, rechnet nach der Herabstufung der Bonitätsnote der USA durch die Ratingagentur Standard & Poor's mit weiteren Kurseinbrüchen an den Börsen. "Schlechte Nachrichten sind immer unangenehm für Märkte", sagte Mayer im Gespräch mit "Bild am Sonntag". Er rechne zwar nicht mit einem weltweiten Börsencrash, aber: "Es könnte Verluste geben."
Bereits in den vergangen Tagen hatte es weltweit erhebliche an den Aktienmärkten gegeben - zumal weiterhin die europäische Schuldenkrise gärt. Weitere Konsequenz eines schlechteren Ratings können höhere Zinsen für die Aufnahme frischen Geldes sein: Die USA müssten dann neben der Tilgung ihrer riesigen Schulden zusätzlich eine wachsende Zinslast schultern.
Ungewöhnlich scharfe . Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua schrieb: "Amerika muss für seine Schuldensucht und das kurzsichtige politische Gezerre bezahlen." Als größter Gläubiger Amerikas habe China jedes Recht zu verlangen, "dass die USA ihre strukturellen Schuldenprobleme in den Griff bekommen und die Sicherheit chinesischer Dollar-Anlagen sicherstellen".
Telefonkonferenzen der EZB und G7
Heute wird zudem mit einer Telefonkonferenz der Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industrienationen (G7) gerechnet. Im Anschluss werde es möglichweise eine Erklärung geben, verlautete aus japanischen Regierungskreisen. Innerhalb der G7 wird diskutiert, das für Mitte September geplante Treffen der Finanzminister vorzuziehen. Auch eine Telefonkonferenz der Europäischen Zentralbank (EZB) wird heute erwartet. Nach Angaben der brasilianischen Regierung wollten sich daneben die stellvertretenden Finanzminister der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer telefonisch zusammenschließen.

Sarkozy will die Lage genau im Blick haben.
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Nach einer ganzen Reihe von Telefonaten führender Eurozonen-Politiker sprach Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der derzeit Vorsitzender der G7 und der G20 ist, am Samstagabend auch mit dem britischen Premierminister David Cameron. Themen sei die Schuldenkrise in Europa und die Bonitätsherabstufung der USA gewesen, teilte ein britischer Regierungssprecher in London mit. Beide Politiker seien sich einig, zusammenzuarbeiten, die Situation genau zu beobachten und in den kommenden Tagen in Kontakt zu bleiben.
Parole: "Klappe halten"
Nach der Herabstufung der USA gibt es nur noch vier führende Industrienationen (G7) mit der Bestnote der Agentur: Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Kanada. Die Bundesregierung wollte sich am Wochenende nicht äußern. "Einfach mal die Klappe halten" wäre ein gutes Motto der Stunde, hieß es aus deutschen Regierungskreisen lediglich. Frankreichs Wirtschaftsminister François Baroin sagte: "Frankreich hat ein uneingeschränktes Vertrauen in die Stabilität der amerikanischen Wirtschaft." Der Minister lobte die US-Regierung für ihr "entschlossenes Vorgehen", um die Schulden in den Griff zu bekommen.
Neben dem gigantischen Staatsdefizit ist die US-Ökonomie von weiteren Schuldenproblemen geprägt: Die Verbraucher - sie tragen die Wirtschaftsleistung der größten Volkswirtschaft zu 70 Prozent - konsumieren seit Jahren auf Pump. Und die Wirtschaft insgesamt verbraucht seit Jahren deutlich mehr als sie selbt produziert. Ergebnis: Ein riesiges Handels- und Leistungsbilanzdefizit - vor allem gegenüber China, das seinerseits auf massenhafte Exporte nach Amerika angewiesen ist.
US-Medien berichteten, die US-Regierung habe sich bis zuletzt vehement gegen die Herabstufung zur Wehr gesetzt. Dabei habe die Regierung der Agentur auch Rechenfehler vorgehalten, hieß es.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts