Wirtschaft

Wolfsburger Riese mit Zwergen-Aktie VW ist "Global Player"

Volkswagen kennt das Wort Krise nicht.

Volkswagen kennt das Wort Krise nicht.

(Foto: picture alliance / dpa)

Den Vorsteuergewinn fast verdoppelt - das Wort Absatzkrise scheint aus dem Vokabular des VW-Konzerns für immer verbannt. Während andere Massenhersteller über sinkende Verkäufe in Europa klagen, forciert Volkswagen den Absatz in den boomenden asiatischen Märkten. Die Töchter Audi und Porsche helfen dabei. Der Aktienkurs spiegelt das laut Analysten aber noch nicht wieder.

Auf dem Weg an die Weltmarktspitze drängt Volkswagen seine Konkurrenz immer mehr an den Rand: Während die Rivalen unter der Absatzkrise in Südeuropa stöhnen und ihre Werke kaum auslasten können, überraschte Europas größter Autobauer mit einem kräftigen Umsatz- und Gewinnanstieg zu Jahresbeginn. Analysten hatten wegen der hohen Investitionen in die Produktion mit einem deutlichen Gewinnrückgang gerechnet, doch der operative Profit kletterte im ersten Quartal um zehn Prozent auf 3,2 Mrd. Euro. Der Umsatz legte um mehr als ein Viertel auf 47 Mrd. Euro zu, wozu auch die jüngste Neuerwerbung MAN beitrug.

An der Börse wurden die Zahlen euphorisch aufgenommen: Anleger schickten die Aktie mit einem Kursaufschlag von zeitweise knapp neun Prozent an die Spitze der Gewinnerliste im Leitindex Dax.

Absatz überschreitet 2 Millionen

Wegen seiner schieren Größe kann VW seine Macht derzeit voll ausspielen und steckt finanzielle Belastungen locker weg. Die zu Jahresbeginn gestemmten Kosten für das neue Baukastensystem und Abschreibungen auf neu erworbene Gesellschaften schätzen Börsianer auf rund 1 Mrd. Euro. Trotzdem bringen die Wolfsburger die anderen Massenhersteller in Europa nach Einschätzung von Analysten zusätzlich unter Druck, indem sie hohe Preisabschläge gewähren. Bei den Kunden kann Volkswagen damit punkten.

Im 1. Quartal gaben die Auslieferungen von VW in der Problemregion Westeuropa nur leicht nach, während sie bei Konkurrenten einbrachen. Weltweit lieferte Europas größter Autobauer zu Jahresbeginn dank prozentual zweistelliger Zuwächse in China, den USA sowie in Osteuropa erstmals mehr als zwei Millionen Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge aus, elf Prozent mehr als vor Jahresfrist.

Stark - und bliig

"VW macht sich immer breiter in der Welt, das krasse Gegenteil der französischen Hersteller Renault und Peugeot, die Absatz- und Umsatzeinbrüche zu verzeichnen haben", sagte Frank Schwope von der NordLB.

"Volkswagen hat sich erfolgreich von einem europäischen Massenhersteller zum derzeit stärksten Global Player entwickelt", sagte Arndt Ellinghorst von Credit Suisse. "Die Zahlen zeigen das einmal mehr." Die Bewertung der Aktie spiegele dies bei Weitem nicht wider: "VW ist mit die billigste Autoaktie weltweit." Er gehe davon aus, dass sich dies ändern werde, prognostizierte der Autoanalyst.  

"Qualität nach Maß" 

Die VW-Spitze trat auf die Euphoriebremse: "Wir haben ein 1. Quartal nach Maß hingelegt", sagte Konzernchef Martin Winterkorn. Die Ergebnisse zeigten einmal mehr, dass VW auf dem richtigen Weg sei. Das Jahr werde VW allerdings noch viel abverlangen, wiederholte der Vorstandsvorsitzende Aussagen von der Hauptversammlung vergangene Woche. Gleichwohl könne der Konzern mit Selbstvertrauen in die kommenden Monate gehen. Trotz des guten Auftakts beließ der Vorstand die vorsichtige Jahresprognose unverändert, wonach Absatz und Umsatz zwar zulegen, der Betriebsgewinn aber auf der Stelle treten wird.

Dies liegt zum einen an den hohen Investitionen in das neue Produktionssystem und neue Modelle wie den Golf in siebter Generation, dessen Produktion nach der Sommerpause anlaufen soll. Zum anderen bleibt auch Volkswagen nicht ganz verschont von den Folgen der Absatzkrise in Südeuropa.

Audi jagt BMW

Die spanische Marke Seat geriet wegen der Schuldenkrise tiefer in die roten Zahlen. Bei der schwedischen Tochter Scania sank der Betriebsgewinn wegen der Konjunkturflaute um fast ein Drittel. Dies wurde aber durch Zuwächse der Kernmarken VW Pkw und Audi mehr als wettmacht. Die Ingolstädter Oberklassetochter, die den direkten Rivalen Daimler beim Absatz bereits hinter sich gelassen hat und nun Jagd auf BMW macht, glänzte sogar mit einem operativen Gewinnzuwachs von 27 Prozent.

Auch in China brummt trotz aller Warnungen vor einer Abschwächung des Pkw-Booms das Geschäft: Der auf VW entfallende anteilige Betriebsgewinn der chinesischen Gemeinschaftsunternehmen schnellte um die Hälfte auf knapp 850 Mio. Euro hoch. Daneben profitierte Volkswagen von guten Verkaufszahlen von Porsche, an deren Sportwagengeschäft die Wolfsburger mit knapp der Hälfte beteiligt sind.

Der Vorsteuergewinn des VW-Konzerns schwoll sogar um über 90 Prozent auf 4,3 Mrd. Euro an. Allerdings ist dieser Wert durch Sondereffekte aus der geplatzten Fusion mit der Porsche Holding SE aufgebläht, die das Finanzergebnis in die Höhe trieben. VW hatte die Verschmelzung mit der Porsche Holding zum Jahresende wegen milliardenschwerer Schadensersatzklagen abgeblasen. Dies führte dazu, dass die von VW und Porsche gegenseitig eingeräumten Kauf- und Verkaufsoptionen für das Sportwagengeschäft neu bewertet wurden. Im Rechtsstreit um die Forderungen mehrerer Fonds wegen des geplatzten Übernahmeversuchs von Porsche rechnet Volkswagen frühestens in der zweiten Jahreshälfte mit Klarheit.

Quelle: ntv.de, rts

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