Wirtschaft

Skeptische Investoren Evonik sagt Börsenpläne ab

(Foto: dapd)

Die Pläne für den größten Börsengang in Europa in diesem Jahr werden zu den Akten gelegt. Der Eigentümer von Evonik kann seine Preisvorstellungen bei den Investoren nicht durchsetzen.

Der milliardenschwere Börsengang des Chemieriesen Evonik ist abgeblasen. Das entschied das Kuratorium des Haupteigentümers RAG-Stiftung. Es hätten zwar viele große Investoren Interesse bekundet, aber wegen der hohen Unsicherheit der Märkte sei der erzielbare Preis zu weit von einer angemessenen Bewertung der Evonik entfernt, hieß es zur Begründung. Der Börsengang werde erst wieder ins Auge gefasst, wenn die Lage auf den Finanzmärkten einen angemessenen Erlös ermögliche, hieß es in einer Mitteilung. Die Stiftung ist Mehrheitseigner von Evonik, die übrigen 25,01 Prozent der Anteile liegen beim Finanzinvestor CVC.

Die RAG-Stiftung hat die Aufgabe, den subventionierten Steinkohlebergbau in Deutschland abzuwickeln, der 2018 endet. Dazu braucht die Stiftung Milliarden, die ihr vor allem der Börsengang Evoniks in die Kassen spülen sollte. Zuletzt hatte die Stiftung jedoch schon betont, die jährlichen Kosten von aktuell rund 200 Mio. Euro könnten auch durch die Dividende, die Evonik zahlt, abgedeckt werden.
Im vergangen Jahr hatte der Spezialchemiekonzern 414 Mio. Euro an seine Anteilseigner ausgeschüttet, davon waren mehr als 300 Mio. Euro in die Kassen der Stiftung geflossen.

Zögerliche Investoren

Die Stiftung und ihre Banken haben bei Investoren mit ihren Preisvorstellungen für den milliardenschweren Börsengang offenbar auf Granit gebissen. Die angestrebte Mindestbewertung des Essener Chemieriesen von 15 Mrd. Euro sei "völlig unrealistisch", zitierte die Nachrichtenagentur Reuters einen Manager einer großen deutschen Fondsgesellschaft. "Im aktuellen Marktumfeld werden sie das nicht bekommen." Eine Mindestbewertung von 12 Mrd. Euro sei dagegen schon eher vorstellbar - das ist aber deutlich weniger als der Evonik-Mehrheitseigner RAG-Stiftung anstrebt. Andere institutionelle Investoren äußerten sich ähnlich skeptisch. "Evonik ist ein sehr gutes Unternehmen und der Markt wäre auch bereit dafür", sagte ein weiterer Fondsmanager. "Aber im Moment muss man entweder beim Preis oder beim Volumen Abstriche machen."

Dass sich die Preisvorstellungen der Stiftung nicht umsetzen lassen, hat den Investoren zufolge mehrere Gründe: So liege der für Börsen-Aspiranten übliche Preisnachlass im Falle Evoniks nun bei rund 22 Prozent, hieß es. Die Stiftung und ihre Banken Deutsche Bank und Goldman Sachs hatten nach früheren Informationen aus Finanzkreisen lediglich mit 10 Prozent gerechnet. Zudem bewerteten Investoren Evonik nur mit dem fünffachen des operativen Gewinns - auf einer Ebene etwa mit BASF, hieß es weiter. Evonik-Eigner und Banken hatten dagegen versucht zu vermitteln, Evonik spiele in einer Liga mit Spezialchemiefirmen wie Symrise oder Umicore - deren Multiplikatoren deutlich höher liegen.

Fondsmanager rieten indes auch bei einer Bewertung von 12 Mrd. Euro zu einem Börsengang - dann sollte Evonik aber deutlich weniger Aktien ausgeben als ursprünglich geplant. Die Evonik-Eigner hatten rund ein Drittel der Anteile verkaufen wollen und damit einen Erlös von rund 5 Mrd. Euro angepeilt. Die Eigner sollten indes nur knapp zehn Prozent der Anteile veräußern, empfehlen zwei der befragten Fondsmanager. Auch in der Stiftung war ein solches Modell bereits diskutiert worden. Später könnten dann weitere Aktien an den Markt gebracht werden - und Evonik könne bis dahin zeigen, dass der Konzern tatsächlich mehr als 12 Mrd. Euro wert sei.

Dritter Anlauf gescheitert

Doch das in weiten Teilen politisch bestimmte RAG-Kuratorium wollte die Aktien nicht billiger verkaufen. In dem Gremium sind auch die Ministerpräsidentinnen der Kohleländer Saarland und Nordrhein-Westfalen sowie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler vertreten.

Evonik hat wegen der Finanzkrisen den geplanten Börsengang schon zweimal verschieben müssen. 2008 verkaufte die RAG-Stiftung stattdessen einen rund 25-prozentigen Anteil an den Finanzinvestor CVC. Im vergangenen Jahr sorgte dann das Wiederaufflammen der Krise dafür, dass die Stiftung erneut einen Rückzieher machte. Nach der guten Entwicklung der Börsen im ersten Quartal machten die Eigentümer Ende März 2012 einen neuen Anlauf. Doch mit Rückkehr der Staatsschuldenkrise in Europa war dies vergebens, wie sich nun herausgestellt hat.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa

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