Wirtschaft

Aufregung allerorts Leerverkaufs-Zoff hält an

Das Verbot ungedeckter Leerverkäufe in Deutschland erhitzt weiter die Gemüter. Nach Ansicht des Chefs der Deutschen Börse, Francioni, "kann einem Markt nichts befohlen werden". Vertreter der Privatbanken werfen der Politik überstürztes Handeln vor.

Reto Francioni

Reto Francioni

(Foto: REUTERS)

Die Kritik der Privatbanken am deutschen Verbot hochriskanter Geschäfte an den Finanzmärkten reißt nicht ab. Die Politik habe erst monatelang zugesehen, wie das Kind in den Brunnen gefallen sei, und habe nun überstürzt gehandelt, kritisierte der Präsident des Bundesverbands deutscher Banken, Andreas Schmitz, im ZDF.

Der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, Clemens Börsig, warnt vor den Gefahren nationaler Alleingänge. Protektionismus sei genau die falsche Antwort auf Krisen, sagte er. "Die Politik sollte keine Alleingänge machen", mahnte der Banker.

Die Privatbanken monieren auch die Wirkungslosigkeit solcher Maßnahmen, wie dem Verbot ungedeckter Leerverkäufe bestimmter Papiere. Der Markt werde sich ein anderes Ventil suchen entsprechende Geschäfte an anderen Orten tätigen. Wirksam bekämpfen lasse sich die Spekulation gegen hoch verschuldete Staaten nur durch deren Haushaltssanierung. "Der Leerverkauf ist an sich ist ein gutes Instrument." Selbst die beste Idee könne aber pervertiert werden, wenn sie exzessiv ausgeübt werde.

"Dem Markt kann man nichts befehlen"

Der deutsche Alleingang stößt auch beim Chef der Deutschen Börse auf Ablehnung. Ein Verbot bestimmter Produkte in einem Land setze den Markt nicht außer Kraft, sondern verlagere ihn nur. "Sie können einem Markt nichts befehlen", sagte Konzernchef Reto Francioni dem "Handelsblatt". "Finanzmärkte sind global, also muss auch die Regulierung in diese Umgebung passen."

"Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, damit jene Produkte, die tendenziell eine große Auswirkung auf Märkte und Volkswirtschaften haben können, transparent und an regulierten und überwachten Märkten gehandelt werden", mahnte Francioni. Allerdings seien zum Beispiel Kreditausfallversicherungen nicht per se schlecht. "Stellen Sie sich die Finanzströme wie eine Autobahn vor. Die schaffen sie auch nicht ab, weil es Geisterfahrer gibt."

Von einer Steuer auf Finanztransaktionen hält der Schweizer nichts: "Selbst wenn das Kunststück gelingt, eine Steuer weltweit einheitlich einzuführen, wäre die unmittelbare Folge eine Verringerung der Liquidität. Und das ist das Gegenteil von dem, was wir in der Krise brauchen."

Scharfe Kritik aus Tschechien

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble  (CDU) hat das deutsche Verbot ungedeckter Leerverkäufe verteidigt.  Die Märkte seien "außer Kontrolle", sagte er der "Financial Times". Eine "effektive Regulierung" müsse daher dafür  sorgen, dass die Märkte richtig funktionierten.

Ein Vertreter der tschechischen Zentralbank hat Deutschlands Leerverkaufsverbot als sinnlos kritisiert. Die Geschäfte würden einfach in anderen Ländern getätigt, sagte Vize-Gouverneur Miroslav Singer in der Zeitung "Hospodarske Noviny".

Eine solche Maßnahme habe nur Sinn, um den Märkten die Präsenz der Aufsichtsbehörden zu demonstrieren, oder in Zeiten der Panik. "Aber das ist nicht der Fall, die Märkte sind nicht in Panik", sagte Singer. Sie reagierten einfach nur auf die schlechte Finanzlage in vielen Ländern der Euro-Zone und der EU. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hatte unter anderem ungedeckte Leerverkäufe von Finanzaktien und Schuldtiteln der Euro-Zone verboten.

Singer kritisierte auch die EU-Pläne zur strengeren Regulierung von Hedgefonds: Diese hätten die Finanzkrise nicht ausgelöst, weshalb die tschechische Zentralbank eine härtere Kontrolle ablehne. Tschechien stellt sich damit als erstes Land an die Seite Großbritanniens, das in Europa die meisten Hedgefonds beherbergt und eine straffere Aufsicht ablehnt.

Quelle: ntv.de, wne/dpa/AFP

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