Ebbe bei Rohstoffen Der Rohstoffklima-Indikator
22.01.2007, 14:04 UhrVon Ralf Goerke, Technischer Analyst und Mitglied der VTAD
„Der Ölpreis steigt auf 105 US-$“, so prognostizierten es die Analysten von Goldman Sachs schon im April 2005. Als er dann Anfang August letzten Jahres an der Marke von 80 US-$ kratzte, glaubte man schon, dass es nur noch eine Frage der Zeit wäre, bis er dieses Kursziel der Analysten erreicht haben würde. Inzwischen ist der Ölpreis wieder auf knapp 50 US-$ zurückgekommen und legt auf seinem Weg zu neuen Höchstständen zumindest vorübergehend erst einmal eine Pause ein. In den Medien ist mittlerweile sogar vom „Crash am Ölmarkt“ die Rede. Wie sich die Zeiten doch ändern.
Aber nicht nur Öl, sondern Rohstoffe im Allgemeinen gehörten im letzten Jahr zu den großen Anlagethemen in den Fachpublikationen. In den Anlagemagazinen gab es teilweise ganze Serien zum Thema „Rohstoffe“ und neue Anlageprodukte der unterschiedlichsten Emissionshäuser schossen wie Pilze aus dem Boden. Eine Investition in Rohstoffe war ein „Muss“.
Was ist nun draus geworden? Wie stellt sich heute die Situation im Rohstoff-Sektor dar? Damit Sie sich zunächst einmal einen generellen Überblick verschaffen, werfen Sie bitte einen Blick auf das folgende Chartbild.
Sie sehen hier in Bild 1 den CRB-Index (Commodity Research Bureau), der als der älteste und bekannteste Index für die Veränderungen an den Rohstoffmärkten gilt. Dieser Index erreichte im Mai letzten Jahres einen Hochpunkt, der als Kopf einer ausgedehnten Schulter-Kopf-Schulter-Formation angesehen werden kann. Diese Formation gilt in der klassischen Chartlehre als obere Trendumkehrformation.
Die beiden gestrichelten, aufwärts gerichteten Trendlinien wurden Ende August letzten Jahres gebrochen – ein erstes Warnsignal! Seit seinem Hochpunkt hat der Index bis heute knapp 22% verloren, auf Euro-Basis sogar 24%. Ein anderer, oft zitierter Rohstoff-Index, der Rogers International Commodity Index verlor im selben Zeitraum 18%. Soweit die ernüchternden Fakten.
Betrachten wir uns im nächsten Chartbild einmal das Momentum in diesem Sektor.
In Bild 2 sehen Sie den Verlauf des Momentums an den Rohstoffmärtken im selben Zeitraum. Die gewinnträchtigen Phasen für Investments auf der Long-Seite (Spekulation auf steigende Kurse) sind die dunkelgrün gekennzeichneten Phasen. Zu dieser Zeit ist der gesamte Rohstoff-Sektor bullish. Die Relative Stärke hat einen Wert 1,0 und liegt über ihrem 38-Tage-gleitenden Durchschnitt. Hier kann der Investor mit einem guten Chance/Risiko-Verhältnis auf steigende Rohstoffpreise setzen, weil er von einer allgemein positiven Stimmung getragen wird. Fahrradfahren mit Rückenwind ist eben leichter. Durch das Chartbild wird Ihnen klar, dass die lukrativen Anlagephasen in Rohstoffe schon einige Monate hinter uns liegen und in jüngster Zeit auch nicht von langer Dauer gewesen sind. Aus diesem Modell wird außerdem deutlich, dass trotz aller Diskussionen um steigende Preise im Rohstoff-Sektor derzeit das Momentum in diesen Märkten einfach nicht stimmt. Es hat einen Wert 1,0. Der gleitende Durchschnitt fällt und das Momentum liegt darunter. Der Indikator ist im Baisse-Stadium (rote Phase).
Wie sieht nun das Bild in den einzelnen Rohstoff-Warengruppen aus?
Die Abbildung 3 verdeutlicht Ihnen sehr schön, dass Rohstoff nicht gleich Rohstoff ist. Deutlich ist in diesem Sektor die eklatante Schwäche der Energie-Warengruppe (rote Linie) auszumachen. Dieser Bereich ist natürlich geprägt durch die schwachen Kurse von Erdöl, Erdgas und Heizöl. Erstaunlich ist aber auch, dass sich im gesamten hier abgebildeten Zeitraum der Bereich der Industriemetalle (Blei, Aluminium, Kupfer, Nickel und Zink) relativ gut gehalten hat. Zuletzt zeigen die Agrarrohstoffe (Mais, Weizen, Sojabohnen, Kaffee, Kakao, Baumwolle, Orangensaft und Zucker) die höchste Relative Stärke aller Commodities (gelber Kreis).
Fazit: Der mittelfristig orientierte MomentumInvestor wartet generell mit Investments in dieser Assetklasse solange ab, bis sich das Bild allgemein wieder zum Besseren gewendet hat. Das bedeutet eine Relative Stärke 1,0 und ein steigender gleitender 38-Tage-Durchschnitt mit Werten ebenfalls 1,0 sowie einem Momentum über dem gleitenden Durchschnitt (= grüne Haussephase). Bis dahin dürften allerdings – rein konstruktionsbedingt nach diesem Modell – noch etliche Wochen vergehen.
Der Aktienklima-Indikator und der Rohstoffklima-Indikator sind regelmäßige Bestandteile des Börsenbriefes „MomentumInvestor“.
Quelle: ntv.de