Zertifikate-Vertrauen Neue Wege gehen
20.10.2008, 09:48 UhrInterview mit Kemal Bagci, Zertifikate-Experte der DWS GO
1. Viele Zertifikate-Inhaber sind aktuell stark verunsichert - wie sollte man sich aktuell verhalten?
Für opportunistische Anleger gibt es derzeit gute Möglichkeiten, am Markt zu spekulieren. Es gibt viele aggressive Zertifikate mit denen man seine kurzfristigen Erwartungen noch hebeln kann. Für mittel- bis langfristig orientierte Anleger gilt jedoch die Regel: „Ruhe bewahren“. Wenn die Volatilität aus dem Markt kommt, dürften die Kurse immer noch auf einem attraktiven Niveau handeln. Das aktuelle Marktumfeld bietet viele Vorteile. Nahezu alle Anlageklassen, abgesehen von Staatsanleihen, sind auf Zwei- bis Drei-Jahrestiefs gefallen. Dies eröffnet die günstige Möglichkeit zur stärkeren Mischung des Portfolios mit vielfältigen Anlageklassen. Dies senkt das Portfoliorisiko deutlich.
Eine weitere Senkung des Risikos bieten Kapitalgeschützte- oder Barriere-Produkte. Für einen Kauf dieser Produkte sollte eine Beruhigungsphase der Märkte abwartet werden. In so turbulenten Zeiten sind auch schon sehr konservative Barrieren gerissen.
2. Ergeben sich für sicherheitsorientierte Anleger aktuell auch Kaufgelegenheiten?
Von der momentanen hohen Volatilität des Marktes profitieren auch risikoarme Produkte. Discountzertifikate bieten attraktive Konditionen. Allerdings sollte der Cap sehr tief im Geld liegen.
3. Die Pleite von Lehman Brothers hat das Emittentenrisiko bei Zertifikaten schmerzlich offenbart -- wurde das in der Vergangenheit zu wenig beachtet?
Der Lehmann-Konkurs ist für die Inhaber der Zertifikate aber auch für den Zertifikatemarkt eine sehr bittere und teure Medizin. Glücklicherweise hat die Lehman-Pleite nur einen sehr geringen Teil des Zertifikatemarktes getroffen.
Sicherlich wurde das Emittentenrisiko in der Vergangenheit unterschätzt. Als wir im Oktober 2006 mit der Zertifikateplattform DWS GO starteten, war das Emittentenrisiko für die meisten Akteure eine rein theoretische Angelegenheit. Damals haben die Anleger nur danach gefragt, wie sie Ihre Gewinne maximieren können. Die Emittenten haben dann versucht das letzte Prozent mögliche Zusatzrendite aus Ihren Strukturen rauszuholen. Unsere Produkte mit reduziertem Emittentenrisiko wurden als zu teuer belächelt.
4. Was ist das Besondere an DWS GO?
Als traditioneller Asset Manager und damit Treuhänder für die Anleger legt die DWS besonderen Wert auf Sicherheit. DWS GO symbolisiert diese Geisteshaltung bei Zertifikaten. Mit einer innovativen Compartmentlösung ist es uns gelungen, für jede Emission eine Art Sondervemögen zu schaffen, die wirtschaftlich und rechtlich unabhängig ist. Mit einer zusätzlichen Sicherungsvereinbarung können wir das Emittentenrisiko deutlich senken.
5. Wie können sich Anleger über das jeweilige Emittentenrisiko informieren?
Zwei Methoden haben sich durchgesetzt. Einerseits das Rating, andererseits die Beobachtung der Credit Spreads der Emittenten. Ratings, wie die von Scope, spiegeln die langfristige Qualität eines Emittenten wider. In einer so turbulenten Zeit bieten Ratings aber nur eine bedingte Aussagekraft. Sie reagieren nicht schnell genug auf das Marktumfeld.
Aktuell wichtiger sind die im Markt gehandelten Credit Spreads der jeweiligen Emittenten. Sie zeigen den Aufschlag, den Marktteilnehmer vom Emittenten im Vergleich zu Staatsanleihen bzw. Anleihen höchster Bonität bei gleicher Laufzeit verlangen. Sie sind ein guter Indikator für die Bonität des Emittenten. Auch für Zertifikate-Anleger.
6. Wo können sich Anleger über Credit-Spreads informieren?
Manche Emittenten weisen die Credit-Spreads auf ihrer Website aus. Dies schafft Vertrauen.
7. Was muss von Seiten der Zertifikate-Emitttenten getan werden, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen?
Die Branche sollte offen, transparent und offensiv damit umgehen. Kosten offen legen, Risiken deutlicher aufweisen und erläutern, das schafft Vertrauen. Zu den Risiken gehören natürlich auch Emittentenrisiken.
8. Wird es gerade bei langlaufenden Zertifikaten über kurz oder lang auch Zertifikate geben müssen, die das Emittentenrisiko absichern?
Davon sind wir überzeugt. Aber nicht nur dort - auch bei kurzlaufenden Zertifikaten. Denn die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass in einer verheerenden Bankenkrise eine Zahlungsunfähigkeit sehr kurzfristig eintreten kann. Inhaberschuldverschreibungen einer Bank, wie es Zertifikate sind, könnten dann trotz Sicherheitsmechanismen ein Totalverlust des investierten Kapitals drohen.
9. DWS GO hat bereits eine Lösung in petto?
Ja. Herkömmliche DWS GO Zertifikate sind bereits sicherer als normale Zertifikate. Doch das Übernachtrisiko ist nicht abgesichert. Aber das aktuelle Marktumfeld und der Fall Lehman machen deutlich: Das Bedürfnis nach Sicherheit überträgt sich von der Produktebene, wie die hohe Nachfrage nach kapitalgarantierten Strukturen zeigt, nun auch auf die Plattformebene. Wir erwarten, dass bei vielen Zertifikaten die Investoren darauf vertrauen möchten, dass diese Anlagen keinem Emittentenrisiko ausgesetzt sind. Deshalb haben wir DWS GO SAFE entwickelt. Das schließt das Emittentenrisiko ganz aus.
Vielen Dank für das Interview.
Quelle: ntv.de