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Emerging Markets Russland im Blick

Von Oliver Stönner, Investment-Stratege bei Cominvest

Die Bewertung der wirtschaftlichen und politischen Perspektiven Russlands im Vorfeld der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen driftet zunehmend auseinander. Konjunkturell wird in diesem Jahr entweder nochmals eine binnenwirtschaftlich getragene Verstärkung des BIP-Wachstums oder eine im Zuge niedrigerer Ölpreise kräftige Verlangsamung erwartet.

Politisch wird nach der Beförderung von Verteidigungsminister Sergej Iwanow zum ersten Stellvertreter des Regierungschefs entweder eine nochmalige Erhöhung des Staatseinflusses in der Wirtschaft oder eine neue, weit reichende Initiative zur Verringerung der Abhängigkeit der Wirtschaft von Energieexporten erwartet. Eines wird vor dem Hintergrund dieser sehr unterschiedlichen Projektionen deutlich, der Nachfolger von Präsident Putin kann zwar sein Amt auf einer deutlich verbesserten wirtschaftlichen Basis beginnen, aber es sind richtungsweisende Entscheidungen notwendig, um die positiven wirtschaftlichen Trends der letzten Jahre für die Zukunft zu stabilisieren.



Und dabei ist Eile geboten, da insbesondere im wichtigen Energiesektor Investitionsanreize geschaffen werden müssen. Schließlich resultierte der Anstieg der Erlöse aus den Öl- und Gasexporten im letzten Jahr fast vollständig aus gestiegenen Preisen, während die Produktion nahezu konstant blieb. Um die Produktionskapazität zu erhöhen sind umfangreiche Investitionen zur Erschließung neuer, schwerer zugänglicher Öl- und Gasvorkommen notwendig, die schneller mit Hilfe ausländischer Investoren zu bewältigen wären. Dafür müssen jedoch die Rahmenbedingungen für ausländische Investoren fixiert werden.

Inländische Energieunternehmen scheinen vor allem wegen der hohen steuerlichen Belastungen und der Expansionsstrategien in anderen Bereichen der Wirtschaft unzureichend in die Erhöhung der Förderkapazität und die Erschließung neuer Lagerstätten investiert zu haben. Beide Entwicklungen unterstreichen den wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf nach den Präsidentschaftswahlen. Erfolge außerhalb des Öl- und Gassektors lassen sich schneller erzielen, da das Interesse ausländischer Unternehmen an der Erschließung der russischen Märkte anhaltend hoch ist. Dies signalisieren die kräftig gestiegenen Zuflüsse an Direktinvestitionen im letzten Jahr.

Aktuell lässt sich daher noch kaum feststellen, welche der erwähnten Projektionen für die kommenden zwei Jahre wahrscheinlicher ist. Der neue Präsident wird noch die Möglichkeit haben, die positiven Trends zu stabilisieren. Die Finanzmärkte dürften ebenfalls vorerst ihren volatilen Trend fortsetzen.

Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung.

Quelle: ntv.de

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