China Straffere Geldpolitik
18.06.2007, 14:50 UhrVon Oliver Stönner, Investment-Stratege bei Cominvest
Die asymmetrische Anhebung der Leitzinsen für Einlagen (+27 Basispunkte) und Kredite (+18 Basispunkte) im Mai impliziert erstmals ein klares Signal von Seiten der Regierung und Notenbank, dass die Kreditvergabemöglichkeiten der Banken mit üblichen geldpolitischen Mitteln eingeschränkt werden sollen. Allerdings erscheint der erste Schritt zu zaghaft, um tatsächlich wirkungsvoll dämpfend zu wirken. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Aufwertungsspekulationen durch die Erweiterung des Wechselkursbandes voraussichtlich weitere Kapitalzuflüsse stimulieren, die der monetären Straffung entgegenwirken. Die Notenbank wird daher in den kommenden Monaten vermutlich weitere Straffungsschritte folgen lassen. Die Marktreaktion dürfte davon abhängen, inwieweit diese Schritte im Vorfeld signalisiert werden.
Eine schrittweise Straffung der Geldpolitik, sollte den Übertreibungstendenzen an den inländischen Aktienbörsen entgegenwirken und auf diese Weise eine moderate Korrekturbewegung der Kurse ermöglichen. Dies ist vermutlich ein wichtiges Ziel von Regierung und Notenbank. Neben den inländischen Aktienmärkten steht vor allem das nach wie vor hohe Investionswachstum im Fokus. Die Anlageinvestitionen in den städtischen Regionen verzeichneten im Zeitraum Januar bis April einen Anstieg um 25,5% ggü. Vorjahr. Im Gesamtjahr 2006 betrug der Zuwachs 24,5%. Die angestrebte Dämpfung der Wirtschaft ist demnach bislang noch nicht erreicht worden. Dies ist ein weiterer Grund in den kommenden Monaten weitere Erhöhungen der Leitzinsen und Reservesätze zu erwarten. Zudem bleibt der Druck auf Regierung und Notenbank hoch, den Renminbi stärker aufwerten zu lassen. Der Spielraum dafür, war jedoch auch schon vor der Ausweitung des Wechselkursbandes auf +/-0,5% vorhanden. Der anhaltend hohe Überschuss in der Handelsbilanz spricht für eine stärkere Nutzung des Potenzials in den kommenden Monaten.
Der hohe Überschuss im Außenhandel mit den USA bleibt ebenfalls ein kritisches Thema, das die Stimmung an den chinesischen Finanzmärkten trüben kann. Ausschlaggebend hierfür ist, dass sowohl in den USA als auch in China ein schwierigeres politisches Umfeld für die jeweilige Regierung besteht, das weit weniger günstig für Kompromisse beim Thema Außenhandel ist.
In China richten Präsident und Ministerpräsident ihre politischen Bemühungen derzeit vor allem auf den im Oktober stattfindenden Parteikongress aus. Das Ziel ist es, im Vorfeld des richtungsweisenden politischen Ereignisses keine zusätzlichen politischen und sozialen Spannungen zu erzeugen. Andernfalls könnte es für Präsident Hu Jintao schwerer werden, die von ihm angestrebte personelle Verjüngung der Führungsstrukturen innerhalb der Kommunistischen Partei durchzusetzen. Dies ist möglicherweise auch ein wichtiger Schritt, um die Umsetzung von wirtschaftspolitischen Maßnahmen in der Region besser sicherzustellen. Eine stärkere Dämpfung der Investitionstätigkeit konnte unter anderem deshalb nicht erreicht werden, da Regionen, die bislang weniger vom Wirtschaftsboom profitiert haben, einzelne Investitionsprojekte trotz grundsätzlicher Beschränkungen zuließen.
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Quelle: ntv.de