Empfehlungen

Teil 4: Ausgewogen Anlegen Zertifikate-Strategie

Von Matthias Steinhauer, Concept Vermögensmanagement

Im vierten Teil dieser Serie wird durchgemischt. Wir verlassen das an Sicherheit orientierte Terrain (zumindest zum Teil) und erweitern den Horizont um Anlagen mit höherer Ertragserwartung, bei denen das Ergebnis längerfristig über Kapitalmarktniveau liegen soll.

Anlageerwartung: Höhere Renditen werden nicht verschenkt; sie gibt es nur um den Preis eines höheren Risikos. An diese Gesetzmäßigkeit kann bei Geldanlagen nicht oft genug erinnert werden. So sind bei dem hier diskutierten Anlagemix höhere Kapitalschwankungen wahrscheinlich und Verluste in bestimmten Marktphasen möglich. Diese Möglichkeit sollte bewusst einkalkuliert werden, der Anlagehorizont sollte in jedem Fall fünf Jahre überschreiten.

Anlagestil: Der ausgewogen operierende Anleger fährt mehrgleisig: Sicheren, zinstragenden Anlagen gesellen sich Immobilienfonds hinzu sowie Anlagen, die Aktien verkörpern. Letzteres in teilgesicherten und in nicht gesicherten Variationen. Ergänzend dazu werden Zertifikate zum Einsatz kommen, die die Entwicklung ausgewählter Teilmärkte bzw. Regionen abbilden. Weiterhin können Zertifikate von Interesse sein, die einmal während ihrer Laufzeit erreichte Kurshöchststände bis zum Laufzeitende konservieren und somit eine automatische Stop-Loss-Mechanik beinhalten.

Als Basisinvestments eignen sich die im Teil 2 und Teil 3 der Zertifikate-Strategie bereits beschrieben Anlageformen.

Anlageinstrumente:



Airbag-Zertifikate:

Die Frage nach der Notwendigkeit von Totalabsicherungen beantworten Airbag-Zertifikate mit einem klaren Nein. Denn Sicherheit hat ihren Preis. Deswegen geben an das Risiko von Aktieninvestitionen gewöhnte Anleger sich durchaus auch mit einer Teilabsicherung ihres Risikos zufrieden. Eventuelle Verluste sind bei Airbag-Zertifikaten nur bis zu einer bestimmten Schutzgrenze abgesichert. Darüber hinausgehende Verluste beginnen dann auch am Portemonnaie des Airbag-Investors zu knabbern. Der "Fallschirm" sorgt dabei für eine geringere Sinkgeschwindigkeit.

Airbag-Zertifikate funktionieren nach dem System des Vollschutzes, so lange das Underlying bspw. nicht mehr als 20% verloren hat. Ist das zugrunde liegende Investment dagegen stärker gefallen, wird über die Verlustschwelle hinaus auch der Investor an fallenden Kursen beteiligt. Um im Beispiel zu bleiben verlöre der Airbag-Investor also bei minus 25% selbst z.B. ca. 7%. - Der Partizipationsfaktor beträgt nach oben i.d.R. 100%, während er auf der Unterseite höher definiert wird (z.B. mit 130%). Das bedeutet, dass über die Verlustschwelle hinausgehende Verluste dem Zertifikateinhaber überproportional angelastet werden. Dennoch ist der Airbag-Investor i.d.R. über die gesamte Verluststrecke besser gestellt als beim Direkterwerb des Underlyings.

Vorteile: 1. Volle Partizipation, begrenztes Risiko 2. Vermeidung der bei Garantieprodukten bestehenden Steuerpflicht (noch) 3. Die Vielfalt des Angebots erlaubt eine genaue Steuerung des noch geduldeten Risikos.

Nachteile: 1. Kein Vollschutz 2. Keine Ausschüttung, keine Dividendenteilhabe 3. Keine Rendite bei Seitwärtsbewegung des Underlyings

Index-Zertifikate:

Mit Index-Zertifikaten ist der Klassiker der Aktienanlage mittels transparenter Anlagevehikel angesprochen. Der Inhaber eines Index-Zertifikates erhält die volle Partizipation am Underlying im Verhältnis 1:1. Bei Performanceindices – wie dem DAX oder den Euro Stoxx Total Return-Indices – beinhaltet die Partizipation ebenfalls den Dividendenertrag. Im Vergleich zum Fondsinvestor hat der Zertifikateanleger volle Transparenz über den Inhalt und Wert seines Investments. Und er hat die Gewähr, genau den Index zu verdienen – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Transparenz und das Ausschalten jeglicher Eingriffsmöglichkeiten eines Fondsmanagers verhelfen der überwiegenden Zahl der Zertifikateanleger zu einer besseren Performance, als dies Fonds erreichen. Diese Erfahrung wird durch die mathematische Gesetzmäßigkeit belegt, wonach die Selektion bzw. andersartige Gewichtung verschiedener Aktien, die in einem Index enthalten sind, zwar das Risiko gegenüber dem Index erhöht, gleichzeitig aber nicht die Wahrscheinlichkeit einer höheren Rendite einschließt. Index-Zertifikate gibt es heute auf die meisten nationalen und internationalen Indices und Subindices sowie auf Zins- und Rohstoffmärkte.

Vorteile: 1. Volle Partizipation an der Performance des Underlyings 2. Sehr einfache und transparente Investition in ganze Märkte oder Regionen 3. Flexible Handhabung durch tägliche Handelbarkeit 4. Steuerfreiheit der Rendite nach 12 Monaten Haltedauer 5. Preiswerte und absolut transparente Alternative zu Einzelanlagen und Fonds.

Nachteile: 1. Volles Kursrisiko des zugrunde liegenden Indexes oder der Aktie 2. Keine Outperformance gegenüber dem Underlying möglich.

Themen-Zertifikate:

Die internationalen Aktienmärkte weisen eine hohe Korrelation zueinander auf. Das bedeutet, dass die großen Märkte sich in einem gewissen Gleichklang entwickeln: War der Vorabend in New York von Optimismus geprägt, so fängt auch in Frankfurt und in London der Tag meist gut an. Das gilt natürlich genauso umgekehrt. Um diesem Gleichklang zu entfliehen, kann es deshalb eine sinnvolle Überlegung sein, Diversifikation im Portefeuille nicht nur über die Streuung in verschiedene Regionen herzustellen, sondern auch durch die Hervorhebung einzelner themenspezifischer Investments.

So gehören zu den "Mega"trends heute die demografische Entwicklung in den Industrieländern (meint die fortschreitende Alterung der Gesellschaft), die Endlichkeit fossiler Rohstoffe und der Wettlauf um Alternativen sowie das erkannte Entwicklungspotential der so genannten Emerging Markets.
Mittels Zertifikaten auf Sektor-Indices (bspw. die Subindices der Euro Stoxx Familie) oder über eigens emittierte Themenzertifikate (Schwellenländer, Biotech, Pharma/Health) kann der Investor einzelne Bereiche im Anlageuniversum besonders betonen.

Vorteile: 1. Einfache Möglichkeit zusätzlicher Diversifikation 2. Branchenrotationen lassen sich gezielt ausnutzen 3. Bequeme Anlagemöglichkeit in mehrere Jahre andauernde Trends ohne das Erfordernis permanenter Beobachtung oder Umschichtung innerhalb des Sektors.

Nachteile: 1. Die Diversifikation kann das Risiko mindern aber auch erhöhen 2. Bildung von Klumpenrisiken, wenn Gegenwirkungen und Abhängigkeiten nicht erkannt werden 3. Je nach Emittent und Ausgestaltung der Zertifikatebedingungen ggf. mangelnde Transparenz über die im Zertifikat enthaltenen Aktien.

Airbag-, Index- und Themenzertifikate bedingen – damit sie dem Anlieger einen Ertrag bringen – steigende Aktienmärkte. Index- und Themenzertifikate erfordern wegen des vollen Verlustrisikos darüber hinaus eine die aktuellen Marktgegebenheiten reflektierende Entscheidungsgrundlage sowie permanente Beobachtung. Darum verbietet es sich, diese Kategorien hier in eine eher allgemein gültige Anlageempfehlung aufzunehmen. Aus diesem Grund sind diese – zwar interessanten und erwägenswerten – Zertifikateformen nicht in die grafische Vermögensaufteilung mit aufgenommen.

Bonus-Zertifikate:

Dieses Anlagemedium erfüllt nahezu alle Wünsche des Investors: Weit reichende Kapitalsicherheit verbunden mit einer auskömmlichen Sockelrendite auch in schwierigen Zeiten, wo sich Aktienmärkte kaum positiv oder sogar abwärts bewegen, und dennoch uneingeschränkte Partizipation an steigenden Kursen. Dieses Perpetuum Mobile des Kapitalmarktes dürfte es theoretisch gar nicht geben. Und: Ganz so rosarot, wie es auf den ersten Blick anmutet, verhält es sich mit diesen Zertifikaten dann auch nicht. Dazu mehr im Folgenden.
Wichtigste Ausstattungsmerkmale von Bonus-Zertifikaten sind die Bonusschwelle und die Bonusrendite. Die Bonusschwelle bezeichnet den maximal möglichen Kursverlust des Underlyings (also bspw. des Euro Stoxx 50 oder des japanischen Nikkei 225), bei dessen Überschreiten die Bonusrendite nicht mehr gewährt wird. Die Bonusschwelle kann je nach Emission 25% bis 50% unter dem Kursniveau zum Emissionszeitpunkt liegen.

Die Bonusrendite bezeichnet den Betrag, der am Laufzeitende mindestens zurückgezahlt wird, wenn die Bonusschwelle nicht erreicht oder unterschritten worden ist. Es handelt sich um einen Mindestrückzahlungsbetrag deshalb, weil eine darüber hinaus gehende Performance des Underlyings auch den Rückzahlungsbetrag im Verhältnis 1:1 erhöht.

Ihre Stärke spielen Bonuszertifikate dann aus, wenn das Underlying sich während der Laufzeit kaum vom Fleck bewegt oder sogar moderat fällt. Dann genügt der Risikopuffer, um Rückzahlungseinbußen zu vermeiden. Im Gegenteil: Zum Ende der Laufzeit wird sogar eine erkleckliche Rendite ausbezahlt. Diese Kombination aus voller Partizipation bei eingeschränktem Risiko kann es nicht zum Nulltarif geben. Der Preis dafür ist deshalb der Verzicht auf die Dividenden, die im Underlying stecken. So schütten bspw. die Aktien, welche im Euro Stoxx 50 enthalten sind, regelmäßig Dividenden aus. An diesen partizipiert der Investor nicht, sondern der Emittent finanziert damit die Risikoabsicherung. Ein fairer Handel.

Außer hinreichenden Detailkenntnissen über die zur Auswahl stehenden Emissionen verdient ein weiterer Aspekt besondere Beachtung: Das geschilderte Rückzahlungsprofil gilt nur am Ende der Laufzeit. Der Kurs von Bonus-Zertifikaten entwickelt sich nicht zwangsläufig linear in Richtung des erwarteten Rückzahlungsbetrages. Vielmehr wirkt der Kursverlauf des Underlyings in Abhängigkeit von der verbleibenden Restlaufzeit gehörig auf die Kursfindung für das Zertifikat ein. So sollte grundsätzlich davon ausgegangen werden, das Zertifikat über die gesamte Laufzeitdauer halten zu müssen.

Ein Beispiel:
Ein Bonus-Zertifikat auf den XYZ-Index, der aktuell bei 3.000 Pkt. notiert, könnte mit einer Bonusschwelle von 2.000 Pkt., einer 5-jährigen Laufzeit und einer Bonusrendite i.H.v. 30% ausgestattet sein. Sofern also der XYZ-Index während der Laufzeit nicht ein einziges Mal (also auch nicht während einer Börsensitzung) die Bonusschwelle von 2.000 Pkt. erreicht oder unterschreitet, so werden zum Laufzeitende mindestens 130% des Nennbetrages zurückgezahlt. Dies entspricht einer jährlichen Rendite von 5,4%. Sollte die Bonusschwelle gerissen werden, so wird aus dem Bonus-Zertifikat ein normales Indexzertifikat. Der Inhaber erhält dann zum Laufzeitende den Indexbetrag (bzw. die Indexperformance) ausbezahlt. Dies kann mehr oder weniger als der Nennbetrag sein – je nachdem, wie sich der Index dann bis zum Ende der Laufzeit noch entwickelt.

Vorteile: 1. Volle Partizipation, begrenztes Risiko 2. Aufgrund der großen Auswahl an Emissionen genaue Feinsteuerung der Chance-/Risikoparameter möglich 4. Je nach Ausstattung besteht eine hohe Renditewahrscheinlichkeit auch in Seitwärtsphasen oder bei leicht fallenden Märkten 5. Nach 12 Monaten Haltedauer ist der Anlageerfolg steuerfrei (noch).

Nachteile: 1. Auszahlungsprofil ist nur am Ende der Laufzeit bestimmt 2. Auch noch so große Risikopuffer schützen nicht mit absoluter Sicherheit vor Verlusten 3. Dividendenverzicht gegenüber dem Direktinvestment.

Die hier nicht erläuterten Zertifikateformen wurden bereits in den vorangegangenen Teilen der Zertifikate-Serie erläutert.

Ausblick: Im Teil 5 dieser Zertifikate-Serie werden wir uns mit Anlagemöglichkeiten in Zertifikaten für den aktienorientierten Investor beschäftigen, der interessiert ist, sein Anlageergebnis zu optimieren und zu verstetigen.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen