Teil 5: Aktienoptimierung Zertifikate-Strategie
17.04.2007, 16:55 UhrVon Matthias Steinhauer, Concept Vermögensmanagement
"Langfristig erzielen Aktien die beste Performance gegenüber anderen Anlageformen." oder "Aktien kaufen, zwanzig Jahre schlafen legen und danach reich aufwachen!" – Solche Thesen haben Sie sicher schon einmal gehört oder gelesen. Sie seien hiermit auch nicht in Zweifel gezogen, sondern eher bekräftigt: Ja, Aktien haben langfristig eine nachgewiesen gute Rendite und ein weiter Anlagehorizont verbunden mit einer ruhigen Anlagestrategie bilden nachweislich eine gute Investmentphilosophie. Aber Aktie ist nicht gleich Aktie und es ist keineswegs egal, ob der Anleger nach dem Zufallsprinzip auswählt, persönlichen Neigungen folgt, in aus dem eigenen Umfeld bekannten Unternehmen anlegt – oder eben einer disziplinierten Strategie folgt. Wir plädieren für letzteres!
Anlageerwartung: Die Anlage hat die Verwirklichung überdurchschnittlicher Kursgewinne zum Ziel. Das Anlageergebnis soll längerfristig sowohl deutlich über Kapitalmarkt-Zinsniveau als auch über dem durchschnittlichen Performanceniveau von Aktienmärkten liegen. Dazu wird ein hohes Risiko in Kauf genommen. Sehr hohe Kapitalschwankungen und nicht kalkulierbare Verlustrisiken sind möglich. Der zeitliche Anlagehorizont überschreitet 5 Jahre deutlich.
Anlagestil: Nun ist der Aktienanleger angesprochen. Angesichts der niedrigen Rendite verzinslicher Anlagen verzichtet er auf dieses Segment völlig und setzt stattdessen auf die langfristig nachgewiesene Höherverzinsung von Aktien(märkten). Dieser Anleger verzichtet zugunsten einer besseren Renditechance weitgehend auf Sicherungsmechanismen. Statt dessen werden Instrumente gesucht, die aufgrund ihrer Konstruktion eine Optimierung des Anlageergebnisses insofern erwarten lassen, als mit ihnen versucht wird, erfolgreiche Strategien in einem nach quantitativen Kriterien aufgestellten Regelwerk zu verwirklichen. Zusätzlich kommen hier Zertifikate zum Einsatz, die ein Vielfaches der Performance des Underlyings verbriefen.
Anlageinstrumente:
Strategie-Zertifikate:
Diese Zertifikategattung verwirklicht die Umsetzung disziplinierter Investmentansätze und –ideen. Dabei werden i.d.R. bestimmte Algorithmen formuliert, welche eine Strategie in mathematische Anweisungen gießen. Nach diesen Anweisungen funktioniert dann das Zertifikat, indem während der Laufzeit einzelne Aktien oder Indices gekauft oder verkauft werden. Strategie-Zertifikate sind sozusagen der Spagat zwischen passivem Indexinvestment und aktivem Management. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, die Emissionsbedingungen genau zu studieren. Denn manches Strategie-Zertifikat entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Fonds im Zertifikategewand, hat also mit einer quantitativen Selektionsphilosophie nichts gemein.
Beispiele:
Eine ganz einfache Strategie mit einem einfachen "Algorithmus" ist die Sell in May, go away-Strategie. And later remember: buy back in November. Danach werden im Mai alle enthaltenen Aktien verkauft und im November zurück gekauft. Der Vorteil dies über ein Zertifikat zu tun, liegt auf der Hand: Es fallen nicht zweimal jährlich Transaktionskosten an und etwaige Gewinne müssen nur versteuert werden, wenn das Zertifikat vor Ablauf von 12 Monaten bereits wieder verkauft wird.
Eine andere bekannte Strategie ist die Investition in diejenigen Titel aus einem Index, die die höchste Dividendenrendite aufweisen. Über längere Zeiträume sind diese Titel profitabler als der gesamte Index. In Einzeltiteln realisiert ist diese Strategie jedoch sehr aufwändig: Spätestens alle zwölf Monate muss die Zusammensetzung überprüft und die Titel müssen angepasst werden. Im Extremfall müssen alle Titel verkauft und gegen neue getauscht werden. Enorme Transaktionskosten fallen an, die den Vorteil der Strategie schnell wieder zunichte machen können. Deshalb ist auch zur Umsetzung dieser Strategie ein Zertifikat eine hervorragende Alternative.
Es gibt zigfache weitere Beispiele. Grob unterteilen lassen sich Strategie-Zertifikate in Dividendenstrategien, Value-/Growth-Investing, Style Switching, Momentum- und Timingstrategien.
Vorteile: 1. Aufwändige Strategien werden im Zertifikat kompakt verpackt und sind somit einfach zu handhaben. 2. Im Vergleich zum Direktinvestment fallen nur Bruchteile der Kosten an. 3. Auch Strategien mit systemimmanent häufigem Wechsel der Bestandteile können steuerfrei verwirklicht werden.
Nachteile: 1. I.d.R. wirken die Strategien nicht diversifizierend sondern konzentrierend, d.h. das Risiko gegenüber dem Gesamtmarkt erhöht sich. 2. Auch gelungene Backtests dürfen nicht über die Möglichkeit hinweg täuschen, dass die Strategie in kommenden Marktphasen nicht funktioniert. Backtests können zudem sehr leicht kosmetisch angepasst werden. 3. Eine langfristig erfolgreiche Strategie kann kurzfristig dennoch größere Verluste verursachen. 4. In der Regel gibt es keine Sicherungsmechanismen. 5. Wenig Transparenz ohne genaueste Produktkenntnis
Outperformance-Zertifikate:
Diesen Zertifikaten liegt folgende Mechanik zugrunde: Mit dem Verzicht auf Dividendenzahlungen aus dem Index/der Aktie während der Laufzeit wird der Kauf von Call-Optionen finanziert, die zusätzlich zum Underlying erworben werden. Dabei begünstigen niedrige Volatilitäten den Käufer dieser Papiere gegenüber dem Discount-Zertifikateinvestor. Während letzterer im Rahmen der Discount-Konstruktion Optionen verkauft und volabedingt niedrige Optionsprämien bedauert, bekommt der OP-Investor bei niedrigen Volatilitäten für wenig Geld viel Hebel. Wobei "Hebel" den Faktor darstellt, um den sein Zertifikat sich besser entwickelt als das zugrunde liegende Underlying. Die vorangegangene Erläuterung verdeutlicht einen weiteren Zusammenhang: Da der Hebel aus dem Dividendenverzicht finanziert wird, fällt er umso kräftiger aus, je mehr Dividendentermine in die Laufzeit des Zertifikats fallen. Längere Laufzeiten ermöglichen also grundsätzlich höhere Partizipationsraten. Wer dagegen recht bald das Ergebnis seiner Anlage auch in Händen halten will, wird sich mit einem kleineren Hebel begnügen müssen.
Das Verlustpotential aus OP-Zertifikaten ist (zum Zeitpunkt der Emission) nicht größer als bei der Direktinvestition in die zugrunde liegende Aktie bzw. in den Index. Der Hebel funktioniert also nur in eine Richtung, nämlich vom Basispreis aus nach oben (der Basispreis ist i.d.R. der Kurs des Underlyings am Emissionstag). Bei sich günstig entwickelndem Underlying – mithin sich überproportional entwickelndem OP-Zertifikatepreis – steigt natürlich wiederum das Verlustrisiko, welches mit einem Rückfall auf das Basisniveau verbunden ist, auch überproportional an. OP-Zertifikate sind also geeignet für Anleger, die ohne Netz und doppelten Boden auf einen Anstieg des Basiswertes setzen.
Ein Hinweis zur Namensvielfalt: Die reine Namenskultur – also das Outperformance-Zertifikat – findet sich umringt von Speedern, Sprintern, Phönixen, PEPP-Zertifikaten, Sprint Plus-, Bonus-Outperformance- und Protect-Outperformance-Zertifikaten. Wer sich nun darauf verlassen wollte, wenigstens der gleiche Name verkörpere dann auch immer die gleiche Mechanik, wäre bereits verlassen. Es ist also auch bei dieser Spezies von besonderer Bedeutung, sich genauestens Klarheit über die Emissionsbedingungen zu verschaffen. Outperformance-Zertifikate werden auf alle erdenklichen Underlyings emittiert – auf die bekannten Indices, aber auch auf Einzelaktien und auf Rohstoffe.
Vorteile: 1. Intelligente Möglichkeit, niedrige Volatilitäten zur Chancenvervielfältigung zu nutzen. 2. Bei Eintreten der Markterwartung deutlicher Performancegewinn gegenüber dem Gesamtmarkt 3. Anfangsrisiko (auf Emissionsbasis) nicht höher als bei der Investition in das Underlying
Nachteile: 1. Auszahlungsprofil gilt nur zum Laufzeitende. 2. Während der Laufzeit ist phasenweise ein vom Underlying abweichender Kursverlauf möglich. 3. Keine Open End-Laufzeiten möglich. 4. Bei späterem Kauf kann sich aufgrund bisheriger Performance ein deutlich höheres Risiko als im Underlying ergeben. 5. Volles Aktienrisiko. Keine Rendite in Seitwärtsphasen.
Die hier nicht erläuterten Zertifikateformen wurden bereits in den vorangegangenen Teilen der Zertifikate-Serie erläutert.
Es existieren selbstverständlich die verschiedensten Zertifikatearten zur Deckung jedweden Anlegerbedürfnisses. Auch spekulativste Varianten sind dabei. Ziel dieser Serie ist, den Einsteiger und Basisinvestor mit den Grundlagen vertraut zu machen, die für eine langfristig orientierte, kalkulierbare und überschaubare Strategie wichtig sind. Deshalb haben wir auf die Darstellung von Spezialstrategien oder spekulativen Varianten verzichtet.
Quelle: ntv.de