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Walter Blumtritt Bei Aktien überwiegt das Risiko

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Seit mehr als 13 Monaten steigen die Aktienmärkte scheinbar unaufhaltsam. Während es im März 2009 kaum jemanden gab, der auf Dax und Dow Jones einen Pfifferling gegeben hätte, ist die Schar der Aktienoptimisten inzwischen recht ansehnlich. Wie zur Bestätigung treffen zunehmend ermutigende Nachrichten aus der Realwirtschaft ein, das Ifo-Institut meldet einen Sprung bei den Geschäftserwartungen. Und auch viele Charttechniker geben grünes Licht: Der Aufwärtstrend sei intakt. Ist also alles in bester Ordnung?

Gemach! Ob man von einem Aufwärtstrend sprechen kann, hängt von der Perspektive ab. Wer sich den Dax nicht nur in der jüngsten Zeit, sondern über die vergangenen zehn Jahre hinweg ansieht, erkennt eine Berg- und Talfahrt ohnegleichen. Derzeit notiert das Aktienbarometer an der Bruchlinie der früheren langfristigen Unterstützung seit 1987 – allerdings von unten. Zuvor war es zwei Mal am bisherigen Höchststand von rund 8000 Zählern gescheitert. Aus dem Blickwinkel der langfristigen Charttechnik liegen zwei Schulter-Kopf-Schulter-Formationen hinter uns, die Unheil verheißen können. Spätestens wenn das letzte markante Tief bei 5400 Punkten bricht, dürfte die Talfahrt an Tempo aufnehmen und die Krise sich zurückmelden.

Zu viele Anleger sind optimistisch

Doch die Börse wäre nicht Börse, wenn sich kritische Einstellungen in einem solch positiv gestimmten Marktumfeld gut verkaufen würden. Das Gegenteil ist der Fall: So weisen Sentiment-Indikatoren wie die Put-Call-Ratio darauf hin, dass außergewöhnlich viele spekulativ orientierte Anleger auf steigende Kurse setzen und die Zahl der Bären (Put-Käufer) immer mehr schwindet. Aktuell notiert das Niveau des Optimismus über dem Top während des Allzeithochs des Dow Jones 2007. Eine gefährliche Konstellation, denn nach solchen Extremwerten kommt es nicht selten zu Trendwenden.

Dazu passt eine gewisse Vergesslichkeit der Anlegerschaft: Vor einem Jahr noch in der Panik der Systemkrise schockgefroren, sehen dieselben Anleger nun – 2700 Punkte über dem Tiefstand! – bei Aktieninvestments mehr Chancen als Risiken. So mancher wird sich denken, dass bis zum historischen Top „nur“ 30 Prozent fehlen und man doch vom - tatsächlichen oder vermeintlichen – weiteren Aufwärtstrend profitieren kann.

„Angstpegel“ VDAX wird wieder steigen

Auch das Schwankungsrisiko des Dax (VDAX) stimmt skeptisch. Es notiert weit, weit unten. In der Regel folgen auf solche Schlummerphasen regelrechte Explosionen, in denen die Volatilität in die Höhe schießt. Das kann aus heiterem Himmel passieren: Um die Jahreswende 2008/2009 etwa notierte der „Angstpegel“ der Aktienanleger vier Mal so hoch wie aktuell - und dies, ohne dass es zuvor eine Vorwarnung gegeben hätte! Wenn es wieder passiert, kann man danach (!) wahrscheinlich lesen, dass die Konjunkturerwartungen doch zu hoch angesetzt seien oder dass die Notenbanken begonnen hätten, Liquidität zu entziehen.

Fazit: Anleger sollten sich fragen, ob sie jeden Trend bis zum Letzten auskosten sollten. Angesichts des eher schlechten Chance-Risiko-Verhältnisses könnte es sinnvoll sein, Aktien abzustoßen. Schließlich fallen Dividendentitel in aller Regel schneller, als sie steigen.

Der Autor Walter Blumtritt, Portfoliomanager der KSW Vermögensverwaltung und Experte des Internetportals Vermögensprofis.de.

Quelle: ntv.de

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