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Atomunfall und Moratorium Neue Chancen für Ökoaktien

Die Atomkatastrophe in Japan und das Umdenken der Bundesregierung beeinflussen auch den Aktienmarkt. "Öko-Werte" dürften eine Renaissance erleben. Überraschenderweise werden aber auch die klassischen Energieversorger zum Kauf empfohlen.

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(Foto: picture alliance / dpa)

Die Katastrophe in Japan könnte die Solar- und Windenergiebranche auf einen Schlag zu den großen Gewinnern machen. Gerade noch hatte die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) die Solarunternehmen in ihrem "Schwarzbuch Börse" als größte Kapitalvernichter gebrandmarkt. Ob Conergy, Solarworld, Q-Cells oder Solon – nahezu alle Solaraktien hätten im vergangenen Jahr Geld ihrer Anteilseigner vernichtet, urteilten die Anlegerschützer.

Nun ist die Welt eine andere, so scheint es. Der japanische Atomunfall dürfte zu einer Neueinschätzung der Risiken durch die Atomkraft führen und einen verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien bewirken. Das Atom-Moratorium der deutschen Regierung ist ein erster Schritt: Sieben der ältesten deutschen Kernkraftwerke werden vorerst abgeschaltet. Einige werden wohl nie mehr wieder ans Netz gehen. Auch die Verbraucher reagieren: Die Nachfrage nach Ökostrom ist in Deutschland in den vergangenen Tagen deutlich gestiegen.

Run auf Ökoaktien

Das lässt die Ökounternehmen frohlocken – so rechnet der Solarworld-Chef Frank Asbeck durch den Atomunfall mit einem raschen weltweiten Durchbruch der Solarenergie. "Die Solarindustrie wird zusammen mit den anderen erneuerbaren Energien das auffangen müssen, was in den nächsten Jahren an unsicherer Technologie abgeschaltet wird".

Diese Hoffnung teilen offenbar auch viele Anleger. Die neue Fantasie katapultiert viele Ökoaktien nach oben: Conergy – zuletzt nur noch ein ungeliebter Pennystock - hat seinen Wert seit Wochenbeginn fast verdreifacht. Aktien wie der deutsche Branchenführer Solarworld oder der Windanlagebauer Nordex schossen rund 30 Prozent bzw. 50 Prozent in die Höhe.

Analysten bleiben uneins

Einige Börsen-Experten warnen jedoch vor einem Strohfeuer. Götz Fischbeck von der BHF Bank sieht zumindest kurzfristig keinen Boom bei Ökowerten. Auch DZ-Bank Analyst Sven Kürten bleibt skeptisch und sieht das Festhalten bedeutender Länder wie China und Indien an der Atomenergie als Hemmschuh. Auch die vergleichsweise hohen Preise für Ökoenergie verschlechtern deren Wettbewerbsfähigkeit.

Ohnehin waren die deutschen Solarunternehmen zuletzt schwer angeschlagen: Der Preisverfall für Solarmodule, die billige Konkurrenz aus China und die Kürzung der Solarförderung hatten den Sektor in den vergangenen Monaten schwer belastet.

Doch es gibt auch positive Stimmen: Burkhard Wagner von Partners Vermögensmanagement meint, das das Zukunftspotenzial nun durchaus eine höhere Bewertung rechtfertigt. Es bleibe jedoch eine mit Milliardenbeträgen subventionierte Branche. Wunderdinge sollte man sich hier nicht erwarten, so Wagner weiter.

Auch Ankit Jain von Standard & Poor’s erwartet einen Auftrieb für die Branche, vor allem für die Solarindustrie. Die Regierungen würden durch den öffentlichen Druck zum Umdenken gezwungen, heißt es.

Ökobranche optimistisch

Die Ökobranche zumindest steht bereit - erneuerbare Energien könnten die Atomkraft schnell ersetzen. Bereits 2020 könne der Strombedarf in Deutschland zu über 50 Prozent durch Ökoenergie gedeckt werden, so Carsten König, Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW). 

Damit wäre Atomenergie in Deutschland praktisch nicht mehr nötig: Aktuellen Zahlen der Deutschen Energieagentur zufolge macht die Atomenergie noch rund 23 Prozent der Stromerzeugung aus. Rund 18 Prozent des Stroms werden aus erneuerbaren Energien gewonnen.

Kaum Probleme für klassische Energieversorger

RWE
RWE 35,86
Eon
Eon 15,33

Zu große Sorgen um die klassischen Energieversorger wie RWE oder Eon müssen sich Anleger indes wohl dennoch nicht machen: In die Bewertung der Aktien sei bereits eine ordentliche negative Erwartungen eingepreist, meint Burkhard Wagner. Es ist zwar durch das Abschalten einzelner AKW mit einer Belastung zu rechnen. Allerdings solle man die Kirche im Dorf lassen - eine industrialisierte Nation benötige bezahlbaren Strom.  Auch die UBS reagierte antizyklisch und empfahl beide Energieversorger zum Kauf.

Quelle: ntv.de, sdo

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