Nicht nur auf Lieblinge setzen Substanz schlägt Marke
01.10.2012, 14:46 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Liquiditätsschwemme durch die EZB befeuert die Börsenhausse. Wer jetzt noch Aktien günstig kaufen will, der muss entweder in die zweite Reihe gehen oder Aktienfonds ganz streng nach Kennzahlen und nicht nach ihrer Wertentwicklung in der Vergangenheit auswählen.
Topqualität hat ihren Preis. Das gilt für die Produkte in der Wa(h)renwelt. Das gilt aber ebenso für Anleihen bester Bonität und auch für Aktien. Die teuersten Aktien sind die starken Konsummarken dieser Welt. Man kauft eben, was man kennt: Nestlé, Coca Cola, LVMH, Colgate Palmolive, Beiersdorf, Henkel.

Gottfried Urban, Neue Vermögen
Vorzeigeaktie Nestlé
Mit Investments in diese Konsumaktien und Markenartikler sind eine Reihe von Aktienfonds gut durch die Finanzkrise gekommen - und stehen jetzt deutlich über den Kursen von 2007.
Entsprechend zeigen die Fondsmanger gern dass sie z.B. eine Nestlé im Depot haben. Die Schweizer dürften in keinem breit diversifizierten Portofolio der Welt mehr fehlen.
Die Kehrseite der Medaille: Erfolgreiche Aktien ziehen das Interesse der Masse auf sich. So fließt immer mehr Geld in diese Papiere, bis ihre Bewertung irgendwann schneller steigt als die Ertragskraft der Unternehmen.
Die Gewinnrendite der oben genannten Titel bezogen auf den Kurs liegt derzeit nur noch bei etwa fünf bis sechs Prozent pro Jahr. Die besten europäischen Aktienfonds setzen weiterhin auf diese Werte, verweisen Zweifler auf das große Absatzpotenzial in den Schwellenländern.
Industriewerte holen auf
Mir gefallen zurzeit Fonds besser, die nicht in die Lieblinge der Anleger investieren, sondern in Aktien mit guten Substanzkennzahlen - selbst wenn deren Wertentwicklung in den vergangenen 24 Monaten unterdurchschnittlich war. Hier liegen die Gewinnrenditen bei rund zehn Prozent. In solchen Aktienfonds befinden sich u.a. Energieversorger, Rohstoffaktien, aber auch Telekomaktien und andere Industriewerte, auch aus Italien und Spanien. In den zurückliegenden Wochen haben diese zuvor gemiedenen Aktien schon ein Stück aufgeholt, während Nestlé und Co. die Kursrally nicht mehr mitgemacht haben.
Welche Fonds auf noch günstig bewertete Substanzaktien setzen, sollte ein guter Berater erkennen und auch empfehlen. Leider ist es verführerisch, einfach nur ein Produkt anzubieten, dessen Kurs-Chart gut aussieht.
Konsumklassiker mit einer durchschnittlichen Dividendenrendite um zwei bis drei Prozent kann man weiterhin als krisenresistente Anlagen im Depot belassen. Aber mischen Sie jetzt Value-Fonds bei! Mit diesen Aktienfonds werden Sie in den nächsten Jahren viel Freude haben, auch wenn Schwankungen zu verkraften sind.
Was für die Fortsetzung der Kursbewegung spricht, ist vor allem das Anlagevermögen der institutionellen Anleger. Im Deckungsstock der Versicherer liegen angeblich nur noch drei Prozent Aktien und über 90 Prozent Zinspapiere. Wo soll bitte da noch eine Rendite für den Anleger herkommen? Sie werden also gezwungen sein, in Aktien umzuschichten. Mit ihrem eigenen Geld gehen die Versicherer schon jetzt an den Aktienmarkt.
Der Autor Gottfried Urban ist bankunabhängiger Vermögensverwalter bei Neue Vermögen und einer der Experten des Internetportals Vermögensprofis.de.
Quelle: ntv.de