Inside Wall Street Das Milliarden-Spiel
31.01.2012, 10:11 Uhr
Ein neuer Fernseher ist das Mindeste: Ein Giant-Fan feiert den Einzug ins Finale.
(Foto: REUTERS)
Mit der Begeisterung der Massen fiebert die USA einem gesellschaftlichen Großereignis entgegen: Am kommenden Wochenende ringen die "Giants" mit den "Patriots" um den Super Bowl. Dabei geht es nicht nur um Sport, sondern auch um milliardenschwere Konsumausgaben.

Eine Sportart als Schlüssel zur amerikanischen Seele: Der Super Bowl ist nicht nur ein gesellschaftliches, sondern auch ein mediales und ökonomisches Großereignis.
(Foto: REUTERS)
Football-Fieber… Griechenland, die Euro-Krise, selbst der Wahlkampf bei den Republikanern, alles wird in dieser Woche beiseite geschoben, stattdessen gibt es an der Wall Street nur ein Thema: den Super Bowl am kommenden Sonntag. Die New York Giants, das "home team" der Trader tritt gegen die verhassten New England Patriots an, da tritt das Auf und Ab der Kurse gerne mal in den Hintergrund.
Zumal der Super Bowl für die Wall Street durchaus eine Bedeutung hat, und zwar über den viel zitierten "Super Bowl Index" hinaus. Der stellt bekanntlich eine nicht ganz ernste – aber durchaus statistisch interessante! – Korrelation zwischen Sport und Börse her. Im Super Bowl treffen die Champions der American Football Conference (AFC) und der National Football Conference (NFC) aufeinander. Beide zusammen bilden die National Football League (NFL).
Die Börsenweisheit besagt nun, dass bei einem Sieg des AFC-Teams die Aktien fallen, aufwärts geht es nach einem Sieg der NFC-Recken. Meistens haut das hin. Seit Anbeginn der Football-Geschichte ging die krude Theorie in rund 80 Prozent der Fälle auf. Das ist Zufall, lässt die Wall Street aber in diesem Jahr umso lauter für die Giants trommeln – denn die kommen aus der NFC und spielen für die Bullen.
Patrioten gegen Giganten
Kleiner Wermutstropfen: Ausgerechnet bei den Giants hat der Indikator zuletzt versagt. Das Team aus New York gewann den Super Bowl 2008, doch für die Börse ging es um mehr als 30 Prozent ins Minus.
Wenn es an der Börse 2012 ins Plus geht, ist letztlich egal wem man das zuschreiben möchte. Den Giants oder einer leichten Erholung auf Verbraucherseite. Die scheint es tatsächlich zu geben, und sie lässt sich – wie scheinbar alles – am Super Bowl messen, und zwar in ganz konkreten Zahlen. Der US-Einzelhandlesverband NRF rechnet etwa mit einem Rekordjahr für die Branche.
Zum Endspiel sollen die Amis pro Peron 63,87 Dollar ausgeben – satte 11 Mrd. Dollar insgesamt. Das sind 8 Prozent mehr als im Vorjahr, und die Ausgaben verteilen sichauf alle Branchen: Am meisten fließt wohl in Partysnacks und Getränke, Bier und Soda, aber auch in Sportkleidung, denn eingeschworene Fans sitzen auch vor dem heimischen Fernseher gerne in den Team-Farben.
Apropos heimischer Fernseher: Rund 5 Prozent der Super-Bowl-Fans wollen ein neues Gerät kaufen. Tatsächlich verbucht die Elektronikbranche mit dem alljährlichen Endspiel um die Meisterschaft zuverlässig Rekordumsätze. Vor allem gigantische Flachbildschirme sind gefragt, in diesem Jahr auch zunehmend Fernseher mit 3D-Technologie.
Werbe-Spots locken Zuschauer
Ob in zwei oder drei Dimensionen, etwa 173 Millionen Zuschauer werden den Super Bowl am Sonntag wohl verfolgen – ganze 2 Millionen mehr als im vergangenen Jahr. Fast drei Viertel haben in einer Studie bekannt, dass es ihnen dabei nicht nur um den Sport geht, sondern auch um die Werbung. Für das größte Fernsehereignis des Jahres produzieren Konzerne aus dem In- und Ausland traditionell ebenso kreative wie sündhaft teure Spots. 2011 traten da etwa Eminem, Justin Bieber und Ozzy Osbourne auf. In diesem Jahr ist ein Comeback von Matthew Broderick geplant, der seine Rolle aus dem Achtziger-Kultfim " " wieder aufleben lassen soll.
Die Deutschen spielen mit
Die größten Kunden eines jeden Super Bowl sind Getränkeriesen – Coca-Cola und Pepsi, Budweiser und andere Seicht-Biere – sowie die Autoriesen: GM, Ford und Chrysler ebenso wie die globale Konkurrenz. Volkswagen gewann im vergangenen Jahr die inoffizielle Wahl für den besten Spot. Für die Wolfsburger hat es sich gelohnt, rund 6 Mio. Dollar in eine Sendeminute zu investieren, zuzüglich den Produktionskosten für " .
Das Investment hat sich gelohnt, der Spot ging viral und wurde bislang alleine auf You Tube fast 50 Mio. Mal gesehen. Ein Riesenboost für die Marke, die ein halbes Jahr später die Produktion des Passat im ersten amerikanischen Werk in aufnahm.
Mit der Relevanz und Rentabilität von Werbespots beim Super Bowl hat sich Randle Raggio beschäftigt. Er ist Professor für Marketing an der Universität von Richmond im Bundesstaat Virginia. Auf den ersten Blick sei es schwierig, meint er, die Kosten zu rechtfertigen: "Snickers müsste 6,33 Mio. Riegel verkaufen, um den Spot zu finanzieren. Bridgestone müsste 298,656 Reifen absetzen und Skechers 205,339 paar Schuhe." Doch gehe es um mehr. Beim Super Bowl werden Marken gemacht. Den Finanzdienstleister Etrade und den Domain-Verwalter GoDaddy.com kannte vor wenigen Jahren niemand – zwei Spots beim Football-Finale machten die Namen groß und katapultierten die Unternehmen an die Spitze ihrer Branchen.
Weil Geld für Spots keine Rolle mehr spielt, gehört natürlich der austragende Sender zu den ganz großen Gewinnern des Super Bowl. In diesem Jahr ist das die ehemalige GE-Tochter NBC. Da freut man sich ohnehin auf ein werbereiches Jahr, denn in wenigen Monaten überträgt der Sender die Olympischen Spiele. Sport bringt Quote bringt Geld – vor allem wenn die leichte Erholung beim Verbraucher anhält.
Quelle: ntv.de