Kolumnen

Die Busch-Trommel Dubai ist überall

Die ersten Reaktionen der Finanzmärkte auf die Zahlungsschwierigkeiten des Wüstenstaates Dubai waren von Panik bestimmt und schon deshalb übertrieben.

Kommentiert für die Telebörse direkt vom Parkett: Friedhelm Busch.

Kommentiert für die Telebörse direkt vom Parkett: Friedhelm Busch.

In Zeiten, in denen Finanzinvestoren mit dreistelligen Milliardenkrediten oder sogar mit Billionen auf Pump jonglieren, sollte die Bitte einer staatlichen Baufirma des arabischen Emirates um einen Zahlungsaufschub für 3,5 Mrd. US-Dollar nicht sonderlich schrecken.

Selbst die gesamten Staatsschulden Dubais sind mit 80 Mrd. US-Dollar nicht so gewaltig, dass darüber die gesamte Finanzwelt erneut ins Straucheln geraten könnte. Wir haben uns weltweit längst an schlimmere Zahlen gewöhnt. Logisch also, dass am Freitag die deutschen Aktien bereits einen großen Teil ihrer Kursverluste wieder wettmachen konnten. Dennoch wäre es im höchsten Maße leichtfertig, an der Börse zur gewohnten Tagesordnung überzugehen und mit dem Übermut und der Liquidität der letzten Wochen und Monate die Jagd auf schnelle Gewinne fortzusetzen. In Dubai haben sich nämlich nicht nur ein paar protzige Immobilienprojekte wie eine Fata Morgana in Luft aufgelöst, haben nicht nur einige größenwahnsinnige Investoren Milliarden in den Sand gesetzt, müssen nicht nur einige Banken um die Rückzahlungen ihrer Kredite und Baufirmen um ihre Aufträge bangen. Wenn es nur das wäre, könnte man getrost zur Tagesordnung übergehen. Denn wie gesagt, wir sind Schlimmeres gewohnt.

Mehr als nur ein Unfall

Aber Dubai ist mehr als nur ein Unfall. Diese gänzlich unerwarteten Turbulenzen in der arabischen Welt haben grundsätzliche Zweifel an unserem Börsenoptimismus geweckt, erinnern sie uns doch daran, wie labil unser Finanzsystem in Wirklichkeit noch immer ist und auf welch gichtigen Füßen die Wirtschaft ins kommende Jahr tapert. Getragen von scheinbar unerschöpflichen Notenbankkrediten und staatlichen Konjunkturprogrammen träumen wir uns in den Himmel risikoloser Spekulationsgewinne, unberührt von den Auswirkungen zunehmender Arbeitslosigkeit auf Konsum und staatliche Soziallasten.

Trotz lachhaft niedriger Renditen steigen die Kurse der festverzinslichen Papiere immer weiter, nach der Bonität der Schuldner fragt keiner mehr. Dass die laut gefeierten Unternehmensgewinne überwiegend staatlichen Hilfsprogrammen oder verzweifelten internen Sparmaßnahmen geschuldet sind und die Umsätze weiterhin deutlich unter dem Niveau des Vorjahres liegen, all das spielt keine Rolle. Der Rohölpreis steigt, obwohl die Lager voll sind und die Produktion weltweit auf einem extrem niedrigen Stand herum dümpelt. Der Goldpreis , von jeher hochgejubelt in den Zeiten drohender Inflation, ist bei seinem aktuellen Höhenflug kaum zu bremsen, obwohl für die nächsten 2-3 Jahre angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit und wegen nicht genutzter Produktionskapazitäten Erhöhungen der Verbraucherpreise kaum möglich sein werden.

Liquidität im Überfluss

Es gibt also Überlegungen genug, die die Anleger vor Übermut bewahren sollten. Aber was sind all die fundamental begründeten Sorgen gegen das eine, alles entscheidende Argument: Die weltweite Liquidität im Überfluss? Diese andauernde Überflutung der Finanzmärkte mit zinsgünstigen Notenbankkrediten und staatlichen Hilfsorgien erstickt im Herzen der Spekulanten jede Angst vor einem möglichen Verlustrisiko. Zumal sich an diesem paradiesischen Zustand wohl auf lange Zeit nichts ändern wird, weil offenbar keine Regierung bereit ist, ihren Wahnsinnsritt in die Schuldenkatastrophe abzubrechen, weil die Notenbanken nicht wissen, wann und wie ihre großzügige Geldpolitik beendet werden muss.

Aber stimmen diese Erwartungen? Bleiben die Finanzmärkte bis weit in das nächste Jahr von Katastrophen verschont? Plötzlich hat sich der Zweifel durchs Schlüsselloch ins scheinbar erdbebensichere Spekulantenhaus geschlichen. Ohne die regelmäßige Nachbarschaftshilfe des ölgesegneten Emirates Abu Dhabi sieht mit einem Mal das protzige Investorenparadies Dubai ziemlich arm aus: Ohne Öl, ohne Gas, ohne neue Investoren, ohne Mieter, ohne Glanz und Glamour. Nur ein bisschen Sand , viele leerstehende Häuser und ganz viel Schulden. Es wäre wünschenswert, dass jetzt selbst bei den risikofreudigsten Investoren das große Nachdenken einsetzt. Über das Leben nach der Liquiditätssause. Dubai liegt nicht nur am persischen Golf.

Quelle: ntv.de

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