Kolumnen

Inside Wall Street GM-IPO: Top oder Flop?

Vor rund anderthalben Jahren meldete GM Insolvenz an. Jetzt bringen die US-Behören den einst größten Autokonzern der Welt und Mega-Pleitier wieder zurück an die Börse. Eine Erfolggeschichte? Eher ein heißes Eisen, sagt Lars Halter.

Der Börsengang des US-Autobauers findet weltweit ungeahnte Beachtung.

Der Börsengang des US-Autobauers findet weltweit ungeahnte Beachtung.

(Foto: REUTERS)

Der Börsengang von General Motors diesen Donnerstag ist die Sensation des laufenden IPO-Saison. Vor zwei Jahren hatte kaum einer geglaubt, dass die Automobil-Legende aus Detroit die Krise überleben könnte, und ohne Milliardenspritzen der amerikanischen Regierung hätte sie auch nicht überlebt. Jetzt blickt man in eine Zukunft am freien Markt – doch Investoren dürften in Bezug auf die GM-Aktie vorsichtig sein.

Experten an der Wall Street fallen eine ganze Reihe von Gründen ein, warum man sich vor einem allzu großen Investment in General Motors hüten sollte.

Da wäre zunächst der Name. In Börsenkreisen steht GM längt für "Government Motors", denn der größte Teil des Unternehmens, ganze 61 Prozent, gehört ja der amerikanischen Regierung. Den Tradern auf dem New Yorker Parkett war das von vorneherein ein Dorn im Auge. Die Rettung GM's durch Obama & Co. sieht man als ultimativen Absturz der USA in den Sozialismus, obwohl Washington vor zwei Jahren wirklich keine gute Alternative hatte. Ohne Milliardenhilfen für GM wäre nicht nur der Branchenriese pleite gegangen, sondern auch Chrysler, hunderte von Zulieferern und in letzter Folge vielleicht auch Ford. Millionen von Arbeitsplätzen standen auf dem Spiel – Obama hat sie mit seinem beherzten Eingreifen gerettet.

Politische Gegner freilich werfen Obama vor, Steuergelder an ein Unternehmen verschwendet zu haben, das in einem gesunden Marktumfeld einfach hätte untergehen müssen. Wirklich verschwendet wurde das Geld wohlgemerkt nicht. Denn erste IPO-Daten und realistische Erwartungen an die Zukunft von GM lassen darauf schließen, dass Washington seine Anteile an dem Unternehmen letztlich gewinnbringend abstoßen und sich mit einer stattlichen Rendite von GM trennen wird.

Diese Trennung kommt indes nicht zeitgleich mit dem IPO. Im Rahmen des Börsengangs wird die Regierung lediglich einen Teil ihrer Anteile verkaufen, so dass statt 61 nur noch 43 Prozent des Unternehmens in öffentlicher Hand sein werden. Das heißt natürlich, dass bei bevorstehenden Entscheidungen noch über Jahre hinaus nicht allein der Anleger im Vordergrund stehen wird, sondern auch politischer Druck eine Rolle spielen könnte – darauf wollen sich nur wenige "Wall Streetler" einlassen.

Staat und Gewerkschaft am Steuer

Die Regierung ist nicht der einzige Teilhaber, der GM-Anleger ins Schwitzen bringt. Auch die Automobilgewerkschaft UAW hält einen Anteil von 17,5 Prozent und die Option auf weitere 2,5 Prozent. Der größte Widersacher von GM – der Streit um zu hohe Löhne, Gehälter und Renten hat das Unternehmen erst in Schwierigkeiten gebracht! – ist nun Teilhaber, und wie sich die Kooperation zwischen Management und Gewerkschaft im Vorstand künftig gestalten wird, ist völlig unklar.

Ein weiterer Grund, der gegen ein frühes Investment bei GM sprechen könnte: Die Bilanzen sind wacklig. Das Unternehmen hat selbst zugegeben, dass viele Posten unbekannt seien und die aktuellen finanziellen Kalkulationen voller Löcher und potenzieller Überraschungen seinen. Für Insider ist das nichts Neues. Allein zwischen 2005 und 2009 musste GM fünfmal grobe Schnitzer in der Bilanz eingestehen. Das Zahlenfundament taugt im Moment nicht für eine genaue Einschätzung der Lage.

Zudem sind Zweifel in Bezug auf aktuelle Modelle angebracht. Nachdem man die größten Gewinne jahrelang mit Hummer und anderen Mega-Modellen eingefahren hat, geht der Trend seit neuestem zum grünen Automobil. Da ist GM mit dem Volt zwar vertreten, doch rechnen Experten nicht damit, dass sich auf der Öko-Schiene in den nächsten Jahren Geld verdienen lässt. Gemessen an den Schwierigkeiten des Toyota Prius rechnet man in Detroit damit, dass auch der Volt erst ab der dritten oder vierten Generation profitabel sein wird.

Kleinanleger seien zudem vor den allgemeinen Tücken eines "heißen IPO" gewarnt. Wie so oft ist auch bei GM die Nachfrage nach Aktien höher als das Angebot. Der Kurs wird schon am ersten Handelstag gewaltig in die Höhe schnellen, von einem Ausgabepreis zwischen 26 und 29 US-Dollar aus mindestens 32 US-Dollar, wie Experten schätzen. Das wäre ein Plus von 10 Prozent am ersten Tag, obwohl die zahlreichen Ungereimtheiten um die wiedergeborene Aktie nicht ausgeräumt wären.

Quelle: ntv.de

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