Inside Wall Street USA droht Staatsbankrott
18.05.2011, 06:19 UhrDas Überschreiten der Schuldengrenze bereitet der US-Regierung derzeit großes Kopfzerbrechen. Finanzminister Geithner kann noch bis Anfang August tricksen. Aber bis dahin muss eine Regelung mit den oppositionellen Republikanern gefunden werden.
Aus Politik und Finanzwelt kamen in den letzten Tagen so viele saftige Meldungen - die vermutlichen Sex-Eskapaden von Dominique Strauss-Kahn, die Affäre Schwarzenegger, das frühe Wahlkampf-Aus von Mike Huckabee und Donald Trump -, dass den meisten US-Amerikanern die größte Geschichte entgangen sein dürfte: Am Montag stieß die US-Regierung an ihre festgelegte Schuldendecke, die USA sind damit zahlungsunfähig und haben ein Problem.
Ein Problem allerdings, das nicht alle Entscheidungsträger anerkennen wollen. Wie jede andere Krise in den USA wird auch diese zunächst für politische Spielchen missbraucht. Das dürfte sich bis Anfang August nicht ändern. Denn solange, das hat Finanzminister Timothy Geithner dem Kongress zugesagt, könne man unter Verwendung einiger Tricks noch weiter funktionieren. So hat man etwa die Ausgabe der sogenannten "Slugs" bereits gestoppt, Anlagepapiere für Bundesstaaten und Kommunen. Auch sollen die Zahlungen in Rentenfonds für Beamte zunächst ausgesetzt werden.
Eine weitere Möglichkeit, relativ zeitnah Geld zu beschaffen, wäre ein Verkauf von Staatseigentum, zunächst wohl von Unternehmensanteilen, die die amerikanische Regierung vor zwei Jahren im Rahmen des 700 Milliarden Dollar schweren TARP-Paketes zur Rettung der US-Wirtschaft erworben hat. Geithner lehnt einen solchen Schritt bislang ab, da ein rascher Verkauf von Unternehmensteilen Kurse und Wert der Anlagen belasten und dem Steuerzahler entsprechend Verluste bringen würde.
Schuldengrenze 72 Mal erhöht
Überhaupt hält Geithner nicht viel davon, das Problem zu vertagen. Denn Tatsache ist nach wie vor, dass die US-Regierung ihre Schuldendecke von 14,3 Billionen Dollar erreicht hat und ab sofort keine neuen Kredite aufnehmen darf. Das wird, falls Washington nicht handelt, dazu führen, dass die Regierung ihre Schulden nicht mehr bedienen kann - ein solcher Zahlungsausfall wäre für die USA historisch einmalig und wurde auch in den letzten Jahren immer wieder durch eine simple Abstimmung im Kapitol verhindert. Seit 1962 stimmte die Politik 72 Mal für eine Anhebung der Schuldendecke, zehnmal alleine in den letzten zehn Jahren. Damit ist die Situation durchaus ein regelmäßiges Phänomen, das dennoch zurzeit erstmals die ganz großen Schlagzeilen macht.
Das liegt an der parteipolitischen Inszenierung. Die Republikaner, die an der Verschuldung des Landes nicht unschuldig sind - immerhin hat man unter ihrer Führung die Kriege in Irak und Afghanistan begonnen und nicht finanziert -, pochen auf Zugeständnisse der Demokraten in Bezug auf die künftige Ausgabenpolitik. Fraktionschef John Boehner hat Barack Obama direkt gedroht, seine Partei werde gegen eine Anhebung der Schuldendecke stimmen, wenn die Regierung nicht massive Sparmaßnahmen unterschreibe.
Hunderttausende Jobs in Gefahr
Das wäre grundsätzlich keine schlechte Idee. Denn langfristig müssen die USA ihre Haushaltspolitik ohnehin dramatisch ändern, die gigantischen Ausgaben eindämmen und über Steueranhebungen mehr Einnahmen kreieren. Doch davon will man auf Seiten der Republikaner nichts wissen. Einsparungen fordert man zunächst nur bei Medicare und Medicaid, der Krankenversicherung für Alte und Arme. Andere Einsparungen, die sich viel schmerzfreier durchsetzen ließen, lehnt man strikt ab, darunter etwa Einschnitte im Verteidigungshaushalt.
Auch Steuererhöhungen kommen für die Republikaner nicht in Frage – auch nicht im weitesten Sinne. Harry Reid, Fraktionssprecher der Demokraten im Senat, hat Boehner etwa aufgefordert, in einem allerersten Schritt die Milliarden-Subventionen an die Öl-Konzerne zu stoppen. Davon will die Gegenseite nichts wissen. Die Streichung von Subventionen käme einer Steueranhebung gleich, so Boehner, und derartige Maßnahmen könnten der amerikanischen Wirtschaft nachhaltig schaden.
Das ist umstritten. Völlig klar ist aber, dass eine Staatspleite die USA in gewaltige Schwierigkeiten bringen würde. Experten halten im Falle einer Zahlungsunfähigkeit eine weitere Rezession für möglich, einzelne Studien sehen mehr als 600.000 Arbeitsplätze gefährdet. Das sieht wohlgemerkt nicht jeder so. Die republikanische Gouverneurin von South Carolina, Nikki Haley, hat sich erst am Wochenende strikt dagegen ausgesprochen, die Schuldendecke anzuheben, und die Rechtsaußen der Tea Party, die innerhalb der Republikaner eine immer größere Rolle spielen, stimmen zu.
Quelle: ntv.de