Viele Probleme, keine Lösung Die Waffen der Fed sind stumpf
10.08.2011, 13:41 Uhr
Sorgenvoller Blick bei Ben Bernanke: Wie geht es weiter?
(Foto: REUTERS)
Die Fed macht Ernst - zumindest versucht sie, der Krise an den Finanzmärkten und in der heimischen Wirtschaft "kraftvoll" zu begegnen: Mit einem auf zwei Jahre festgezurrten Niedrigzins, aber ohne neue Anleihenankäufe. Das dürfte nur für ein kurzfristiges Durchatmen sorgen.
Ein politisch zerfahrener Schuldenstreit, drastische Sparpläne beim Haushalt, niedrige Konsumausgaben der Bürger, enttäuschende Arbeitsmarktdaten, ein darnieder liegender Immobilienmarkt, eine historische Bonitäts-Herabstufung und eine anhaltende Wachstumsschwäche: Die Liste der Probleme der USA ist lang. Eins ergibt das andere und alles gemeinsam sorgt für Verstimmung an den weltweiten Finanzmärkten, die Kurse taumeln. Der US-Notenbank Federal Reserve obliegt die Rolle des Retters - wieder einmal, aber sie wird den Karren nicht aus dem Dreck ziehen können, denn ihre Waffen sind stumpf.
Die Fed belässt den Leitzins weiter auf dem Niveau zwischen 0,00 und 0,25 Prozent, um die größte Volkswirtschaft der Welt wieder auf Schwung zu bringen, deren Erholungskurs laut Fed "deutlich schwächer als erwartet" vonstatten geht. Allerdings gibt sie erstmals einen konkreten Zeitraum vor: Der Leitzins soll bis "mindestens Mitte 2013 extrem niedrig bleiben".
Gefasst und ohne Überschwang
Das Problem dabei: Der US-Leitzins ruht bereits seit Dezember 2008 auf diesem historisch niedrigen Niveau. Tiefer geht es nicht mehr. Die Märkte haben erkannt, dass der Leitzins als Steuerunginstrument für das Ankurbeln der US-Wirtschaft ausfällt. Lediglich die Tatsache, dass der Zins weitere zwei Jahre auf diesem Niveau verharrt, ist neu - und sorgt an den Märkten zumindest kurzfristig für Beruhigung: Die Kurse an Aktienmärkten weltweit ziehen an: Der Dow Jones geht im Schlussspurt 4 Prozent fester aus dem Handel. Asien und Europa schließen sich an.
Die Reaktion der Analysten fällt nicht so euphorisch aus, eher kühl und gefasst: "Sie haben quasi in Stein gemeißelt, dass sie auch weiterhin das tun, was sie schon jetzt tun. Damit nehmen sie die Unsicherheit aus dem Markt", sagt Steve Blitz vom New Yorker Investmenthaus ITG. Alberto Bernal von Bulltick Capital Marktes erläutert: "Das erzeugt Sicherheit. Die Zinsen bleiben wo sie sind."
Rinnsal statt Schwemme

Die Fed kann nicht mehr mit voller Macht gegen die vielen Krisen kämpfen. Ihr "Waffenarsenal" hat sich deutlch reduziert.
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Insgeheim haben sie erwartet, dass Fed-Chef Ben Bernanke nach der Sitzung des Offenmarkt-Ausschusses ein erneutes milliardenschweres Anleiheankaufprogramm bekanntgibt. Es wäre bereits das dritte: Die Fed hat in der Finanzkrise bereits Milliarden Dollar gedruckt und versucht, die Wirtschaft so wieder auf Touren zu bringen. So legte Bernanke seit der Pleite von Lehman Brothers zwei milliardenschwere Programme zum Kauf von Anleihen auf - mit dem Ziel, Finanzsystem und Wirtschaft zu helfen. Von Beginn der Krise an pumpte er darüberhinaus mit weiteren Notenbanken Liquidität in die Geldmärkte um die Banken zu entlasten.
Das zweite große Anleiheankaufprogramm, das wie das erste eine weitere geldpolitische Lockerung ("Quantitative Easing") bei ultraniedrigen Leitzinsen bewirken sollte, lief Ende Juni aus. Allein dieses, von Ökonomen "QE2" getaufte, Programm war 600 Mrd. Dollar schwer.
Die Experten sind sich über den Erfolg indes uneins. Fest steht lediglich, dass es immense Kapitalzuflüsse aus den USA in viele Schwellenländer gegeben hat und diese dort für steigende Landeswährungen sorgten. Die Zentralbanken waren zu Zinserhöhungen gezwungen - mit Folgen für die jeweils heimische Wirtschaft. Andererseits sorgt die Dollarschwemme der Fed über den globalen Währungsraum auch dazu, dass etwa "Fluchtwährungen" wie aktuell beispielsweise der Schweizer Franken weiter steigen dürften - entsprechende Gegenreaktionen der Zentralbanken dieser Länder inbegriffen.
"QE" nur auf Sparflamme?
Die Fed kündigte allerdings an, ihre inzwischen mit US-Anleihen aufgeblähte Bilanz konstant zu halten. Das bedeutet, das fällig werdende Anleihen ersetzt werden. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Damit wird es weiterhin Fed-Milliarden geben, aber nicht in den Größenordnungen der bisherigen QE-Programme.
Die Fed - ganz untypisch - "spart". Ihr Geld sitzt nicht mehr so locker. Auch diese Waffe der Notenbank, die geldpolitische, ist - genau wie die zinspolitische - stumpf.
Ein weiteres Problem scheint dabei eher - zumindest vorerst - vernachlässigenswert: Bernanke kann nicht mehr schalten und walten wie bisher: Drei der regionalen Fed-Gouverneure stimmten bei der gestrigen Sitzung gegen die Entscheidung - so stark war die Opposition gegen Bernanke in der Notenbank noch nie in dessen Amtszeit. Dass es drei Gegenstimmen gegeben habe, sei "nahezu beispiellos", kommentiert ein Analyst.
Die Fed als Retter der US-Konjunktur und damit letzten Endes auch der Weltwirtschaft? Nicht mit diesen Maßnahmen. Die US-Notenbank wird nicht umhinkommen, noch einmal das große Geld ("QE3") in die Hand zu nehmen. Genau das erwarten die Marktteilnehmer. Ob ein "QE3" dann allerdings helfen wird, bleibt abzuwarten.
Quelle: ntv.de