Inside Wall Street Al, Oscar und die Wahl-Statistik
26.02.2007, 18:57 Uhrvon Lars Halter
Endlich: Martin Scorsese hat seinen Oscar, eine weitere Statue geht nach Deutschland, doch der heimliche Star der wichtigsten Nacht in Hollywood war Al Gore. Der ehemalige amerikanische Vize-Präsident kassierte nicht nur einen Oscar für seine Dokumentation „An Inconvenient Truth“, sondern ließ sich auch als Inspiration und politische Hoffnung feiern.
Dabei ist es höchst unwahrscheinlich, dass Gore noch einmal in Versuchung kommen wird, sich um die Präsidentschaft zu bewerben. Vor dem Hollywood-Publikum witzelte er gar über solche Aussichten: Ob er denn nicht „eine große, große Ankündigung“ zu machen habe, hatte ihn Leonardo DiCaprio gefragt. Ganz ergriffen ging Gore darauf ein und wandte sich an sein Land: „Obwohl ich das wirklich nicht geplant habe, denke ich, wenn eine Milliarde Menschen zusehen, ist es ein guter Zeitpunkt. Also, meine lieben amerikanischen Mitbürger, ich werde die Gelegenheit nutzen und jetzt formal meine Absicht verkünden“ – der Rest seiner Rede ging unter in der Abgangsmusik, als ihn das Oscar-Orchester ungerührt von der Bühne spielte.
Den Demokraten mangelt es dennoch nicht an Bewerbern für das höchste Amt im Staat. Im Gegenteil: Früh wie nie zuvor kämpfen ganze Heerscharen um Spenden und Stimmen. Eine Satire-Zeitung fürchtete jüngst sogar: „Erstmals mehr Kandidaten als Wähler!“
An der Wall Street stehen die Präsidentschaftswahlen, die erst im November 2008 stattfinden, derzeit noch im Hintergrund. Man achtet aber durchaus auf erste Umfragen und befragt die Geschichtsbücher über Trends, denn wer nachher im Weißen Haus sitzt bewegt Wirtschaft und Märkte natürlich gewaltig.
Die jüngste Umfrage vom Gallup-Institut sieht unter den Demokraten Hillary Clinton als deutliche Spitzenreiterin – doch das heißt nicht, dass die Senatorin und ehemalige First Lady auch die Kandidatur erhalten wird. Im Gegenteil: In sechs der letzten acht Wahlen ist der frühe Spitzenreiter bis zu den partei-internen Vorwahlen sang- und klanglos untergegangen. In den beiden übrigen Jahren nominierte die Partei jeweils ihre Vize-Präsidenten – Walter Mondale im Jahr 1984 und Al Gore im Jahr 2000.
Diese Statistik spricht also gegen Clinton, und damit vielleicht für deren ärgsten Widersacher, Senator Barack Obama aus Illinois. Am sichersten indes dürfte sich zur Zeit Senator John Edwards fühlen, der bei der vergangenen Wahl als Vize mit dem damaligen Kandidaten John Kerry angetreten war. Der Südstaatler könnte einerseits die an sich nicht unumstrittenen Kandidaten Clinton (Frau) und Obama (Schwarzer) komplementieren, oder als erfahrenster der aktuell gemeldeten Kandidaten sogar seinen eigenen Weg gehen.
Bei den Republikaner stellt sich die Situation ganz anders dar: Deren erste Umfragen legen nahe, wer letztlich kandidieren dürfte, denn in sieben der letzten zehn Wahlen waren es jeweils die Kandidaten, die einen frühen Start erwischt hatten.
Das spricht derzeit für Rudy Giuliani, den früheren New Yorker Bürgermeister und Helden des 11. September. Der leidet innerhalb seiner Partei zwar unter den liberalen Aspekten seiner Politik, doch steht er in Umfragen vor Senator John McCain und Mitt Romney, dem ehemaligen Gouverneur von Massachusett. Letzterer gilt wiederum als unwahrscheinlicher Kandidat, weil er als Mormone keine mehrheits-taugliche Religion vertritt.
In Hollywood und an der Wall Street hat das Rennen um die amerikanische Präsidentschaft begonnen. Interessanter als die Wahlen in anderthalb Jahren dürfte für einige Anleger aber sein, was der Stock Traders Almanac für das Jahr vor einer Präsidentschaftswahl prophezeit: Laut der Statistik geht es aufwärts. Im dritten Jahr einer Präsidentschaft haben sich bisher nur zweimal die Bären durchgesetzt, 1931 während der Depression und 1939 zu Beginn des Zweiten Weltkriegs.
Dass die Jahre vor der Wahl seither positiv verlaufen sind, hat einen Grund: Gegen Ende der Amtszeit – und entsprechend vor Wahlen – tun Politiker mehr dafür, die Wirtschaft in Schwung zu halten und damit den Wähler bei Laune.
Quelle: ntv.de