Ängste nach Kim-Tod verflogen Asiens Börsen atmen durch
20.12.2011, 09:50 Uhr
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Sache mit den politischen Börsen: Bereits einen Tag nach dem Tod Kim Jong Ils beruhigt sich die Lage an den asiatischen Aktienmärkten wieder. Kospi und Nikkei legen zu, die Anleger greifen dort wieder verstärkt zu Aktien. In China zeigt sich ein anderes Bild.
Die Börsen in Asien haben am Dienstag ihre Verluste nach dem Tod des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Il teilweise wettgemacht. Vor allem kurzfristig orientierte Anleger kauften wieder Aktien. Von der koreanischen Halbinsel kamen zunächst keine Hinweise auf eine Destabilisierung. Nach dem Einbruch um 3,4 Prozent am Vortag stieg der Kospi um 0,9 Prozent auf 1793 Punkte. Deutlichere Aufschläge seien angesichts der weiterhin ungelösten europäischen Schuldenkrise nicht drin gewesen, hieß es im Handel. Auch bleibe die Lage in Nordkorea nach dem Tod von Diktator Kim Jong Il undurchsichtig.
Insbesondere ausländische Investoren hätten weiterhin Kapital abgezogen - aus Sorge über eine mögliche Instabilität auf der koreanischen Halbinsel. Gesucht waren Telekommunikationswerte, aber auch zyklische Titel aus der Schiffbaubranche.
Die Angst ist verflogen
"Die Entwicklung in der vergangenen Nacht lässt kurzfristige Unruhen wenig wahrscheinlich erscheinen", sagte Makoto Noji von SMBC Nikko Securities. Marktteilnehmer seien am Montag verängstigt gewesen und hätten überreagiert. Allerdings handele es sich hauptsächlich um Rückkäufe. Eine Trendwende sei nicht in Sicht. An den asiatischen Börsen ging weiter die Angst vor einer Ausweitung der Schuldenkrise in Europa um.
Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index schloss 0,5 Prozent im Plus bei 8336 Punkten. Der breiter gefasste Topix-Index gewann 0,3 Prozent auf 718 Punkte. Auch die Börse in Taiwan konnte zulegen. Die Börse in Singapur verlor 0,1 Prozent.
Europa bewegt den Markt
Nachrichten aus Europa sorgten dafür, dass sich die Gewinne in Grenzen hielten. Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, sagte am Montag vor dem Europaparlament, die Banken dürften vor allem im ersten Quartal 2012 Schwierigkeiten bei der Refinanzierung haben. Im halbjährlichen EZB-Finanzstabilitätsbericht hieß es zudem, die Stabilität des Finanzsystems der europäischen Währungsunion sei in Gefahr.
Die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenbruchs von Großbanken sei gestiegen. "Ich bezweifle, dass die Sorgen um die Schuldenkrise im Januar verschwinden", sagte Analyst Hideyuki Ishiguro von Okasan Securities. Investoren würden sich weiter von Aktien fernhalten.
Auch der Euro litt unter den Ankündigungen der EZB. Die Gemeinschaftswährung wurde in Asien bei 1,3014 Dollar gehandelt, etwas unter dem Höchstwert vom Vortag von 1,3044 Dollar.
Bankentitel verlieren
Bei den Einzelwerten standen Mitsubishi Heavy Industries und IHI im Fokus der Anleger, nachdem Japan bekanntgab, 42 Kampflugzeuge von Typ F-35 des US-Herstellers Lockheed Martin kaufen zu wollen. Nach Angaben des japanischen Verteidigungsministeriums sollen die beiden Unternehmen in die Produktion einbezogen werden. Die Aktie von Mitsubishi Heavy Industries legte um 1,9 Prozent zu, das Papier von IHI Corp gewann 2,2 Prozent.
Die Aktien des angeschlagenen Kameraherstellers Olympus erholten sich deutlich. Einem Medienbericht zufolge will das Unternehmen mit Hilfe von Sony and Fujifilm seine Kapitalausstattung stärken. Auch wenn Olympus dementierte, eine Entscheidung getroffen zu haben, gewannen die Papiere des Traditionsunternehmens über 16 Prozent.
Zu den Verlieren gehörten vor allem Bankentitel, die den Vorgaben aus New York folgten und auf die Warnung der EZB reagierten. Der Tokioter Bankenindex gab um 0,6 Prozent nach. Zuvor hatten die US-Börsen ihre Talfahrt fortgesetzt. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notierte zum Handelsschluss mit einem Minus von 0,8 Prozent bei 11.766 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500-Index schloss bei 1205 Punkten, ein Minus von 1,2 Prozent. Der Index der Technologiebörse Nasdaq verlor 1,3 Prozent und ging mit 2523 Punkten aus dem Handel.
Japan denkt an China
Japan erwägt zudem den Kauf chinesischer Staatsanleihen, um seine Devisenreserven zu diversifizieren. Die Regierungschefs beider Staaten müssten auf einem Gipfeltreffen in diesem Monat darüber aber noch detailiert beraten, sagte Finanzminister Jun Azumi. Erst dann könnten konkrete Entscheidungen getroffen werden. Der Kauf chinesischer Staatsanleihen könnte helfen, die wirtschaftlichnen Beziehungen beider Staaten zu stärken, sagte der Minister.
Ungeachtet dessen vertraue Japan nach wie vor in den Dollar, sagte Azumi. Er gehe nicht davon aus, dass der Kauf chinesischer Schuldverschreibungen zu einer größeren Volatilität des Marktes führen würde.
Chinas Börsen ohne Richtung
Schnäppchenkäufe auf der einen und eine angespannte Liquiditätslage auf der anderen Seite ließen Chinas Börsen keine klare Tendenz zu. Der Shanghai Composite gab um 0,1 Prozent nach auf 2216 Punkte, der HSI in Hongkong stieg um 0,1 Prozent auf 18.080 Zähler. Während die eingetrübte Konjunkturlage allgemein als eingepreist angesehen werde, zeigten sich Experten über die kurzfristigen Perspektiven geteilter Meinung.
"Der Aktienmarkt wird angetrieben von Käufen, die bei den Nebenwerten eingesetzt haben, ich glaube aber nicht, dass wir bis zum Beginn des nächsten Jahres eine nennenswerte Erholung sehen werden angesichts der weiter engen Liquidität", kommentierte Analyst Zhang Yongfeng von Sinolink Securities das Geschehen.
Ein anderer Analyst zeigte sich optimistischer. "China ermutigt mehr Fonds zu Investitionen am Kapitalmarkt und einige Akteure unterschätzen möglicherweise das Potenzial dieser Zuflüsse. Ich glaube auch, dass wir in Schanghai den Boden gesehen haben und dass wir wahrscheinlich noch weitere Schnäppchenkäufe bekommen werden", so Shi Weixiang von Guotai Junan Securities.
Finanzwerte im Fokus
"Je mehr Leute pessimistisch werden, desto mehr sind wir vorsichtig optimistisch. Wir glauben, dass die geldpolitische Feinsteuerung die Situation verbessern wird, ebenso die Liquiditätslage", sagte Analyst Li Chen von UBS Securities.
Zu den Tagesverlierern gehörten Aktien von Wertpapierhandelshäusern, die unter Sorgen vor einer schwachen Gewinnentwicklung litten. Soochow Securities verloren 4,9 Prozent, Northeast Securities 2,6 Prozent und Haitong Securities 2,0 Prozent. Schnäppchenkäufe bescherten unterdessen den zuletzt gebeutelten Zementwerten Kursgewinne. Jiangxi Wannianqing Cement schossen um 9,1 Prozent nach oben und Anhui Chaodong Cement um 6,7 Prozent.
Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ