Marktberichte

Inside Wall Street Auto-Aktien: Billig, aber unbeliebt

Ein Blick auf den Kassenzettel zeigt: Alles was ich am Wochenende im Supermarkt eingekauft habe, hat zwischen zwei und drei Dollar gekostet. Ein paar Tomaten, Nachschub für das Gewürzregal, ein kleiner Becher Schokoladen-Eis, eine Tube Zahnpasta teurer waren nur eine Tiefkühl-Pizza und ein After-Shave, beide für etwa sechs Dollar.

Damit liegt mein gesamter Wochenendeinkauf preislich auf dem Niveau von Aktien aus der Automobilbranche. Einen Anteilschein von Ford gibt es zur Zeit für zwei Dollar, für General Motors legt man etwa fünf Dollar auf den Tisch. Beide Unternehmen sind auf Ramsch-Niveau verkommen. Noch ein paar Wochen, dann könnten sie im 99-Cent-Laden gehandelt werden.

Doch Anleger müssen gewarnt sein: Während die jüngsten Kursverluste in allen Branchen manches solide Unternehmen auf Schnäppchen-Niveau gedrückt haben, ist bei den Autoherstellern noch immer Vorsicht geboten. Die beiden einstigen Industrie-Giganten, die Kultur und Konjunktur in den USA über Generationen geprägt haben, dürften sich nicht so bald erholen. Im Gegenteil: Auf dem Parkett geht mancher davon aus, dass sie pleite gehen könnten.

Ganz unwahrscheinlich ist das nicht. Schließlich findet sich nicht einmal zum aktuellen Marktwert ein Käufer, der GM oder Ford übernehmen könnte. Zwar hatte man Renault/Nissan ein paar Tage lang Interesse nachgesagt, und auch Toyota, Honda und andere Asiaten gingen durch die Gerüchteküche. Doch wissen die Konkurrenten: GM und Ford verbrennen zur Zeit rund eine Mrd. Dollar pro Monat, was größtenteils an den gewaltigen Pensions- und Versicherungskosten liegt. Diese Verpflichtungen würde man bei einem Kauf mit übernehmen darauf will sich aber keiner einlassen.

Solange sich aber kein Deal abzeichnet - und auch der wenig verheißungsvolle Merger-Versuch von GM und Chrysler scheint ja nicht unmittelbar bevorzustehen -, versuchen sich die Unternehmen mit allen Mitteln zu retten, beziehungsweise sich von der Regierung retten zu lassen. Nachdem GM und Ford gerade erst 25 Mrd. Dollar an Sonderkrediten zur Entwicklung energieeffizienterer Technologien erhalten haben, wollen sie jetzt am 700 Mrd. Dollar schweren Rettungspaket für die Banken beteiligt werden.

Das dürfte funktionieren, schließlich lassen sich beide über ihre jeweiligen Finanztöchter in den Sektor einordnen. Doch helfen dürfte es nicht. Viel Geld ist in den letzten Jahren in den Automobilsektor geflossen, in dem es doch nur abwärts geht. Und auch weiter abwärts gehen soll, wie die Analysten an der Wall Street glauben: Standard & Poor's hat erst am Montag GM auf „Verkaufen bestätigt.

Denn mit den wichtigen Reformen tun sich die Konzerne schwer. Man hat die Entwicklung sparsamer Kleinwagen verschlafen, und daran ist nicht nur das Management schuld. Eine zweiseitiges Portrait in der New York Times ließ am Wochenende Fließbandarbeiter zu Wort kommen, deren Naivität schockierend ist. In einem SUV-Werk in Wisconsin etwa war man überzeugt, dass der Markt für die Spritschleudern unbegrenzt wachsen würde. „Wir haben geglaubt, die Dinger würden sich ewig verkaufen, jammer etwa ein Arbeiter, der - wie der Rest des Landes - nie auf die Idee gekommen war, dass die Benzinpreise einmal steigen könnten. Oder umweltschonende Fahrweise einmal „in sein könnte.

Die Ignoranz der Automobilbranche war in den letzten Jahren erstaunlich, und mit einer raschen Finanzspritze lässt sie sich nicht kurieren. Für GM und Ford ist die Zukunft weiterhin düster Anleger halten sich von den Billig-Papieren weiterhin fern.

Quelle: ntv.de

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