Dax-Vorschau Börsianer starren nach unten
03.06.2012, 13:00 Uhr
Im Verlauf am Freitag fiel der Dax bis knapp über die Marke von 6000 Punkten.
(Foto: REUTERS)
Am deutschen Aktienmarkt müssen sich Anleger auf eine weitere harte Woche einstellen: Die Probleme in Spanien, Italien und Griechenland dürften die Kurse weiter belasten. Der kalte Wind aus dem US-Arbeitsmarkt weckt schwere Konjunkturzweifel. Hoffnung verbinden Analysten mit einem Treffen der Währungshüter.
Für den Handel mit Anteilsscheinen börsennotierter Unternehmen in Deutschland bleiben die Aussichten in der ersten vollen Juni-Woche eher düster. "Selbst wenn sich der Dax hier und da mal aufbäumen sollte, geht die Tendenz insgesamt doch weiter nach unten", sagt Tobias Basse, Aktienstratege bei der NordLB. "Die Schuldenkrise ist und bleibt der entscheidende Belastungsfaktor."
Neben einem möglichen Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone rückten zuletzt die spanischen Banken in den Fokus, deren Probleme sich verschärfen. In der abgelaufenen Woche hat der Dax 4,6 Prozent auf 6050 Punkte verloren, auf Monatssicht kommt er sogar auf einen Abschlag von über sieben Prozent. Das deutsche Börsenbarometer verbuchte die schlechteste Mai-Bilanz seit seiner Einführung 1988.
Kurz vor dem Wochenende war der deutsche Leitindex zeitweise um bis zu 4 Prozent eingebrochen: Unerwartet schwache Arbeitsmarktdaten aus den USA trieben Investoren reihenweise zu neuen Konjunkureinschätzungen. Am Abend ging der Dax dann .
Nicht wenige Anleger werden sich angesichts dieser Prozentwerte schmerzlich an die alte Börsenweisheit "Sell in May and go away" erinnert fühlen.
Schuldenkrise fordert starke Antwort
Damit sich der Dax im zweiten Halbjahr über der 6000-Punkte-Marke hält, sind nach Einschätzung der Commerzbank Antworten der Politik gefragt. "Denkbar wäre ein Hilfsfonds, der Banken der Peripherieländer rekapitalisiert, ohne dass sich die Staaten an den Rettungsfonds ESM wenden müssen", schreibt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank.
Es sei auch nicht auszuschließen, dass sich die EZB in einer Phase sehr hoher Unsicherheit zu einem weiteren Mehrjahrestender durchringt. Die Frankfurter Währungshüter hatten dem Finanzsystem zwischen Dezember und Februar bereits mehr als eine Billion Euro an Billig-Krediten verabreicht, um damit den angeschlagenen Bankensektor in der Eurozone zu stabilisieren.
Mit großer Spannung wird daher die Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Mittwoch erwartet. Experten erhoffen sich von den Konjunktur-Prognosen der Notenbank-Mitarbeiter auch Hinweise darauf, ob und wann die Währungshüter die Geldpolitik lockern werden. Für Juni selbst erwarten die Experten allerdings noch keine Senkung der Zinsen. Einen Tag nach der EZB später treffen sich die Spitzen der Bank of England (BoE), die voraussichtlich ebenfalls am Zinsniveau festhalten.
Deutsche Wirtschaft nicht immun
Neben den Zentralbanken behalten die Investoren auch die Konjunkturdaten aus Deutschland und den USA im Blick. Sowohl bei den Auftragseingängen der deutschen Industrie (Dienstag) wie auch bei der Industrieproduktion (Mittwoch) rechnen Analysten für April im Schnitt mit einem leichten Minus. Auch die wettbewerbsfähige deutsche Wirtschaft sei nicht immun gegen die Staatsschuldenkrise, erklären Experten.
In den USA gibt der ISM-Index für den Dienstleistungssektor (Dienstag) neue Hinweise auf die Entwicklung der weltgrößten Volkswirtschaft. Er dürfte im Mai deutlich über 50 Punkten liegen und damit zeigen, dass der Dienstleistungssektor eine Stütze der US-Konjunktur bleibe, prognostiziert NordLB-Analyst Basse.
Insgesamt dürften die Aktienumsätze in der neuen Woche dünner ausfallen als üblich. Das liegt nicht nur am katholischen Feiertag "Fronleichnam" (Donnerstag). Auch aus dem Finanz-Zentrum London sind weniger Orders zu erwarten. Die dortigen Börsianer kehren unter anderem wegen der Feiern zum diamantenen Thron-Jubiläum von Queen Elizabeth II. erst am Mittwoch in ihre Büros zurück.
Mit Änderungen in den wichtigsten deutschen Aktienindizes müssen die Investoren wohl nicht rechnen, wenn am Dienstag der Arbeitskreis der Deutschen Börse tagt. Analysten erwarten, dass sich erst zum großen jährlichen Überprüfungstermin im September etwas in den Indizes tut. Dann muss wohl der Handelskonzern Metro um seinen Platz in der ersten Börsenliga bangen.
Die besten Aufstiegschancen in den Dax hat nach Einschätzung der WestLB der Autozulieferer Continental. Für das Dax-Gründungsmitglied wäre es der zweite Wiedereinzug in den Leitindex. Sollte Evonik der in ausreichender Größe gelingen, wäre der Spezialchemiekonzern wohl ebenfalls ein Dax-Kandidat.
Quelle: ntv.de, rts