MLP auf Tauchstation Dax auf Schlingerkurs
13.06.2002, 20:30 UhrDie deutschen Standardwerte zeigten sich am Donnerstag zunächst gut gelaunt - am Nachmittag verdarben jedoch schwache US-Konjunkturdaten den Anlegern gründlich die Kauflaune. Besonders MLP geriet erneut schwer unter Druck. Zeitweise verlor das Papier mehr als 13 Prozent und notierte damit auf dem tiefsten Stand seit rund vier Jahren. Der Dax gab 0,9 Prozent auf 4.470 Zähler nach.
Insgesamt befinde sich der Blue Chip-Index auf einem kritischen Niveau, hieß es von Händlern. Bei vielen Versicherungen, die große Aktienpakete hielten, habe es bereits Krisensitzungen gegeben und bei weiteren Kursverlusten des Dax könne es von dieser Seite zu Verkäufen zur Schadensbegrenzung kommen. Versicherungen legen unter anderem zur Erwirtschaftung der Renditen für Lebensversicherungen einen Teil der Einnahmen in Aktien an.
Auch die neuesten US-Konjunkturdaten konnten die Stimmung nicht heben - ganz im Gegenteil: Die US-Einzelhandelsumsätze sind im Mai um 0,9 Prozent gegenüber dem Vormonat gefallen, Analysten hatten allerdings nur mit einem Rückgang um 0,3 Prozent gerechnet. Die US-Erzeugerpreise sind im Mai im Vergleich zum Vormonat um 0,4 Prozent gefallen. Hier hatten Experten mit einem Anstieg um 0,1 Prozent gerechnet. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in der Woche zum 8. Juni entsprachen mit 390.000 dagegen fast exakt den Analystenprognosen von 391.000. In der Vorwoche hatten sich nur 384.000 Amerikaner erstmalig arbeitslos gemeldet.
Belastend würden sich vor allem die schwachen Einzelhandelsumsätze auswirken, so ein Händler. Der private Konsum habe bislang die US-Wirtschaft angekurbelt, wenn dieser nun zurückgehe, werde das den US-Konjunkturaufschwung wohl weiter hinauszögern. Ein echtes Kaufsignal für eine langfristige Erholung gebe es nicht, so ein anderer Händler. Zudem würden die neuen Vorwürfe gegen MLP auch die Sorgen um Manipulationen bei Unternehmens-Bilanzen wieder verstärken.
Das Anleger-Magazin „Börse Online“ berichtet in seiner Donnerstagausgabe erneut über angebliche Ungereimtheiten in der MLP-Bilanz. Einiges deute darauf hin, dass der Finanzdienstleister in den Jahren 2000 und 2001 deutlich zu hohe Gewinne ausgewiesen haben könnte. MLP wies die Vorwürfe entschieden zurück und sprach von einem "Wust von Unwahrheiten und Tatsachenverdrehungen". Man behalte sich rechtliche Schritte gegen das Magazin vor, so das Unternehmen weiter. Die MLP-Aktie war am Mittwoch im späten Handel deutlich eingebrochen. Am Donnerstag ging es zunächst rund 13 Prozent nach unten, dann konnte die Aktie ihre Verluste auf ein Minus von 2,3 Prozent bei 32,52 Euro eingrenzen.
Schlechte Nachrichten gab es für die Autohersteller: Die Autoverkäufe sind in Europa im Mai deutlich zurückgegangen. Wie die Europäische Vereinigung der Automobilhersteller (ACEA) am Donnerstag meldete ging die Zahl der verkauften Neufahrzeuge im Mai um 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Fast alle großen Hersteller verbuchten Rückgänge, allein BMW konnte seinen Fahrzeugabsatz um 10,9 Prozent steigern. Die Aktie konnte davon allerdings nicht profitieren, sie fiel knapp 6 Prozent auf 42 Euro. Volkswagen verkaufte im Mai 9,6 Prozent weniger Fahrzeuge als noch ein Jahr zuvor, die Aktie gab 2,7 Prozent auf 53,65 Euro nach. DaimlerChrysler verbuchte ein Minus von 3,5 Prozent beim Fahrzeugabsatz, die Aktie reagierte mit einem Minus von 2,7 Prozent auf 48,75 Euro.
Lucent Technologies brachte am Nachmittag die Hightechs ins straucheln. Der US-Netzwerkausrüster sagte, auch im dritten Quartal sei mit weiteren Umsatzrückgängen zur rechnen. Epcos fiel knapp 4 Prozent auf 36,15 Euro, die anderen Aktien konnten sich bis zum Abend hingegen wieder fangen. SAP kletterte 1,3 Prozent auf 108,90 Euro, Siemens machte 1,1 Prozent auf 61,51 Euro gut, Infineon vebesserte sich 1,5 Prozent auf 15,90 Euro.
Zumindest ein Aktionär will seinen Telekom-Aktien treu bleiben: Bundesfinanzminister Hans Eichel schließt auf Grund des derzeitigen Kursniveaus der T-Aktie einen Verkauf der vom Bund gehaltenen Telekom-Aktien bis Ende des kommenden Jahres aus. Dies sagte Eichel in einem Zeitungsinterview. Die Aktie fiel nach positiven Start zurück auf ein Minus von 0,9 Prozent bei 10,21 Euro. Zuvor war es zeitweise bis auf 10,82 Euro in die Gewinnzone gegangen.
Quelle: ntv.de