Marktberichte

Vivendi ließ die Bären los Dax auf der Flucht

Die Bären hatten die deutschen Standardwerte am Dienstag fest in der Hand - Sorgen um ein Übergreifen der „Enronitis“ nach Europa schickten den Dax auf Talfahrt. Der Blue-Chip-Index verlor 3,9 Prozent auf 4.196 Punkte. Die schwache Eröffnung der Wall Street erhöhte am Nachmittag den Abgabedruck.

Es gebe einfach nichts Positives, so ein Händler. Die Bilanz-Skandale um Enron und zuletzt WorldCom würden sich zu einem tiefgreifenden Vertrauensverlust ausweiten. Das werde den Markt weiter schädigen und könne sich durchaus noch ein Jahr hinziehen.

Neue Nahrung erhielten die Sorgen um Bilanztricks am Mittag aus Europa. Einem Zeitungsbericht zufolge hat der französisch-amerikanische Medienkonzern Vivendi Universal 2001 versucht seinen Geschäftsbericht zu manipulieren. Vivendi lehnte eine unmittelbare Stellungnahme zu dem Bericht ab. Dem Artikel zufolge haben die Franzosen durch komplizierte Transaktionen versucht, ihre Bilanz um 1,5 Milliarden Euro zu „verschönern“. Die französischen Behörden seien gegen die Methoden der Franzosen eingeschritten, die daraufhin einen Rückzieher machten, hieß es weiter.

Die Sorgen um Bilanztricks bei den großen Konzernen hatten am Montag bereits für deutliche Verluste an den US-Aktienmärkten gesorgt, die Nasdaq fiel auf ein 5-Jahres-Tief auf Schlusskursbasis. Auch am Dienstag setzte die Technologiebörse ihre Talfahrt fort. Das habe den Druck auf den Dax am Nachmittag noch weiter erhöht, so ein Händler.

Unter Druck standen auf Grund der schwachen Nasdaq vor allem die Technologie-Werte. Siemens fiel 5,1 Prozent auf 57,44 Euro, Epcos gab 5,1 Prozent auf 31,42 Euro nach und SAP lag mit 4,7 Prozent bei 91,11 Euro in der Verlustzone.

Schlechte Nachrichten gab es zudem für Infineon , nachdem mit Morgan Stanley eine weitere Investmentbank ihr Kursziel für den Halbleiter-Hersteller nach unten gesenkt hat. Die Analysten haben nach Angaben von Händlern das Kursziel für die Papiere auf 23 von zuvor 28 Euro gesenkt, ihre Bewertung von „equal-weight“ aber beibehalten. Die Aktie fiel 6,6 Prozent auf 14,47 Euro.

Eine Berg- und Talfahrt erlebte die Deutsche Telekom, die nach schwachem Start zeitweise sogar in die Gewinnzone drehte, zum Schluss aber wieder ein Minus von 6,2 Prozent bei 9,53 Euro verbuchte.

Verluste gab es auch für die Banken- und Versicherungswerte, die von der möglichen Pleite des US-Telekomkonzerns WorldCom belastet wurden. Analysten halten eine Insolvenz des US-Unternehmens nach dem Skandal um falsche Bilanzen für wahrscheinlich. WorldCom hat rund 30 Milliarden Dollar Schulden. Da könne auf die involvierten Banken einiges zukommen, so ein Händler. Die Aktie der Deutschen Bank fiel 5,1 Prozent auf 67,35 Euro, für die Commerzbank ging es 2,4 Prozent auf 14,99 Euro in die Verlustzone, die HypoVereinsbank fiel 4,0 Prozent auf 31,39 Euro. Die Allianz (Dresdner Bank) verlor 6,0 Prozent auf 188,00 Euro.

Dem angeschlagenen Finanzdienstleister MLP droht neues Ungemach. Die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre hat Klage gegen die umstrittene Kapitalerhöhung eingereicht. Die Kritik der Anlegerschützer: die Großaktionäre hätten sich bei Einbringung ihrer Minderheitsanteile an Tochtergesellschaften gegen neue Aktien einen unzulässigen Vorteil verschafft, da diese Anteile massiv überbewertet gewesen seien. Die MLP-Aktie verlor 4,9 Prozent auf 29,80 Euro.

Volkswagen befindet sich nach Meinung eines Experten in einer Absatzkrise und versucht nun mit Sonderaktionen Käufer zu gewinnen. Die Verkaufsförderung dürfte das Jahresergebnis von Volkswagen mit schätzungsweise 300 Millionen Euro belasten, so Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research der Fachhochschule Gelsenkirchen. Die VW-Aktie fiel 3,7 Prozent auf 46,70 Euro.

Abschläge verbuchte auch die Aktie der Lufthansa. Die größte deutsche Fluglinie verliert einem Zeitungsbericht zufolge immer mehr Kunden an die Billig-Airline Ryanair. Dies sei in einer Studie einer Unternehmensberatung festgestellt worden, so der Bericht. Es sehe so aus, als würde Ryanair auch in das Segment der Vielflieger, also des typischen Lufthansa-Kundenstamms, hineinkommen, hieß es weiter. Die Aktie gab 0,4 Prozent auf 14,03 Euro nach.

Belastend dürfte auch die Gewinnwarnung der Reisetochter Thomas Cook gewirkt haben. Bisher war der drittgrößte europäische Reisekonzern noch davon ausgegangen, wenigstens das Ergebnis des Vorjahres wiederholen zu können. Das drückte auch auf den Kurs der anderen Thomas-Cook-Mutter, den Einzelhandelskonzern Karstadt Quelle. Die Aktie verlor 4,2 Prozent auf 24,85 Euro.

Degussa befindet sich im Visier von EU-Wettbewerbkommissar Mario Monti. Die EU-Kommission hat gegen den Spezialchemiekonzern wegen angeblicher Preisabsprachen ein Bußgeld von 118 Millionen Euro verhängt. Die Strafe sei zwar unangenehm, allerdings nicht besonders hoch, so ein Händler. Degussa kündigte an, Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zu erheben. Für die Papiere ging es 0,8 Prozent auf 36,25 Euro nach oben. Händler verwiesen auf den Umstand, dass die Strafe bereits erwartet worden war.

Der frühere Industriekonzern Preussag heißt seit Dienstag auch an der Börse TUI. Der Beschluss zur Namensänderung wurde auf der Hauptversammlung in der vergangenen Woche von den Aktionären bestätigt. TUI will damit seine fortschreitende Ausrichtung als Tourismuskonzern unterstreichen. Die Aktie lag mit 4,3 Prozent bei 23,75 Euro unter dem Vortagesschluss.

Der angeschlagene Anlagenbauer Babcock Borsig musste auch am Mittwoch weiter um seine Existenz bangen. Ein Treffen der Kernbanken beim nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Clement dürfte daran nach Meinung von Experten nicht viel ändern, auch wenn Clement sich im Anschluss für einen Erhalt des Unternehmens aussprach und Babcock Soforthilfen in Höhe von 35 Millionen Euro zusagte. Die Aktie fiel 1,0 Prozent auf 1,00 Euro.

Quelle: ntv.de

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