Kurskapriolen bei VW Dax dreht noch mal auf
28.10.2008, 16:37 UhrDie Volkswagen-Aktie hat die Börsenwelt dieser Tage kräftig durcheinander gewirbelt. Eine erneute Kursexplosion zog den Dax am Dienstag bis zu elf Prozent nach oben. Seit Montag waren VW-Aktien damit in der Spitze um sage und schreibe 377 Prozent oder fast 800 Euro in die Höhe geschossen. Da mit der Kursexplosion wiederum das Gewicht der Aktie im Dax-Index stieg, wurde dieser fast ausschließlich von den VW-Papieren in die Höhe getrieben. VW waren zwischenzeitlich mit rund 28 Prozent in dem Börsenbarometer gewichtet.
Bei Handelsschluss notierte der Dax auf Tageshoch, 11,3 Prozent höher bei 4.661 Punkten. Einen kleinen Dämpfer erhielt das Börsenbarometer am Nachmittag von dem US-Verbrauchervertrauen, das den tiefsten Stand seit der Ersterhebung vor über 40 Jahren markiert hat. Die Daten wiesen auf eine tiefe Rezession hin, so eine Volkswirtin. Nachhaltigen Eindruck hinterließ diese Warnung jedoch nicht.
VW-Stammaktien notierten am Ende knapp 82 Prozent im Plus bei 945 Euro und damit deutlich unter dem Tageshöchststand, der bei 1005 Euro lag. Das wohl nicht ganz ernst gemeinte Kursziel der DZ Bank für VW lautet 911 Euro - wohl in Anspielung auf den Sportwagenklassiker von Porsche. Selbst das Ziel wurde am Dienstag mehrfach überrundet. Bereits am Montag hatte sich der Wert der Aktie zeitweise verdreifacht. Interessant: auch die Vorz üge sprangen am Dienstag mit einem Mal um 20 Prozent an, nachdem der Kurs seit Tagen nachgegeben hat. Zuletzt notierten die Papiere bei 45,35 Euro, 19,7 Prozent höher.
Marktbeobachter halten es nicht für ausgeschlossen, dass auch hier Porsche aktiv ist. Das Erreichen der Mehrheit bei VW über den Umweg der Vorzugspapiere wäre praktikabel und vergleichsweise günstig. Früheren Spekulationen zufolge verfügen die Familien Porsche und Pich bereits über mehr als zehn Prozent der Vorzugsaktien. Porsche selbst wird sich wohl bereits VW-Vorzugsaktien gesichert haben, um für den Falle der Zusammenlegung von Vorzügen und Stämmen nach der Machtübernahmen die Beteiligungshöhe nicht zu verwässern.
Ein wilder Ritt
Hintergrund der Kursrally (bei den Stammaktien) war offenbar ein hoher Eindeckungsbedarf bei Shortplayern. Diese Investoren müssen sich mit Papieren zu jedem Preis eindecken, um sie pünktlich liefern zu können. Volkswagen gehört durch den Run auf die Papiere mittlerweile zu den Top Ten der weltweit teuersten Firmen. Zeitweise war VW an der Börse mehr Wert als der teuerste Konzern der Welt, der US-Mineralöl-Riese ExxonMobil, der zuletzt 334 Mrd. Dollar kostete. Der Aufstieg in den Club der Top Ten ist bisher nur der Deutschen Telekom gelungen - kurz vor Ende des Börsenbooms zur Jahrtausendwende.
Händlern zufolge waren jetzt auch andere Investoren gezwungen, VW-Aktien zu kaufen - zum Beispiel alle Fonds, die ihre Performance am Dax messen. Andere Aktien im Dax würden nun ohne Rücksicht auf Verluste verkauft, nur um Aktien von Volkswagen finanzieren zu können, hieß es.
Marktbeobachter fragten sich, ob der Dax noch repräsentativ ist. Überlegungen, die VW-Aktie aus dem deutschen Leitindex zu nehmen, gibt es aber nicht. "Solange fünf Prozent der Aktien im Streubesitz sind, gibt es dazu keine Veranlassung", sagte ein Sprecher der Deutschen Börse. Einige Händler bezeichneten das Verhalten der Deutschen Börse jedoch als unverantwortlich. Der internationale Aktienindex-Anbieter Stoxx prüft derweil Konsequenzen aus den Kapriolen der Volkswagen-Aktie für seine Börsenbarometer.
SAP programmiert auf Rezession um
Angesichts der Entwicklung bei VW trat das übrige Marktgeschehen an diesem Börsentag wieder einmal weit in den Hintergrund. SAP fielen nach der Bilanzvorlage um 4,6 Prozent. Der Softwarehersteller nahm aufgrund des unsicheren wirtschaftlichen Umfeldes seine Prognose für die operative Marge zurück. Allerdings konnte SAP im dritten Quartal trotz der Warnungen über die Auswirkungen der Finanzkrise seine Software- und softwarebezogenen Serviceerlöse steigern. Goldman Sachs sah die Zahlen "etwas besser als zuvoran gekündigt". Die Commerzbank senkte indes ihr Kursziel von 33 auf 28 Euro beim Votum "Add".
Bei den Finanzwerten dominierten weiterhin die Verluste. Die Investoren verlangten offenbar stärkere Rekapitalisierungsbemühungen, hieß es im Handel. So verloren Deutsche Bank 13,3 Prozent und Commerzbank 13,3 Prozent. Dagegen erholten sich BASF um 3,4 Prozent und reagierten damit auf die Stabilisierung des Ölpreises.
Continental gaben nach einem Pressebericht 14,8 Prozent nach. Der Familienkonzern Schaeffler sucht Co-Investoren für sein Aktienpaket am Autozulieferer, um Schulden abzubauen. "Schaeffler fahndet nach Partnern, die einen Teil der 90 Prozent an Conti abnehmen, berichtet die "FTD" unter Berufung auf Bankenkreise. Händler äußerten sich zurückhaltend. "Im Moment ist es eher unwahrscheinlich, dass ein Investor auch nur annähernd 75 Euro für Conti-Anteile bezahlen wird", kommentierte ein Börsianer.
Symrise: Gewinnziele verflüchtigen sich
In der zweiten Reihe gaben Symrise nach der Zahlenvorlage 9,6 Prozent nach. Der Duft- und Geschmacksstoff-Hersteller bestätigte seine Umsatzprognose für 2008, senkte aber gleichzeitig wegen höherer Kosten seine Ertragsprognose. Die Neunmonatszahlen fielen einem Händler zufolge unerwartet schwach aus. Sowohl der Umsatz als auch das operative und Nachsteuerergebnis hätten die Erwartungen verfehlt. Auch die Ebita-Erwartungen für das Gesamtjahr seien zurückgeschraubt worden. "Die Symrise-Aktionäre können nur auf ein freundliches Marktumfeld hoffen, ansonsten droht ein weiterer deutlicher Kursrutsch", hieß es.
HeidelbergCement sprangen dagegen um 10,7 Prozent an. Die Titel profitierten nach Aussage von Händlern davon, dass das Unternehmen am Vortag eine Anleihe günstig ablösen konnte. Zudem hat Großaktionär Merkle seinen Anteil auf über 80 Prozent aufgestockt. "Gut möglich, dass Merkle HeidelCement komplett übernehmen will" mutmaßt ein Händler.
Banken bremsen Suzlon
Im TecDax notierten Repower Systems 1,0 Prozent höher. Der vom indischen Suzlon-Konzern dominierte Windkraftanlagen-Bauer steigerte im ersten Geschäftshalbjahr 2008/2009 (31.März) Umsatz und Ergebnis kräftig und bestätigte den Ausblick. "Die Zahlen sehen ganz ordentlich aus, aber die operative Marge liegt immer noch ein gutes Stück unter dem Ausblick für 2008/09", kommentierte ein Händler die Bilanzvorlage. Dennoch ist der Kurs im späten Parketthandel um mehr als 13 Prozent gestiegen. Am Vortag war die Aktie noch um fast ein Drittel eingebrochen, nachdem bekanntgeworden war, dass es zwischen den Hamburgern und Suzlon vorerst nicht zu einem Beherrschungsvertrag kommen wird.
Quelle: ntv.de