Nur schlechte Nachrichten Dax geht unter
17.02.2009, 17:58 UhrDie Angst vor einer anhaltenden Welle von Gewinneinbrüchen hat die Talfahrt am deutschen Aktienmarkt forciert. Auch die schwache Bilanz von Daimler trübte die Stimmung. Dazu kam die Sorge vor einem Absturz der osteuropäischen Volkswirtschaften, außerdem weitete der Markt seine Verluste nach einem schwachen Start der US-Börsen aus. Die Wall-Street wurde von den Sorgen um eine Verschärfung der Rezession belastet.
Der Dax gab 3,4 Prozent auf 4216,6 Punkte ab, während der TecDax 1,9 Prozent auf 482,42 Zähler verlor. Auch für den MDax ging es abwärts, der Index büßte 4,2 Prozent auf 5008,1 Punkte ein.
Osteueropa als Problem
"Osteuropa scheint die nächste Sorge des Marktes zu sein", sagte ein Börsianer. Die Ratingagentur Moody's hatte erklärt, der wirtschaftliche Abschwung in Osteuropa sei vermutlich schwerer als anderswo. Auf der Rentabilität osteuropäischer Banken lasten Moody's zufolge steigende Kreditkosten und der jüngste Rutsch der regionalen Währungen. Dadurch könne die Kapitalbasis der Institute erodieren, hieß es. Börsianern zufolge könnte dies auf die westeuropäische Mutterkonzerne durchschlagen. "
"Die Nachrichten zu Osteuropa sind bedeutsam, insbesondere für Länder wie Österreich und Deutschland und für bestimmte Banken. Der Fokus liegt heute auf den Banken, aber dies gilt auch für den verarbeitenden Sektor", sagte Aktienstratege Gerhard Schwarz von Unicredit. "Jede weitere Verschärfung der Probleme in Osteuropa würde weitere Kapazitätskürzungen nötig machen." Angesichts der düsteren Wolken über den Banken in Ländern wie Polen, Ungarn und Tschechien gerieten europaweit die Finanzwerte unter Druck. Der Index für die europäische Bankenbranche fiel um 4,7 Prozent.
Die Stimmung bleibt angespannt. "Die Verunsicherung über die Konjunkturaussichten sitzt tief", sagte ein Börsianer. "Keiner weiß, ob und wann die Konjunkturpakete greifen." Für einen Tiefschlag sorgten US-Konjunkturdaten: Die Industrietätigkeit im US-Bundesstaat New York hat sich im Februar überraschend stark verlangsamt. Der Index für das Verarbeitende Gewerbe fiel auf minus 34,65 Punkte und damit viel stärker als von Analysten erwartet. Die Daten der New Yorker Fed gelten als zuverlässiger und frühzeitiger Indikator für die landesweite Entwicklung der Industrie zu Beginn eines Monats.
Die Börse ignorierte zuvor die verbesserte Stimmung der Finanzmarktprofis in Deutschland: Das vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in einer Umfrage unter Börsianern ermittelte Konjunkturbarometer kletterte im Februar überraschend stark auf minus 5,8 Punkte von minus 31 Zählern im Vormonat. "Der Anstieg ist eine Konsequenz aus der aktuellen Schwäche", meint Analyst Dirk Schumacher von Goldman Sachs. "Je schlechter die Lage ist, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass es mittel- bis langfristig wieder besser wird. Der ZEW war in der Vergangenheit aber nicht immer der beste Gradmesser für eine Trendwende."
Daimler im Minus
Daimler-Aktien verringerten trotz überraschend schlechter Zahlen für 2008 ihre Verluste. Einige Analysten senken den Daumen: "Alles in allem sind die Botschaften negativ", meint Autoanalyst Jürgen Pieper von Bankhaus Metzler. "Die Zahlen sind sehr schwach, man kann zwar geltend machen, dass Sonderbelastungen eine Rolle gespielt haben, aber Mercedes ist einer der Schwachpunkte mit einem Verlust im vierten Quartal." Zudem habe der Konzern keinen Ausblick geliefert.
Die Analysten der DZ Bank bekräftigten ihr Anlageurteil für Daimler mit "Sell" und einem fairen Wert von 20 Euro. "Die Zahlen für 2008 liegen eindeutig unter Konsens und unseren, pessimistischeren Schätzungen", heißt es zur Begründung. Daimler-Aktien waren nach Bekanntgabe der Zahlen zunächst um bis zu 7,4 Prozent eingebrochen, machten einen Teil ihres Verlustes aber wieder wett und notierten 3,7 Prozent im Minus.
"In der Summe sind die Zahlen deutlich schlechter als erwartet", betont Analyst Marc-Rene Tonn von MM Warburg. "Das ist aber im wesentlichen auf ein deutlich schwächeres Quartalsergebnis bei Chrysler zurückzuführen und deshalb entschuldbar."
Banken geben ab
Der Bank-Sektor entwickelte sich erneut schwach, Finanztitel standen den sechsten Tag in Folge unter Verkaufsdruck. Deutsche Bank verbilligten sich um 5,8 Prozent, während Commerzbank 5,6 Prozent einbüßten. Postbank gaben 3,7 Prozent ab. "Seit den Nachrichten zu HBOS sind Bankwerte europaweit massiv unter Druck", sagte ein Händler. Jeder fürchte weitere Hiobsbotschaften. Die britische Großbank Lloyds TSB hatte am Freitag für die kürzlich übernommene Hypothekenbank HBOS einen unerwartet hohen Verlust ausgewiesen und damit den Markt negativ überrascht.
Gerresheimer gefragt
Eher negativ waren die Nachrichten für Beiersdorf, die 0,7 Prozent nachgaben. Zeitweise hatte die Aktie sogar ein Drei-Jahres-Tief erreicht. Mit L'Oreal hat am Vorabend ein wichtiger Wettbewerber des Unternehmens Zahlen für 2008 vorgelegt. "Ganz schlecht und weit schlimmer als die bereits sehr niedrigen Erwartungen", kommentieren die Analysten von Bernstein. Auch Henkel litten unter den Zahlen, die Papiere gaben 2,6 Prozent ab.
Im MDAX wurden Symrise von dem schwachen Ergebnis des schweizerischen Wettbewerbers Givaudan für das vergangene Jahr belastet und verloren 3,1 Prozent. Stärker unter Druck standen MLP, die sich um 8,2 Prozent verbilligen. Die Zahlen für das vierte Quartal seien schwach ausgefallen, so ein Händler. "Die Finanzkrise hat nun offensichtlich auch bei MLP zugeschlagen und das Geschäft stark gebremst." Premiere setzten die Talfahrt des Vortages fort und verbilligten sich um mehr als zehn Prozent.
Dagegen ging es für Gerresheimer nach besser als erwartet ausgefallenen Quartalszahlen um 2,1 Prozent nach oben.
Quelle: ntv.de