Marktberichte

Größtes Tagesplus seit 15 Monaten Dax gewinnt 209 Punkte

Die Obstbaumblüte hat begonnen: Der Aktienmarkt lockt emsige Anleger an.

Die Obstbaumblüte hat begonnen: Der Aktienmarkt lockt emsige Anleger an.

(Foto: picture alliance / dpa)

Kurz vor Ostern schwellen am deutschen Aktienmarkt die Knospen: Der deutsche Leitindex rückt in einer furiosen Aufholjagd fast drei Prozent vor. Die starken Quartalsergebnisse von Intel beflügeln die Aktien von Chipherstellern, Chemiekonzernen und Autobauern. Die Schuldensorgen sind beinahe komplett vergessen.

Der Dax knapp 90 Minuten vor der Schlussglocke: Ein steiler Anstieg über 200 Punkte.

Der Dax knapp 90 Minuten vor der Schlussglocke: Ein steiler Anstieg über 200 Punkte.

(Foto: REUTERS)

Angetrieben von US-Unternehmenszahlen hat der deutsche Leitindex am Mittwoch das größte Tagesplus seit knapp einem Jahr eingefahren und die Verluste vom Wochenbeginn mehr als wettgemacht. Der Dax ging nach einem nahezu ungebremsten Aufstieg über insgesamt 209 Punkte 2,98 Prozent fester auf einem Niveau von 7249,19 Zählern aus dem Handel. Er schloss damit so hoch wie seit Ende Februar nicht mehr. Einen größeren Tagesgewinn hatte er zuletzt im Mai 2010 verbucht. Für den MDax ging es am Mittwoch um 2,06 Prozent auf 10.450,12 Punkte nach oben. Der TecDax stieg um 2,15 Prozent auf 917,19 Punkte.

In den USA hatte der weltgrößte Chiphersteller Intel den Umsatz im ersten Quartal auf den Rekordwert von 12,8 Mrd. Dollar hochgeschraubt. "Davon wurde der Markt extrem angetrieben", sagte Aktienhändler Christian Falkner von Alpha Wertpapierhandel. Nachdem die Ratingagentur Standard & Poor's am Montag den Bonitätsausblick für die USA gesenkt hatte, seien offenbar einige Anleger auf dem "falschen Fuß erwischt worden".

DAX
DAX 23.703,65

"Einige dachten, dass es noch weiter nach unten geht und wurden jetzt von der Marktentwicklung förmlich überrollt." Auch Händler Christof Rümmelein von Silvia Quandt Research sprach von einer Gegenbewegung nach den jüngsten Verlusten. Zusätzlich sorgte eine zufriedenstellend verlaufene Anleihenaktion am Nachmittag für eine Beruhigung beim Thema europäische Schuldenkrise.

MDAX
MDAX 30.146,41

Spanien muss für neue Anleihen zwar höhere Zinsen zahlen, stieß aber mit seinem Refinanzierungsbegehren auf rege Nachfrage: Die Durchschnittsrendite bei einem Papier mit Laufzeit von zehn Jahren stieg auf 5,472 Prozent, Mitte März waren es noch 5,162 Prozent, wie das spanische Finanzministerium mitteilte. Für 13 Jahre muss Spanien sogar 5,667 Prozent zahlen. Bei beiden Emissionen war die Nachfrage mehr als doppelt so hoch wie das Angebot. Insgesamt nahm die Regierung in Madrid 3,4 Mrd. Euro am Markt auf. An den europäischen Aktienmärkten zogen daraufhin die Kurse an.

TecDax
TecDax 3.567,30

"Gut gelaufen", kommentierte UniCredit-Kreditanalyst Markus Ernst die Auktion. Mit "Bid-to-Cover-Ratios" von 2,10 nach 1,81 und 2,27 nach 1,84 habe die Nachfrage bei beiden Papieren gestimmt. Die gestiegenen Zinsen seien zwar der vorangegangenen Diskussion um einen Schuldenschnitt für Griechenland geschuldet gewesen. Dennoch habe die Versteigerung gezeigt, dass Spanien in der Einschätzung der Anleger als von Griechenland, Irland und Portugal abgekoppelt betrachtet werde. Die Kreditausfallversicherungen für spanische Staatsanleihen zeigen sich dessen ungeachtet kaum verändert.

Im Dax hielten sich die Aktien des deutschen Chipherstellers Infineon über weite Strecken an der Indexspitze. Am Abend notierten die Titel 4,3 Prozent im Plus bei 7,44 Euro. Im Sog der starken Intel-Zahlen zogen die Titel des Chip-Entwicklers Dialog Semiconductor im TecDax um 9,1 Prozent auf 14,84 Euro an. Die Papiere des Elektronikhauslieferanten für Aldi, Medion, legten im SDax um 9,7 Prozent zu. Der US-Branchenführer Intel hatte mit seinen Ergebnissen aus dem ersten Quartak die Bedenken im Tech-Sektor weggewischt, das Geschäft könnte unter dem abflauenden Wachstum auf dem PC-Markt leiden.

Autowerte schlugen sich ebenfalls überdurchschnittlich. Die Automesse in Schanghai sorge für Fantasie, sagten Börsianer. Dax- Spitzenwert waren die Vorzugsaktien von Volkswagen, die sich um 4,78 Prozent auf 118,40 Euro verteuerten. Der Autobauer will US-amerikanische Kunden einem Medienbericht zufolge mit Niedrigpreisen für verschiedene Modelle locken, um Marktanteile zu erobern. Daimler gewannen 4,1 Prozent.

Der Dax am Dienstag: Am Abend sprachen Beobachter von unguten Vorzeichen.

Der Dax am Dienstag: Am Abend sprachen Beobachter von unguten Vorzeichen.

(Foto: REUTERS)

Nach zwischenzeitlichen Verlusten schlossen die Papiere von Munich Re mit einem Aufschlag von 1,59 Prozent auf 115,20 Euro. Damit zählten sie allerdings zu den schwächsten Dax-Titeln. Die Katastrophen in Japan, Australien und Neuseeland hatten den weltgrößten Rückversicherer zu Jahresbeginn tief in die roten Zahlen gerissen. Für das Gesamtjahr rechnet der Vorstand dennoch weiterhin mit einem Gewinn. Börsianer sagten, dass dies alles keine Überraschung sei und sich die Kursreaktion daher in Grenzen halte.

Außerhalb des Tech-Sektors griffen Anleger auch bei Stahlaktien zu: ThyssenKrupp gewannen nach positiven Analystenkommentaren 4,0 Prozent, Salzgitter legten im MDax 1,8 Prozent zu. Die Markterwartungen rückläufiger Margen im zweiten Halbjahr halte er für zu pessimistisch, da die Nachfrage in den USA und Europa voraussichtlich weiter anziehen werde, schrieb Nomura-Analyst Jeff Largey in einem Kommentar. JP Morgan-Analyst Alessandro Abate hob seine Gewinnprognose für ThyssenKrupp an und begründete diesen Schritt unter anderem mit den verbesserten Aussichten für das Amerika-Geschäft.

Im Schlepptau guter Zahlen von Reckitt Benckiser verbesserten sich Aktien von Henkel um 3,8 Prozent auf 45,41 Euro. "Mit den Zahlen der Briten stieg das Interesse der Anleger an den Henkel-Papieren", sagte ein Händler. Der Konkurrent hatte trotz steigender Rohstoffkosten seinen Gewinn im ersten Quartal unerwartet deutlich ausgeweitet. Die Reckitt-Aktien kletterten in London um 5,5 Prozent auf 33,52 Pfund. Von der wiedererwachten Konjunkturzuversicht getrieben gingen BASF 4,7 Prozent fester aus dem Handel.Bayer legten 4,3 Prozent zu.

Gegen den Trend verbilligten sich die Aktien von Prosiebensat1 um 0,86 Prozent auf 18,54 Euro. Börsianer zeigten sich enttäuscht darüber, dass die Beteiligungen in Nordeuropa nun doch Teil des Unternehmens blieben. Größter Verlierer im TecDax waren dagegen Adva, die sich um 15,6 Prozent verbilligten. Von Januar bis März ist nach Angaben des Unternehmens ein Nettoverlust von 2,3 Mio. Euro angefallen. "Ein Verlust in der Höhe ist schon eine ordentliche Enttäuschung", sagte ein Händler. Der Netzwerkausrüster selbst sprach nach einem schwachen Jahresauftakt von einer deutlich anwachsenden Nachfrage. "Der Auftragseingang ist seit sechs Wochen sehr stark", betonte Adva-Chef Brian Protiva. Wenn der Trend so weitergehe, stehe Adva im zweiten Quartal sehr gut da. Als Grund für die roten Zahlen zum Jahresauftaktquartal nannte Protiva Währungsschwankungen und eine Nachfragedelle. Zwei der drei größten Kunden hätten weniger bestellt, hieß es.

Was passiert in Lissabon und Athen?

Beobachter wiesen allerdings daraufhin, dass viele Investoren wegen der bevorstehenden Osterfeiertage nicht im Markt aktiv seien. In der verkürzten Handelswoche sei der Aufstieg bei schmalen Umsätzen wenig aussagekräftig, hieß es. Trotz aller Euphorie am Markt rechneten Skeptiker mit einem baldigen Dämpfer. In Griechenland ließen am Nachmittag neu aufflammende Gerüchte über eine möglicherweise bald anstehende Umschuldung Griechenlands die Athener Börse stark ins Minus abrutschen. Der Leitindex ATG fiel bis kurz vor Schluss um 2,6 Prozent auf 1399,69 Punkte. Vor allem die Bankenwerte waren massiv unter Druck, so dass der Sektor-Index um 4,6 Prozent einbrach. "Es gibt intensive Gerückte am Markt, dass die Umstrukturierung bald ansteht", erklärte ein Händler. Auch andere berichteten von entsprechenden Spekulationen.

Der Eurostoxx50 legte um 2,23 Prozent auf 2921,43 Punkte zu. Die Leitindizes in Paris und London gewannen ebenfalls, der Dow Jones in New York verbuchte zum europäischen Handelsschluss klare Gewinne.

Am Rentenmarkt stieg die durchschnittliche Rendite der börsennotierten Bundeswertpapiere auf 3,10 (Dienstag: 3,07) Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,16 Prozent auf 121,45 Punkte. Der Bund Future verlor 0,21 Prozent auf 121,91 Punkte.

Der Kurs des Euro stieg deutlich. Die EZB setzte den Referenzkurs auf 1,4515 (1,4302) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,6889 (0,6992) Euro.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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